Washington (Reuters) - Die USA und Indien haben eine neue Ära in ihren Beziehungen eingeläutet.

Neben einer Vielzahl wirtschaftlicher und militärischer Kooperationen vereinbarten US-Präsident Joe Biden und Indiens Ministerpräsident Narendra Modi am Donnerstag in Washington auch, sich gemeinsam gegen Chinas wachsenden Einfluss zu stemmen. "Zwei große Nationen, zwei große Freunde und zwei große Mächte", prostete Biden bei einem Gala-Dinner Modi zu. "Sie sprechen leise, aber wenn es ums Handeln geht, sind Sie sehr stark", entgegnete Modi. Indiens Außenminister Vinay Kwatra sprach von einem bahnbrechenden Besuch.

Modi wurde die Ehre zuteil, auch vor dem Kongress zu sprechen. Dort warnte er, ohne China namentlich zu nennen: "Die dunklen Wolken von Zwang und Konfrontation werfen ihre Schatten auf den indo-pazifischen Raum." Die Stabilität der Region sei ein zentrales Anliegen der indo-amerikanischen Partnerschaft geworden. Dies bekräftigte auch Biden: "Die Herausforderungen und Chancen, mit denen die Welt in diesem Jahrhundert konfrontiert ist, erfordern, dass Indien und die Vereinigten Staaten zusammenarbeiten und eine Führungsrolle übernehmen."

Indien streitet seit Jahren unter anderem über den Grenzverlauf in der Himalaja-Region mit China. Die USA sehen ihre weltweite wirtschaftliche und militärische Führungsrolle durch China herausgefordert und haben die Volksrepublik mit Sanktionen wie Exportverboten für hochmoderne Chips belegt. Im für die Handelsschifffahrt wichtigen Südchinesischen Meer beansprucht China Hoheitsgebiete, was international umstritten ist. Zudem hat Chinas Präsident Xi Jinping nicht ausgeschlossen, Taiwan mit militärischer Gewalt in die Volksrepublik einzugliedern.

MILITÄRISCHE ZUSAMMENARBEIT VEREINBART

Vor diesem Hintergrund vereinbarten Indien und die USA, dass US-Kriegsschiffe künftig für Reparaturen indische Werften anlaufen dürfen. Im Gegenzug kann Indien in den USA SeaGuardian-Drohnen beschaffen. Biden und Modi unterzeichneten eine Vereinbarung mit Hindustan Aeronautics, die es General Electric ermöglicht, in Indien Düsentriebwerke für Kampfjets zu produzieren. Auch in anderen Bereichen soll die militärische Zusammenarbeit ausgeweitet werden.

Auf wirtschaftlicher Seite wurden mehrere Abkommen über Chipproduktion, wichtige Rohstoffe und Raumfahrt geschlossen. Damit sollen unter anderem Lieferketten diversifiziert werden, um Abhängigkeiten von China zu verringern. Besprochen wurden Pläne des US-Chipherstellers Micron Technology, eine 2,7 Milliarden Dollar teure Chip-Fabrik in Modis Heimatstaat Gujarat zu bauen. Beide Staaten legten zudem ihre Streitigkeiten vor der Welthandelsorganisation WTO bei. Indien wird bestimmte Zölle auf US-Importe aufheben. Die USA sind der wichtigste Handelspartner des bevölkerungsreichsten Landes der Welt und der fünftgrößten Volkswirtschaft.

Biden hatte den Staatsbesuch Modis sehr aufwendig gestaltet. Dazu gehörte auch ein über zweistündiges Gespräch unter vier Augen. Konflikte wurden weitgehend ausgespart. Modi gestand Biden die Teilnahme an einer Pressekonferenz zu, etwas was der indische Regierungschef in seiner neunjährigen Amtszeit bislang vermieden hat. Er beantwortete jeweils eine Frage eines amerikanischen und eines indischen Journalisten, die im Voraus ausgewählt wurden, und wies Kritik an der Menschenrechtslage in Indien zurück. Kaum angesprochen wurden auch die engen Beziehungen zwischen Indien und Russland. Modi erklärte im Kongress lediglich, der Krieg in der Ukraine verursache "großen Schmerz in der Region".

(Zusätzliche Berichterstattung von Steve Holland, Rami Ayyub, Kanishka Singh, Patricia Zengerle, Trevor Hunnicutt und YP Rajesh; geschrieben von Hans Busemann, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

- von Nandita Bose und Patricia Zengerle