Der französische Atomstromkonzern EDF kehrt am Donnerstag mit dem Rückzug von der Pariser Börse in den Besitz des Staates zurück, nachdem er im vergangenen Jahr einen Rekordverlust erlitten hat und die Atomstromproduktion auf ein 34-Jahres-Tief gefallen ist.

Die Regierung hatte Ende 2022 eine Übernahme des 16%igen Anteils an EDF eingeleitet, den sie noch nicht besaß. Sie investierte rund 10 Milliarden Euro (10,9 Milliarden Dollar), um die volle Kontrolle über den verschuldeten Betreiber der größten Kernkraftwerksflotte Europas zu übernehmen.

Die Übernahme ist Teil von Präsident Emmanuel Macrons erneuter Wette auf die Atomenergie, die den Bau von mindestens sechs neuen Reaktoren in den kommenden Jahren vorsieht.

Hier eine Momentaufnahme der Geschichte des Unternehmens:

* 1946: EDF entsteht aus der Verstaatlichung von Dutzenden von Energieversorgungsunternehmen im Rahmen der Bemühungen um den Wiederaufbau der schwer angeschlagenen französischen Nachkriegswirtschaft. Das Unternehmen hat ein Monopol.

* 1963: Frankreichs erstes Atomkraftwerk wird in Betrieb genommen.

* 1973: Als Reaktion auf den weltweiten Ölschock beschließt Frankreich, massiv in den Atomsektor zu investieren.

* 2005: Frankreich nimmt mehr als 6 Milliarden Euro ein, als es EDF zu einem Preis von 32 Euro pro Aktie teilprivatisiert und damit zu einem der größten Energieunternehmen Europas nach Marktkapitalisierung macht. Das Unternehmen bleibt zu 84% in Staatsbesitz.

* 2007: Die Aktien erreichen ihren Höchststand bei mehr als dem Doppelten ihres Börsenkurses.

* 2020-2021: Der Plan "Project Hercules" zur Überholung von EDF wird ins Leben gerufen, um eine Reihe von Problemen anzugehen, darunter die steigende Verschuldung und die Probleme mit alternden Reaktoren, aber er wird durch Gespräche mit den Gewerkschaften und der Europäischen Kommission blockiert.

* Dezember 2021: EDF nimmt vier Reaktoren aufgrund von Korrosionsproblemen vom Netz. Die Zahl der abgeschalteten Reaktoren nimmt in den folgenden Monaten zu.

* Januar 2022: Die Regierung fordert die EDF auf, mehr von ihrem billigen Atomstrom an kleinere Wettbewerber zu verkaufen, um den Anstieg der Strompreise in Frankreich zu begrenzen.

* Mai 2022: EDF gibt eine Gewinnwarnung wegen Reaktorausfällen heraus, da 12 seiner 56 französischen Reaktoren vom Netz sind und auf Spannungskorrosion untersucht werden.

* Juli 2022: Etwa die Hälfte der französischen EDF-Kernreaktoren ist jetzt vom Netz. Die Aktien handeln um 8-9 Euro. Die Regierung erklärt, dass sie das Unternehmen wieder vollständig in Staatseigentum überführen wird und beginnt mit der Suche nach einem neuen CEO.

* 19. Juli 2022: Die französische Regierung bietet an, 9,7 Milliarden Euro (9,85 Milliarden Dollar) oder 12 Euro pro Aktie zu zahlen, um die volle Kontrolle über den Konzern zu übernehmen.

* September 2022: Präsident Emmanuel Macron schlägt Luc Remont, einen Spitzenmanager von Schneider Electric, als neuen Vorsitzenden und CEO von EDF vor.

* Februar 2023: Remont schwört, EDF wieder auf Kurs zu bringen, nachdem das Unternehmen 2022 einen Rekord-Nettoverlust von 18 Milliarden Euro erlitten hat und die Nettoverschuldung auf 64,5 Milliarden Euro gestiegen ist.

* Mai 2023: Ein französisches Berufungsgericht weist eine Klage von Minderheitsaktionären gegen die Bedingungen der staatlichen Übernahme ab und macht damit den Weg für die vollständige Verstaatlichung des Unternehmens frei.

* 8. Juni 2023: EDF wird nach fast 18 Jahren an der Pariser Börse offiziell vom Markt genommen. ($1 = 0,9872 Euro) (Redaktion: Silvia Aloisi; Bearbeitung: Emelia Sithole-Matarise)