Das Jahr 2022 hatte es in sich - mehrere Krisenszenarien überlagerten sich und machten es Anlegerinnen und Anlegern schwer, Ruhe zu bewahren. Kurz vor Beginn des neuen Jahres wollen wir heute im Videointerview von Schmidts Tagebuch zusammen mit Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank, noch einmal zurückschauen: Was waren die wichtigsten Themen in 2022 - sowohl in der Welt als auch im Tagebuch -, müssen wir uns an den Dauerkrisenzustand gewöhnen, was bedeutet das alles für die Kundendepots und unser Geschäftsergebnis, und was erwarten wir vom neuen Jahr?

Das Interview können Sie hier anschauen.

Und hier können Sie es nachlesen:

Janine Pentzold (Unternehmenskommunikation): Herzlich willkommen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, zu "Best of Schmidts Tagebuch". Gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden der Quirin Privatbank und dem Gründer von quirion, Karl Matthäus Schmidt, wollen wir heute gemeinsam auf das Jahr 2022 zurückschauen. Karl, schön, dass du da bist.

Karl Matthäus Schmidt (Vorstandsvorsitzender): Ich freue mich auch.

JP: Ich habe einige Fragen vorbereitet. Karl, wir wollen heute mal gemeinsam schauen, wie das Jahr so verlaufen ist, wie die Märkte sich entwickelt haben, welche Themen für Anleger wichtig waren, welche Themen von "Schmidts Tagebuch" besonders gut angekommen sind bei unseren Leserinnen und Lesern. Und wir wollen natürlich auch schon mal auf das neue Jahr blicken. Lass uns loslegen, würde ich sagen.

KMS: Gerne.

JP: Karl, gefühlt sagen wir das ja jedes Mal, aber 2022 war doch ein sehr herausforderndes Jahr. Oder wie würdest du das bewerten?

KMS: Ja, es ist wahr, herausfordernd. Ich würde fast sagen, es war ein anstrengendes Jahr, sowohl auf menschlicher Ebene als auch emotional. Und natürlich auch auf wirtschaftlicher Ebene. Wir sind ja ganz gut gestartet in das Jahr. Man hatte das Gefühl: Corona ist jetzt in diesem Jahr 2022 wirklich zu Ende. Und dann kam der Februar, dann kam der Krieg, und das hat noch mal, wie ich finde, alles verändert. Es ist immerhin seit 1945 der erste Krieg, wo eine Atommacht in Europa eine der Kriegsparteien ist. Und das ist, finde ich, schon ein einschneidendes historisches Ereignis, ganz zu schweigen von dem menschlichen Leid und davon, dass in Europa hunderttausend Soldaten, überwiegend russische, sterben. Das konnte ich mir wirklich überhaupt nicht vorstellen.

JP: Du hast das gerade schon angesprochen: Neben den humanitären Folgen hat dieser Krieg auch weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen. Es gibt plötzlich eine Verknappung und Verteuerung von Energie, die steigenden Erzeugerpreise, die sprunghaft gestiegene Inflation. Parallel macht der Klimawandel natürlich auch keine Pause. Deutschland droht eine Rezession. Müssen wir uns jetzt an solche multiplen Krisenszenarien gewöhnen?

KMS: Also, erst mal möchte ich vorwegschicken: Es gab früher auch schon Krisen und bestimmt auch manche Krise, die noch viel einschneidender war. Denk nur mal an die Kubakrise, da standen wir kurz vor dem dritten Weltkrieg. Von der Seite her gab es das früher auch. Ich muss aber zugeben, jetzt kommt schon einiges zusammen. Du hast es ja erwähnt: Krieg, Inflation, Zinscrash, Lieferkettenproblematik und teure Rohstoffpreise - das sind schon Sachen, die wir so nicht erwartet haben. Aber ich möchte meine Zuversicht trotz alledem nicht verlieren für das Jahr 2023. Vielleicht reguliert sich auch wieder ein Stück weit die Inflation und wandert nach unten, weil die Rohstoffpreise nicht mehr so stark steigen. Und vielleicht kommt doch das eine oder andere anders, als wir uns denken. Vielleicht ist der Krieg auch einfach viel zu teuer und wird dann eines Tages beendet. Das Thema Klima, das du erwähnt hast, ist, glaube ich, ein Dauerthema. Wir können ja nicht leugnen, wir haben jedes Jahr steigende Temperaturen, und die Antwort der Weltgemeinschaft ist aus meiner Sicht bislang ungenügend. Wir können nur hoffen, dass auch dort eine Einsicht einkehren wird. Was wir tun, ist, dass wir entschieden haben, jetzt auch klimaneutral zu werden als Bank, und sozusagen hier einen Ausgleich vornehmen. Und die Kunden haben auch entschieden, jeder fünfte Kunde investiert mittlerweile in die Vermögensverwaltung Verantwortung. Das ist, denke ich, schon auch ein starkes Zeichen.

JP: Die Märkte waren entsprechend volatil in diesem Jahr. Allein der DAX schwankte zwischen 12.000 und 16.000 Punkten. Wie hat sich das denn in den Depots der Kunden niedergeschlagen und wie haben wir reagiert?

KMS: Also, das war wirklich eine Achterbahnfahrt. Du hast es ja gesagt: 16.300, dann auf einmal 12.000, und dann kam ein Anstieg, mit dem kaum einer gerechnet hat, auf über 14.000, wo wir heute liegen. Und daran sieht man auch, dass Prognosen kurzfristig wirklich extrem schwierig sind. Aber ich finde, die Märkte sind erstaunlich stabil. Wenn ich mir überlege, dass wir Krieg, Inflation, Lieferkettenproblematik und und und haben und wir trotz alledem nur 11 Prozent beim DAX im Minus sind, dann merkt man schon, dass die Märkte sehr robust sind. Ja, zu deiner Frage, wie es in den Kundendepots aussieht: Unsere "Vermögensverwaltung 100 Prozent Aktion" hat eben nicht diese 11, sondern 7,5 Prozent minus. Und da sieht man, dass Diversifikation und Internationalisierung schon eine Menge ausmachen. Das Besondere an dem Jahr 2022 war, dass wir wirklich einen Anleihencrash hatten durch die gestiegenen Zinsen. Und das hat dazu geführt, dass in den Kundendepots, die auch Rentenanteile haben, sozusagen diese dämpfende Wirkung des Rentenanteils nicht stattgefunden hat. Das heißt, zum Beispiel eine Strategie mit 50 Prozent Aktien und 50 Prozent Renten ist nahezu ähnlich im Verlust wie eine 100-Prozent-Aktienstrategie, und das ist schon wirklich eine große Besonderheit. Tatsächlich kommt das nicht so häufig vor. Du hast ja nach den Kunden gefragt: Die Kunden sind ruhig geblieben, das ist die gute Nachricht. Sie haben also auch den Aufschwung wieder mitgemacht von den 12.000 auf die über 14.000, und da zahlt sich schon aus, dass unsere Kunden uns seit Jahren begleiten und ruhig sind und am Ende investiert geblieben sind. Denn in den Krisen, wenn es besonders laut kracht, ist es ja oft so, dass dann eine schnelle Erholung einsetzt.

JP: Und was, Karl, bedeutet dieses schwache Anlegerjahr aus Banksicht? Stichwort Geschäftsergebnis.

KMS: Also, wir hatten ja 2021 wirklich ein tolles Ergebnis. Ein Rekordergebnis, so gut waren wir noch nie unterwegs. Und natürlich spüren wir auch das Jahr 2022 und die Krisen. Was aber erfreulich ist: Wir haben über beide Marken, also in der Gruppe über 500 Millionen, neue Vermögenswerte von unseren Kunden gewonnen. Das heißt, wir konnten weiter gut wachsen, wenn auch nicht so schnell wie im Jahr 2021. Und sehr erfreulich ist, dass unsere Gewinn- und Verlustrechnung sehr stabil ist, sehr robust, und da zeigt sich eben doch, dass wir schon eine gewisse Größe erreicht haben und damit auch ein positives und stabiles und ordentliches Ergebnis 2022 produzieren werden.

JP: Karl, kommen wir von den allgemeinen Themen zu "Schmidts Tagebuch". Das schickst du alle zwei Wochen an Kundinnen und Kunden und an unsere Interessentinnen und Interessenten. Dabei beleuchtest du allgemeine Anlagethemen aus deinem persönlichen Blickwinkel. Wie ist denn dein Fazit nach zweieinhalb Jahren "Schmidts Tagebuch"?

KMS: Wir haben ja damals die Chance von Corona ergriffen, sozusagen unsere Kommunikation noch einmal zu überarbeiten. Die Kommunikation ist jetzt viel persönlicher geworden. Es schreibe eben ich, aber auch Professor May. Mir macht das persönlich einen Riesenspaß. Es ist ja ein ganzes Team dahinter. Wir diskutieren die Themen und wir finden immer wieder auch neue Blickwinkel auf Themen, die man vielleicht so nicht in den Medien liest. Und das zu diskutieren im Team macht mir wirklich große Freude. Wir haben auch Erfolg. Jeder zweite Kunde öffnet ganz regelmäßig das "Tagebuch" und liest es auch. Und ich bekomme eine Menge Feedback, also da wird oft auf Antwort gedrückt und dann nicht nur mit Daumen hoch oder runter, sondern auch mit qualifizierten Beiträgen unser "Tagebuch" kommentiert. Das ist wirklich toll, und ich gebe mir dann schon Mühe, das alles zu beantworten. An der Stelle auch ein herzliches Dankeschön an die Kunden.

JP: Ja, dann macht das natürlich gleich doppelt so viel Spaß, kann ich mir vorstellen. Karl, welches Thema kam denn in diesem Jahr besonders gut an bei deinen Leserinnen und Lesern?

KMS: Sehr erfreulich ist, dass die Öffnungsquoten sehr stabil sind, es gibt also gar nicht so große Unterschiede zwischen den einzelnen Tagebüchern. Was besonders gut ankam, weil es einen hohen Informationswert hatte, war unser Ukraine-Spezial, wo wir die wichtigsten Fragen rund um den Krieg zusammengefasst haben. Und dann gab es noch "Vorsicht, wenn Sie vorsichtig sein sollen" und "Das Märchen vom Retter in der Not", das waren diejenigen, die besonders gut gelaufen sind.

JP: Und welches Thema ist dir persönlich besonders in Erinnerung geblieben? Welches Thema hat dich bewegt?

KMS: Als wir das Ukraine-Spezial gemacht haben, hat mich das bewegt, weil das auch für uns eine ganz neue Situation war. Was mir sonst großen Spaß macht, ist, wenn wir über den Tellerrand hinausgucken und vielleicht so ein bisschen philosophische Texte machen. Wir haben zum Beispiel dieses "Angsthasenland" mal produziert, wo wir diskutierten, dass die Medien immer Angst produzieren. Und dann gab es da noch so ein paar andere, die mir gut gefallen haben, die eben über das Normale hinausgingen.

JP: Neben dem Tagebuch gibst du jeden Freitag noch deinen Podcast "klug anlegen" heraus, auch das seit zweieinhalb Jahren. Wie ist denn da die Resonanz der Hörerinnen und Hörer?

KMS: Also, erst mal macht mir das wahnsinnig Spaß, komplexe Themen mit dem Team zusammen aufzubereiten und das hörfähig zu machen. Das ist auch für alle eine Menge Arbeit, aber das spornt uns an, weil wir auch weiter wachsen und mehr Hörer dazugewonnen haben und mittlerweile auch schon ein paar Erfolge haben. Wir sind in den Rankings sehr stark nach oben gekommen. Und bei Spotify gehört dieser Podcast zu den fünf Prozent, die am meisten geteilt werden weltweit, das finde ich richtig schön. Aber am Ende geht es darum, dass der Hörer mehr versteht über die Märkte, über die Börse, und da bekommen wir gutes Feedback und auch durchaus ein bisschen Lob.

JP: Vom Podcast zu den Prognosen, Karl: Mit denen haben wir es ja eigentlich nicht so, aber ich möchte natürlich trotzdem von dir wissen: Was erwartest du vom Anlegerjahr 2023?

KMS: Also, ich möchte erst mal auf das Weltwirtschaftswachstum gucken. Wir gehen davon aus, dass im nächsten Jahr die Weltwirtschaft um 2,8 Prozent wachsen wird. Das ist geringer als der Durchschnitt, der so bei 3,5 Prozent liegt. Und in Deutschland gehen alle Institute davon aus, dass wir in einer Rezession landen werden. Zwar in einer leichten mit 0,4 Prozent minus, aber immerhin Rezession, und damit sind wir übrigens auch Schlusslicht in Europa. Ja, die Medien malen sehr schwarz. Wenn man die Zeitung aufschlägt, dann ist alles sehr negativ. Aber ich finde, es gibt auch ein paar positive Dinge zu berichten, denn der Arbeitsmarkt ist wirklich robust, nicht nur bei uns in Deutschland, sondern auch vor allem in Amerika, und das ist wirklich sehr erstaunlich. Es haben sich auch einige Lieferkettenprobleme wieder gelöst, die Wirtschaft arbeitet wieder wesentlich besser Hand in Hand. Und was dazukommt, ist, dass die Unternehmensgewinne wirklich erstaunlich stark sind. Die Unternehmen haben gelernt, sich in dieser Situation anzupassen, und produzieren wirklich stabile und gute Ergebnisse. Wenn wir jetzt auf die Märkte schauen: Ja, wir waren schon mal 20 Prozent im Minus, jetzt sind wir nur noch so 11 Prozent zum Beispiel im DAX im Minus. Man kann nicht ausschließen, dass wir 2023 noch mal neue Tiefs sehen, aber vielleicht haben wir sie auch schon in diesem Jahr gesehen, denn wenn die Krise am schlimmsten ist, dann steigen oftmals die Kurse. Also, ich möchte verhalten optimistisch auf das Jahr 2023 gucken.

JP: Krieg, Inflation, Zeitenwende und Doppelwumms, das waren die Stichworte in diesem Jahr. Welche Stichworte wünschst du dir fürs kommende Jahr?

KMS: Also, ich wünsche mir natürlich zuerst mal, dass dieses Wort "Wumms" nicht mehr existieren wird, das wäre mir schon mal das Wichtigste. Nein, Spaß beiseite, ich wünsche mir natürlich Frieden. Ich glaube, das ist das Entscheidende, dass wir wieder mehr Stabilität in der Welt haben. Und dann würde ich mich freuen, wenn es auch mit unserer Wirtschaft und damit mit der Börse wieder nach oben geht.

JP: Karl, wir wollen natürlich auch ein bisschen mehr von dir privat erfahren. Wie schaffst du es denn, in solch herausfordernden Zeiten, wie wir sie dieses Jahr erlebt haben, deinen Akku wieder aufzuladen?

KMS: Für mich ist es wichtig, mich zu bewegen, und das regelmäßig. Das ist gar nicht so leicht in diesen Wintertagen, wo man nicht mehr so lange unterwegs sein kann. Ich versuche, ein bisschen Fahrrad zu fahren, manchmal auch zu joggen, und freue mich jetzt auf den Winterurlaub, wenn ich dann langlaufen gehen kann. Sonst erhole ich mich, wenn ich mit meinen Kindern zusammen bin, das ist für mich immer ein wichtiger Moment. Und was ich auch gern mache, ist kochen und natürlich essen. Das ist für mich auch große Erholung.

JP: Du bist Vater von fünf Kindern. Soll denn eines von ihnen irgendwann einmal in deine Fußstapfen treten und die Bank übernehmen?

KMS: Also, ich würde mich natürlich sehr freuen, wenn das passieren würde. Aber ich glaube, wichtig ist, dass jedes Kind das findet, was es richtig gut kann, und vor allem auch neugierig bleibt, das ist eine wichtige Eigenschaft. Wenn man etwas findet, was einem Spaß macht, dann ist man auch richtig gut. Und wenn es bei dem einen oder anderen dann mit Finanzen zu tun hat, dann freue ich mich.

JP: Und was war dein privates Highlight in diesem Jahr, Karl?

KMS: Ich habe mich wahnsinnig gefreut, wieder mal in Italien zu sein, und habe meine Liebe für dieses Land wiederentdeckt. Das war für mich eine ganz, ganz große Freude. Und dann haben wir ein schönes Sommerfest gehabt in diesem Jahr, meine Frau hat Geburtstag gefeiert, ein bisschen größer, und es war tolles Wetter in Brandenburg an den Seen, das ist ein schönes Event gewesen.

JP: Toll, das klingt super. Ein bisschen was nachgeholt nach dem ganzen Corona-Verzicht. Nun ist es nicht mehr lange hin bis Weihnachten, Karl. Habt ihr als Familie denn eine spezielle Weihnachtstradition?

KMS: Ich komme ja aus Nürnberg, und da isst man nicht nur gerne Nürnberger Bratwürste, sondern auch Lebkuchen. Bisweilen mache ich die selber. Das macht mir großen Spaß. Natürlich Elisenlebkuchen ohne Mehl. Und sonst sind wir früher sehr gerne nach Chemnitz gefahren und haben "Hänsel und Gretel" angeschaut, eine sehr schöne Inszenierung. Das hat die letzten Jahre nicht geklappt, aber ich habe mir das fest für 2023 spätestens wieder vorgenommen.

JP: Das klingt doch toll. Vielen Dank, Karl, für diese privaten Einblicke und natürlich für deine ausführlichen Antworten zu all den Fragen, die ich mitgebracht habe. Und Ihnen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, vielen Dank fürs Zuschauen und bis zum nächsten Mal!

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quirin Privatbank AG published this content on 16 December 2022 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 16 December 2022 10:02:07 UTC.