"Grundsätzlich schaut sich der Vorstand alles an, was dem Unternehmen helfen könnte. Im Moment ist die Phantasie für eine paneuropäische Fusion aber gebremst", sagte Aufsichtsratschef Paul Achleitner der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Im Vordergrund stehe vielmehr, die größte deutsche Bank effizienter und weniger komplex zu machen. "Das ist Arbeit genug, zumal in diesen unsicheren Zeiten." Als Bedrohung für Europas Banken sieht der Österreicher eine Verschärfung der Kapitalanforderungen für die Branche weltweit, über die derzeit verhandelt wird. Ihnen drohe dadurch ein Wettbewerbsnachteil gegenüber der US-Konkurrenz.

"Die globalen Regeln, festgeschrieben im Basel-Abkommen, dürfen nicht einseitig den Vorstellungen der Amerikaner entsprechen", sagte Achleitner. Schließlich habe die Finanzkrise dort ihren Anfang genommen. US-Banken entlasteten ihre Bilanzen, indem sie Immobilienkredite weiterverkauften und Unternehmen sich dort mehr an der Börse als über Kredite finanzierten.

Durch die geplanten Regeländerungen droht vor allem der Deutschen Bank ein deutlich höherer Kapitalbedarf. Achleitner warf den USA indirekt vor, damit Industriepolitik zu betreiben. "Es ist offenkundig, dass nationale Interessen zunehmend robuster definiert und vertreten werden. Es wird Zeit, dass auch wir Europäer für unsere Interessen eintreten."

Die Deutsche Bank halte am Kapitalmarktgeschäft fest, sagte der ehemalige Investmentbanker. Das Investmentbanking sei ein Wettbewerbsvorteil für die Bank gegenüber anderen europäischen Banken. "Nur muss es in einer Art und Weise ausgeübt werden, wie es den heutigen gesellschaftlichen, politischen und regulatorischen Vorgaben entspricht." Die juristischen Nachwehen der Finanzkrise haben die Deutsche Bank Milliarden gekostet.

"SEHR ERLEICHTERT"

Kurz vor Weihnachten hatte sie im Streit um Hypothekengeschäfte einen Vergleich mit dem US-Justizministerium vereinbart, der eine Strafe von 3,1 Milliarden Dollar sowie Entlastungen für Kunden im Volumen von 4,1 Milliarden Dollar vorsieht.[nL5N1EI0A4] Damit sei die Bank bei der Bereinigung der Altlasten einen großen Schritt vorangekommen. "Auch wenn die Summe mit 3,1 Milliarden Dollar sowie umfangreichen Entlastungen für Konsumenten hoch ausgefallen ist, sind wir doch alle sehr erleichtert", sagte Achleitner. "Jedem muss daran gelegen sein, unsere Vergangenheitsbewältigung so schnell wie möglich abzuschließen, um endlich einzig den Blick nach vorn richten zu können." Unter anderem steht noch die Beilegung von Geldwäsche-Vorwürfen in Russland aus.

Großaktionäre fordern nun von Vorstandschef John Cryan, die Strategie der Bank noch einmal zu überarbeiten, und das so rasch wie möglich. Cryan will sich aus einigen unprofitablen Märkten und besonders kapitalintensiven Handelsgeschäften zurückziehen. Auch Aufsichtsratschef Achleitner war wiederholt unter Beschuss geraten, etwa als der Aktienkurs der Bank im Spätsommer unter die Marke von zehn Euro fiel. In dem Interview bestätigte er, dass er im Mai für eine zweite Amtszeit kandidieren werde. "Zum Glück haben wir mit den wichtigsten Aktionären schon gesprochen, und die reduzieren mich nicht auf den Börsenkurs."