Von Stephen Wilmot

DETROIT (Dow Jones)--Für die wenigen Glücklichen, die in der Lage sind bar zu zahlen, werden die Konditionen für den Autokauf allmählich besser. Im Gegenzug verschlechtern sich die Bedingungen für die Unternehmen auf der anderen Seite des Handels.

Der vielbeachtete Manheim Used Vehicle Value Index, der die Auktionswerte im Großhandel der USA dokumentiert, schloss das Jahr 2022 mit einem Minus von 14,9 Prozent. Das ist das schlechteste Jahresergebnis aller Zeiten und liegt weit unter den 3 Prozent, die der Datenanbieter Cox Automotive zu Jahresbeginn prognostiziert hatte. Bereinigt um den Fahrzeugmix, die Kilometerleistung und saisonale Einflüsse stieg der Index im Dezember zwar an und durchbrach damit einen zwölfmonatigen Abwärtstrend, doch Cox geht nicht davon aus, dass der Tiefpunkt bereits erreicht ist.


Rückläufige Kaufkraft 

Das Unternehmen prognostiziert für dieses Jahr einen weiteren Rückgang um 4,3 Prozent, da Zinserhöhungen die Kaufkraft der Interessenten schmälern, während sich der Markt in der zweiten Jahreshälfte auf einem normalen Gleichgewicht konsolidiert.

Der Manheim-Index ist seit der Pandemie, als die Verkäufe keine belastbaren Kennzahlen mehr boten, ein nützlicher Frühindikator für die grundlegende Stärke des US-Autosektors. Er verzeichnete im Frühjahr 2020 rasante Zuwächse und signalisierte damit den Beginn eines durch die Konjunktur unterstützten Booms der Verbrauchernachfrage, der bald schon auf einen Mangel im Angebot an Fahrzeugen stieß. Erst waren es die coronabedingten Einschränkungen und dann die Probleme in der Lieferkette, die die Produktion unterbrachen und die Preise steigen ließen. Im Jahr 2021 verzeichnete der Index einen noch nie dagewesenen Anstieg von 47 Prozent.


Aggressive Preisgestaltung scheint Vergangenheit 

Der fehlende Wettbewerb durch den Gebrauchtwagen-Markt ermöglichte es General Motors und den Händlern, die Preise für Neufahrzeuge aggressiver zu gestalten, was trotz eines Einbruchs der Verkaufszahlen zu einer überraschend profitablen Entwicklung führte. Hohe Gebrauchtwagenpreise sind auch Rückenwind für die Kreditvergabe der Autohersteller, da sie das Kreditrisiko verringern und die Kalkulation für das Leasing verbessern.

Der Höchststand des Manheim-Index Anfang 2022 fiel mit dem Höchststand der GM-Aktie zusammen. Von da an begannen die Anleger, das Ende des Preisrausches einzukalkulieren. Dennoch blieben die Gewinne in Detroit im vergangenen Jahr noch relativ robust, da sich Hersteller und Händler an ihren neu gewonnenen Verhandlungsspielraum klammerten, unterstützt durch eine Produktion, die schwächer als erwartet lief.


Teslas öffentliche Preissenkungen 

Nun jedoch mehren sich die Anzeichen für ein Abgleiten. Tesla, das mit seinen ungewöhnlich öffentlichen Preisänderungen in Echtzeit zu einem führenden Indikator geworden ist, senkte die Preise in den USA im Dezember zweimal. Steigende Zinssätze wirken sich zwar stärker auf den Gebrauchtwagenmarkt aus, sind aber dennoch für die Hersteller von Bedeutung, nicht zuletzt, weil die Verbraucher ihre alten Fahrzeuge oftmals beim Neuwagenkauf in Zahlung geben.

Es gibt noch weitere Gründe, die ein schwieriges Jahr für die Automobilhersteller erwarten lassen. Die Produktion hat immer noch Mühe, sich von der Pandemie zu erholen. Cox prognostiziert für dieses Jahr einen Neuwagenabsatz von nur 14,1 Millionen Fahrzeugen. Das wäre zwar eine Steigerung gegenüber dem letztjährigen Tiefstand von 13,7 Millionen, aber immer noch das zweitschlechteste Ergebnis der letzten zehn Jahre.


Höhere Lohnkosten absehbar 

Und obwohl sich auf der einen Seite die Inflation bei den Rohstoffen abschwächt, drohen neue Kostengefahren mit dem Ende des derzeitigen Vierjahresvertrags zwischen den Detroiter Fahrzeugherstellern und der Gewerkschaft United Auto Workers im Herbst. Dann könnte es zu einem heißen Kampf kommen. Der letzte Streik der GM-Arbeiter kostete das Unternehmen 3,6 Milliarden US-Dollar.

Die andere Frage, die sich den Anlegern stellt, ist, inwieweit all die schlechten Nachrichten bereits eingepreist sind. Die GM-Aktie ist im vergangenen Jahr um 41 Prozent gefallen. Nach einer Reihe von Gewinnherabstufungen wird sie jedoch wieder knapp unter ihrem Zehnjahres-Durchschnitt gehandelt, der beim Siebenfachen des voraussichtlichen Gewinns je Aktie liegt.

Ein attraktiver Punkt zum Einstieg ist das eher nicht. Auch die Bilanz von Ford ist wegen der größeren Volatilität der Gewinne schwierig zu interpretieren. Vergleicht man jedoch den Preis der Aktie mit dem Umsatz, so ist auch hier die Bewertung nicht weit vom langjährigen Durchschnitt entfernt.

Der richtige Zeitpunkt für den Kauf von Detroit-Automobilaktien ist in der Regel die Zeit der Rezession: Die besten Gelegenheiten in der jüngeren Geschichte ergaben sich im März 2009 und im April 2020. Die nächste Gelegenheit könnte kommen, aber noch ist es nicht so weit.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/rer/smh

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January 11, 2023 05:42 ET (10:42 GMT)