BONN (awp international) - Im Digitalzeitalter verliert das Briefgeschäft für die Deutsche Post rapide an Bedeutung. In den ersten drei Quartalen sei die Briefmenge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,2 Prozent gesunken, teilte der Konzern DHL am Mittwoch in Bonn mit. Die Firma tritt im Briefgeschäft noch mit dem Namen Deutsche Post auf. Der Rückgang sei "ungewöhnlich hoch", sagte Konzernchef Tobias Meyer.

Es gebe "eine deutliche Beschleunigung", sagte Finanzvorständin Melanie Kreis. Jahrelang hatte der Rückgang in einem Korridor von zwei bis drei Prozent gelegen, in Coronazeiten änderte sich das allmählich. "Wir rechnen nicht damit, dass wir auf diese zwei bis drei Prozent zurückkehren", sagte die Managerin.

Man habe bei dem Geschäft "einen stärkeren Abriss", der aber nicht unerwartet komme, sagte der Vorstandsvorsitzende Meyer. "Der Rückgang der Briefmenge korreliert klar mit Digitalisierungsmassnahmen." Als Beispiel nannte er Krankschreibungen, die nicht mehr per Post verschickt, sondern elektronisch übermittelt werden. Die Briefporto-Einnahmen und damit das historische Stammgeschäft machen inzwischen nur noch sieben Prozent des Konzernumsatzes aus, Tendenz sinkend.

Besonders stark rückläufig ist die Menge an Briefen, die Verbraucher in den Briefkasten einwerfen, aber auch bei der Werbepost geht es abwärts. Das geringsten Minus gibt es bei individueller Firmenpost an Kunden und Bürger, etwa von Banken und Behörden. Bei solchen Grossversendern seien "gewisse Digitalisierungsschritte entweder noch nicht möglich oder noch nicht getan worden", sagte Meyer.

DHL hat weltweit rund 600 000 Beschäftigte, davon arbeiten 190 000 im dem Bereich Post & Paket Deutschland. Mit dem Weihnachtsgeschäft, das für die Paketbranche von November bis Dezember läuft, steht in dem Segment die wichtigste Zeit des Jahres vor der Tür. An manchen Tagen rechnet DHL mit mehr als 11 Millionen Paketen und damit fast doppelt so vielen wie an durchschnittlichen Werktagen des übrigen Jahres. Diese Tageshöchstwert-Schätzung ist gleich hoch wie im Vorjahr - die Belastung für die Zusteller sowie die Sortierzentrumsmitarbeiter wird also voraussichtlich nicht steigen.

Auf die Frage, ob Post & Paket Deutschland überhaupt noch eine Existenzgarantie im Konzern habe, sagte Finanzvorständin Kreis: "Es gibt eine positive Vision für Bereich Post und Paket Deutschland." Man wolle den Bereich so gestalten, dass es um Pakete "mit ein bisschen Brief" gehe - das würde hervorragend in das Firmenportfolio passen, sagte die Managerin. In den kommenden Jahren werden die Briefvolumina nach ihren Worten weiter stark zurückgehen, diese Übergangszeit müsse wirtschaftlich sinnvoll gemeistert werden können./wdw/lew/DP/lew