Bern (awp) - Bundesrat Albert Rösti ist bereit zu einem "runden Tisch" mit der Telekombranche in der Auseinandersetzung um die Notstromversorgung. "Ich möchte Ihre Anregungen eines 'Runden Tisches' gerne entgegennehmen", sagte Rösti am Dienstag zu Branchenvertretern.

"Wir können nicht verzichten auf die Sicherstellung der Notrufe in einer Strommangellage. Dazu müssen wir unsere Telekominfrastruktur ausrüsten. Aber wie wir das machen, wie hoch der Grad ist, möchte ich gemeinsam mit allen Betroffenen an einem 'Runden Tisch' diskutieren", so der Kommunikationsminister in seiner Eröffnungsrede am Swiss Telecommunication Summit des Telekomverbandes Asut.

Er werde einen solchen Prozess anstossen. "Und ich bin sicher, dass wir gemeinsam eine Lösung finden, die verhältnismässig ist in Bezug auf die Kosten, aber nützlich für die Aufrechterhaltung der Dienstleistungen in einer Strommangellage", sagte Rösti.

Verpflichtung zur Installation von Dieselgeneratoren

Der Bundesrat will, dass die Schweizer Mobilfunknetze auch nach einem grossen Stromausfall funktionieren. Deshalb will der Bund die Telekomfirmen an ihren total über 9000 Antennenstandorten für den Notfall zur Installation von Batterien und Dieselgeneratoren verpflichten. Dazu soll die Verordnung über die Fernmeldedienste (FDV) geändert werden.

Somit sollen Swisscom, Sunrise und Salt bei Störungen der Stromversorgung bestimmte Fernmeldedienste bis zu 72 Stunden ununterbrochen oder bei zyklischen Unterbrüchen 14 Tage lang aufrechterhalten müssen. Zum Vergleich: Heute laufen gewisse Mobilfunkstandorte gerade einmal bis zu einer Stunde ohne Strom weiter. Der Bund rechnet dabei mit jährlichen Kosten für die Telekomanbieter von total 145 Millionen Franken.

Der Bund argumentiert, dass bei einem Ausfall des Mobilfunknetzes im Einzelfall ein enormer Schaden von geschätzt über 16 Milliarden Franken entstehen könnte: Notrufe könnten ausfallen, Tote und Verletzte sowie Sicherheitsprobleme wären die Folge, und manche Firmen könnten nicht mehr richtig arbeiten.

Telekombranche sagt unisono nein

In der Vernehmlassung fiel die Vorlage bei der Branche komplett durch. Die Vorschläge "sind in der Praxis nicht umsetzbar", erklärte der Telekomverband Asut. Der Aufbau einer eigenen Stromversorgung durch die Telekombranche sei nicht möglich. Die Asut bemängelte, dass für die vorgeschlagenen Massnahmen teils die rechtlichen Grundlagen fehlten. Der Verband schlug daher einen "runden Tisch" vor, um mit allen Beteiligten die Härtung kritischer Infrastrukturen anzugehen.

Auf diesen Vorschlag geht der SVP-Bundesrat nun ein. Dort sollen die Ansprüche und Umsetzungsmöglichkeiten der beteiligten Kreise besser in Übereinstimmung gebracht und kreative und möglichst technologieoffene Lösungen erarbeitet werden, sagte Rösti am Dienstag.

Abschaltung von Onlineplattformen

Bei einem anderen Punkt hat sich die Regierung mit der Telekombranche gefunden: Bei einer Strommangellage will der Bundesrat die Übertragung grosser Datenmengen im Mobilfunknetz erschweren und gewisse Webseiten sperren. Einen entsprechenden Verordnungsentwurf hat er im Februar in die Vernehmlassung geschickt.

Betroffen wären viel genutzte Plattformen für soziale Medien, Videos und Musik. Dies mit dem Ziel, den Datenverkehr zu reduzieren. Um welche Plattformen es sich handelt, konkretisiert der Bundesrat nicht. Die Festlegung der zu sperrenden Plattformen wird erst im Krisenfall festgelegt.

Danach würden stufenweise Mobilfunk-Frequenzbänder abgeschaltet. Als letzte Massnahme würden zehn Prozent der Makro-Antennenstandorte ausser Betrieb genommen.

"Kurzfristig können wir Strom sparen, indem wir den Verkehr in den Mobilfunknetzen reduzieren und dafür die leitungsgebundenen Netze im Betrieb aufrechterhalten. Ich danke der Telekombranche für die Erarbeitung ihres Branchenvorschlages", sagte Rösti am Dienstag.

Mindestens 1 Gbit/s für 97 Prozent der Bevölkerung

Mit seiner Gigabitstrategie will der Bundesrat das Ziel erreichen, "dass letztlich 97 Prozent der Bevölkerung mit mindestens 1 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) über Glasfaser ausgerüstet wird", sagte Rösti. Der Bund werde den Ausbau in Gegenden unterstützen, wo sich ein Ausbau wirtschaftlich nicht lohne. Dies dürfte 750 Millionen kosten.

Die restlichen 3 Prozent Bevölkerungsabdeckung würden noch einmal so viele Kosten verursachen. Hier könne man mit Funktechnologien ein ähnliches Angebot liefern. Rösti betonte, dass der Bund den Markt nicht ersetzen, sondern die Lücken füllen wolle.

Bei der geplanten Regulierung der künstlichen Intelligenz (KI) versprach Rösti Zurückhaltung, weil man die Chancen nutzen wolle: "So wenig Regulierung wie möglich, aber so viel wie nötig."

jb/uh