LONDON (awp international) - Der zuletzt stark unter Druck geratene Chef des weltgrössten Werbekonzerns WPP , Martin Sorrell, ist zurückgetreten. Der 73-jährige lege sein Amt mit sofortiger Wirkung nieder, teilte das Unternehmen am Wochenende in London mit. WPP hatte Anfang April firmeninterne Ermittlungen wegen eines möglichen Fehlverhaltens eingeleitet. Sorrell wies die Vorwürfe zurück. Die zuletzt ohnehin stark gebeutelte Aktie verlor am Montag in London zu Handelsbeginn 4,6 Prozent.

WPP teilte mit, die Untersuchungen seien inzwischen abgeschlossen. Es habe sich nicht um grössere Summen gehandelt, hiess es ohne weitere Details. Nach Informationen des "Wall Street Journal" von Anfang April ging es um Missbrauch von Firmenvermögen. Sorrell erklärte nun, dass er mit seinem Rücktritt den Druck vom Unternehmen nehmen wollte. Der Manager erklärte, er sei traurig, nach 33 Jahren aufzuhören - doch sein Rücktritt sei das beste für die Firma. Bis ein Nachfolger Sorrells gefunden ist, soll Verwaltungsratspräsident Roberto Quarta die Geschäfte übernehmen.

Sorrell hatte WPP, zu der auch die deutsche Agentur Scholz & Friends gehört, vom Einkaufswagen-Hersteller zum weltgrössten Werbekonzern gemacht. Zuletzt hatte das Unternehmen jedoch mit erheblichen Problemen zu kämpfen gehabt. So drückt der Sparzwang auf die Werbebudgets der Kunden. Diese kommen häufig aus der Konsumgüterindustrie, welche besonders mit der nach wie vor schwachen Inflationsentwicklung zu kämpfen hat.

Hinzu kommen Tech-Innovationen, die die Werbebranche umkrempeln. So erwächst den Werbeagenturen durch Facebook und Google zunehmende Konkurrenz. Im vergangenen Jahr musste WPP daher dreimal seine Wachstumsprognosen revidieren. Und auch für 2018 bleiben die Aussichten trübe. Die Budgets der Kunden dürften auch in diesem Jahr eng bemessen bleiben, hatte WPP bei Veröffentlichung der Jahresbilanz Anfang März einräumen müssen.

Die skeptischen Aussagen über den Markt hatten dabei zuletzt auch immer wieder andere Aktien der Branche oder stark vom Werbegeschäft abhängigen Unternehmen wie zum Beispiel die TV-Sender ProSiebenSat.1 oder RTL belastet. Der WPP-Kurs selbst hatte in den vergangenen Monaten ebenfalls stark gelitten. Seit Anfang 2017, als der Kurs mit 19,28 britische Pfund das Rekordhoch erreicht hatte, ging es um fast 40 Prozent nach unten./zb/nas/mne/jha/