Düsseldorf (Reuters) - Die Deutsche Post DHL stellt sich darauf ein, dass westliche Firmen bei ihren Lieferketten unabhängiger von China werden wollen.

"Wir verstärken unsere Investitionen in wichtige Wachstumsregionen noch einmal", sagte Finanzchefin Melanie Kreis am Dienstag. Der Konzern setze dabei auf Gebiete, die von einem Erweitern von Produktion und Lieferketten über die Volksrepublik hinaus - "China plus One" - profitieren könnten. Zwischen China und dem Westen hatten sich die Spannungen zuletzt verschärft, was auch Sorgen um eine zu starke Abhängigkeit von Unternehmen von der Volksrepublik aufkommen ließ. Der Bonner Konzern verbuchte in seinem wichtigen Fracht-Geschäft rund um China zuletzt deutliche Rückgänge - und musste insgesamt im zweiten Quartal ein herbes Minus bei Umsatz und Gewinn verkraften.

Von April bis Juni lasteten sinkende Frachtraten, weniger Express-Sendungen und Rückgänge im Geschäft mit China auf der Post. Noch vor Jahresfrist steuerte der Konzern auf Rekordkurs - hohe Frachtraten und der boomende Online-Handel hatten der Post und anderen Logistik-Konzernen in der Corona-Krise rasantes Wachstum beschert. Diese Sonderkonjunktur ist nun vorbei, die Geschäfte normalisieren sich. Das zeigte sich auch in den Quartalszahlen des inzwischen als DHL Group firmierenden Bonner Konzerns. Der Umsatz gab im zweiten Quartal um 16,4 Prozent auf 20 Milliarden Euro nach, der operative Gewinn (Ebit) brach um 27,2 Prozent auf 1,69 Milliarden Euro ein. Für das Gesamtjahr erwartet die Post nun einen operativen Gewinn (Ebit) in einer Bandbreite von 6,2 bis 7,0 Milliarden Euro - deutlich unter dem operativen Ertrag des Vorjahres von 8,4 Milliarden Euro. "Im besten Fall erreichen wir ein Konzernergebnis von 7,0 Milliarden Euro, sollte sich die Konjunktur noch in diesem Jahr erholen", sagte Kreis. Post-Aktien gaben um mehr als vier Prozent auf 44,70 Euro nach.

Die Post sei "mit einer fortschreitenden Normalisierung von Frachtraten sowie einer schwächeren Marktdynamik konfrontiert", sagte Kreis. Durchgreifende Änderungen habe es auch im dritten Quartal bislang nicht gegeben. Wirtschaftliche Unsicherheiten lasten auch auf den Wettbewerbern. Konkurrent FedEx hatte ebenfalls Umsatz- und Gewinnrückgänge vermeldet. Der Logistiker Kühne + Nagel hatte für das zweite Quartal sogar einen Umsatzeinbruch von 43 Prozent gegenüber dem Vorjahr verzeichnet, unter dem Strich stand mit 398 Millionen Franken nur halb so viel Nettogewinn.

Die Post vermeldete zudem Rückgänge im wichtigen Fracht-Geschäft rund um China. In der Luftfracht sanken die transportierten Volumina in der ersten Jahreshälfte um 15,9 Prozent "vor allem auf Handelsrouten zwischen China und den USA sowie zwischen China und Europa". Auch die Seefracht schrumpfte "verursacht durch einen Rückgang auf Handelsrouten von China", teilte der Konzern mit. "Für uns war Asien immer mehr als China", sagte Kreis - der Konzern sei auch in anderen Ländern des Kontinents gut aufgestellt.

Auch im Brief-Geschäft im Heimatmarkt stehen für die Deutsche Post Neuerungen an. Die Bundesregierung plant eine Reform des Postgesetzes - mit möglicherweise einschneidenden Änderungen für den Konzern. Das Brief- und Paketgeschäft in der Bundesrepublik müsse auch nach der Reform so viel verdienen können, dass es die für seine Zukunft nötigen Investitionen selbst stemmen könne, betonte Kreis.

(Bericht von Maria Sheahan und Matthias Inverardi, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)