Die Aktie von Siemens Energy rutschte am Mittwoch zeitweise fast sieben Prozent ins Minus, nachdem das Unternehmen seine Gesamtjahresziele auf den Prüfstand gestellt hatte. Grund hierfür seien insbesondere die Probleme bei der Tochter Siemens Gamesa. Diese fuhr nach vorläufigen Zahlen im zweiten Quartal einen operativen Verlust von 304 Millionen Euro ein. Anfang März hatte das bisherige Vorstandsmitglied von Siemens Energy, Jochen Eickholt, das Ruder bei der Tochter übernommen. Er löste Andreas Nauen ab, der erst im Juni 2020 den Posten übernommen hatte.

Bislang rechnete Siemens Energy für 2022 mit einer Marge auf das bereinigte Ergebnis (EBITA) vor Sondereffekten in einer Bandbreite von zwei bis vier Prozent. Der Umsatz sollte sich in einer Spanne von minus zwei bis plus drei Prozent entwickeln. Auch wegen des Ukraine-Krieges und der Sanktionen gegen Russland seien die Rahmenbedingungen der Geschäftstätigkeit herausfordernder geworden. "Auf Grund der dynamischen Entwicklung der Sanktionen kann der Vorstand zum gegenwärtigen Zeitpunkt die potenziellen Auswirkungen für den Rest des Geschäftsjahres noch nicht vollständig abschätzen und kann weitere negative Effekte auf Umsatz und Profitabilität nicht ausschließen."

Der Auftragseingang von Siemens Energy fiel im zweiten Quartal um 27,5 Prozent auf 7,9 Milliarden Euro. Unter dem Strich fiel ein bereinigter Verlust (angepasstes EBITA vor Sondereffekten) von 21 Millionen Euro an nach einem Gewinn von 288 Millionen Euro im Vorjahr. Den kompletten Bericht zum zweiten Quartal will der Konzern am 11. Mai vorlegen.

NEUER GAMESA-CHEF NIMMT KONZERN UNTER DIE LUPE

Siemens Energy hält 67 Prozent an Siemens Gamesa. Damit kann Siemens Energy nur begrenzt durchgreifen. Insidern zufolge hat der Mutterkonzern Möglichkeiten durchgespielt, die Firma komplett zu übernehmen.

Der neue Gamesa-Chef Eickholt soll die Tochter auf Vordermann bringen. In den ersten sechs Wochen seiner Amtszeit habe er jeden Stein umgedreht, um sich ein Bild von der Lage zu machen, erklärte Eickholt. Das Management arbeite an einem Plan, um die Wende zu schaffen. Siemens Gamesa machen nach eigenen Angaben hohe Energie-, Rohstoff- und Transportkosten, die Verfügbarkeit wichtiger Turbinenkomponenten, die Überlastung der Häfen und verzögerte Investitionsentscheidungen der Kunden zu schaffen. Hinzu kommen hausgemachte Probleme bei der Einführung einer neuen Generation von Onshore-Windturbinen. Diese seien größer als bislang angenommen, sagte Eickholt am Mittwoch. Details nannte er nicht. Der Konzern wolle bei seinen Kunden Preiserhöhungen durchsetzen in einer Größenordnung eines hohen einstelligen Prozentbereichs und vielleicht noch darüber.

Etwas Luft will sich Gamesa mit dem Verkauf von Anlagen im Wert von 580 Millionen Euro an den Konkurrenten SSE Renewables verschaffen. Dabei handele es sich m eine Pipeline von Onshore-Windprojekten mit einer Gesamtkapazität von 3,9 Gigawatt in verschiedenen Entwicklungsstadien in Spanien, Frankreich, Italien und Griechenland. Ein Abschluss des Geschäfts werde im Fiskaljahr 2022 erwartet.

(Bericht von Christoph Steitz, Isla Binnie, Ralf Bode, Tom Käckenhoff, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)