Alexander Duphorn, für die Konsumenten bietet zeitversetztes Fernsehen scheinbar viele Vorteile. Warum ist das kritisch für Sender wie auch für Werbeauftraggeber?

Zunächst muss man sagen, dass zeitversetztes Fernsehen eine ganz tolle Neuerung ist, die Fernsehen sogar viel attraktiver macht. Wenn man den Anfang einer Sendung verpasst hat, dann kann man zurückspulen oder man kann seine Lieblingsserie ein paar Tage später schauen. Das ist ja an sich eine tolle Geschichte. Das Problem ist, dass letztendlich meistens auch die Werbung übersprungen wird. Das heisst, die Kommerzialisierungsmöglichkeit der Sender geht dadurch verloren und das schafft die Herausforderung für die Sender. Viele gehen davon aus, dass heute die Netzbetreiber diesen Service der werbefreien Konsumation von Fernsehen anbieten indem sie eine Gebühr von den Zuschauern verlangen. Aber das ist nicht so. Heute ist es leider so, dass diese Netzbetreiber eben nur einen Teil der Möglichkeiten, die der Fernsehsender hätte, auch zur Kommerzialisierung überhaupt an den Konsumenten weitergeben. Das heisst, sie betreiben da ein gewisses 'Cherry Picking'. Sie lassen eben zum einen alles zu, was zeitversetzt über sieben Tage hinweg dem Konsumenten, inklusive des Überspulens der Werbung angeboten wird. Und auf der anderen Seite gehen Services wie HbbTV, wo letztendlich auch der Sender einen direkten Zugang zum Konsumenten hätte, vielleicht auch zur Kommerzialisierung, verloren. Wobei, und das ist ganz wichtig, die Sender finden zeitversetztes Fernsehen, oder eben Catch Up TV, sehr gut. In der Diskussion heute geht es überhaupt nicht darum, dass man das abschaffen möchte.

Bei YouTube wird Werbung vor dem Inhalt ausgestrahlt. Warum gehören auch bei TV die Werbung und der Inhalt zusammen?

Letztendlich ist es ein duales System. Es gibt auf der einen Seite die Möglichkeit, Inhalte zu finanzieren, indem man Werbung schaltet. Auf der anderen Seite gibt es die Möglichkeit, wie die öffentlich-rechtlichen Sender, Gebühren zu erheben. Oder man lässt sich, wie im Pay TV, konkret seine Inhalte bezahlen. Und deshalb gehören Werbung und Inhalt zusammen. Wir wissen auch aus Studien, dass gerade in der Schweiz diese grosse Vielfalt an Sendern nachvollzogen wird. Man akzeptiert Werbung und freut sich daran, dass man so viele Sender sehen kann, ohne dafür Gebühren zu bezahlen.

Von der Replay-Nutzung profitieren nur die Verbreiter, die Telekommunikationsfirmen. Warum? Und weshalb gibt es von ihrer Seite keine Einsicht, dass das zeitversetzte Fernsehen den TV Sendern schadet?

Die Weiterverbreiter entrichten zwar eine Gebühr an die Sender, nur leider steht diese heute in überhaupt keinem Verhältnis mehr zu dem, wie sich Replay entwickelt hat. Mittlerweile hat quasi jedes IP-TV-fähige Gerät eine Replay-Funktion und das eben sieben Tage zeitversetzt. Deshalb ist Replay heute ungefähr drei Mal so stark, wie das noch vor wenigen Jahren der Fall war. Und das hat natürlich deutliche Auswirkungen. Vor allem auch auf das Überspringen von Werbung und eben auf die Kommerzialisierung für die Sender. Die Weiterverbreiter kennen das System so und nutzen ihre Möglichkeiten. Auf der anderen Seite muss man die langfristige Perspektive sehen, dass Sender eben für tolle Formate, für tolle Programme, für Rechte viel Geld bezahlen müssen. Die Sender investieren jedes Jahr mehr ins Fernsehen, um eben auch diese Standards auszubauen und da braucht es natürlich eine Refinanzierungsmöglichkeit, die, wenn die Werbung immer übersprungen wird, nicht mehr gegeben ist.
Und was muss jetzt unternommen werden, damit die Schweizer Sender eben nicht zu Schaden kommen?

Die grosse Überschrift lautet 'Ownership'. Es geht nicht darum, zeitversetztes Fernsehen abzuschaffen, weil es eben ein ganz toller Service ist, der den Zuschauern ja auch erhalten bleiben soll. Es geht darum, dass eben diese hochwertigen Eigenproduktionen, Filme aus Hollywood oder Sport Geld kosten und das muss refinanziert werden. Die Sender wollen letztendlich über ihr eigenes Signal entscheiden können und eben auch über die Möglichkeiten der Kommerzialisierung, immer in Abstimmung auch, was für den Zuschauer gut ist. Denn wenn es dem Zuschauer nicht Spass macht, dann ist es natürlich auch für den Sender nicht gut. Darauf wird auch in Zukunft geachtet werden und deshalb wollen die Sender Replay nicht abschaffen, sondern noch mehr Möglichkeiten schaffen, die aber auch zumindest ein wenig Werbung zulassen.


Interviewer: Guido Trevisan, Marketing Director Goldbach Media
Interviewter: Alexander Duphorn, CEO Goldbach Media

Goldbach Group AG veröffentlichte diesen Inhalt am 22 August 2018 und ist allein verantwortlich für die darin enthaltenen Informationen.
Unverändert und nicht überarbeitet weiter verbreitet am 22 August 2018 13:43:02 UTC.

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