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FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Deutsche Bank ist auf der Suche nach einem Nachfolger des langjährigen Aufsichtsratschefs Paul Achleitner fündig geworden. Der Nominierungsausschuss des Gremiums empfehle, der Hauptversammlung am 19. Mai 2022 Alexander Wynaendts zur Wahl in den Aufsichtsrat der Bank vorzuschlagen, teilte das Institut am späten Freitagabend mit. Es sei beabsichtigt, ihn im Anschluss zum Vorsitzenden und damit zum Nachfolger von Paul Achleitner zu wählen. Die Empfehlung steht unter dem Vorbehalt einer Zustimmung des Aufsichtsratsplenums.

Wynaendts war den Angaben zufolge von 2008 bis 2020 Chef des niederländischen Versicherungskonzerns Aegon. Der Manager sitze derzeit in mehreren Aufsichts- und Verwaltungsräten, unter anderem bei Citigroup, Uber Technologies und Air France KLM. Bei Citigroup werde er aus dem Verwaltungsrat ausscheiden.

Zudem soll der Aufsichtsrat der Hauptversammlung empfehlen, neben dem Arbeitnehmervertreter Detlef Polaschek einen weiteren stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden zu benennen. Für diese Funktion werde das Gremium Norbert Winkeljohann vorschlagen, der seit 2018 Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Bank ist.

Achleitner hatte sich bemerkenswert lange auf einem der wichtigsten Posten der deutschen Wirtschaft gehalten. Doch nach zehn Jahren als Aufsichtsratschef der Deutschen Bank soll Schluss sein, wie der 65-jährige Österreicher bereits wiederholt bekräftigt hatte. In der Vergangenheit hatte er sich die Frage gefallen lassen müssen, ob das Geldhaus nicht längst besser da stünde, wenn der Aufsichtsrat nicht zu lange an den falschen Managern festgehalten hätte. Bei der Hauptversammlung 2019 hatten Aktionäre die "Abwahl des Systems Achleitner" gefordert.

Chancen für die Achleitner-Nachfolge waren zuvor etwa Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer eingeräumt worden. Auch Ex-Volkswagen-Finanzvorstand Frank Witter galt als möglicher Kandidat für den Aufsichtsratsvorsitz bei dem Frankfurter Dax-Konzern.

Der Zeitpunkt für Achleitners Abtritt scheint günstig. Die Deutsche Bank schreibt wieder schwarze Zahlen und trotz gestiegener Kosten für den Konzernumbau hat sie im dritten Quartal etwas mehr verdient als ein Jahr zuvor. Doch längst nicht alles läuft komplett rund. Das Investmentbanking ist nach wie vor der Gewinnbringer, obwohl der Vorstand antrat, die Abhängigkeit vom schwankungsanfälligen Kapitalmarktgeschäft zu verringern. Der Kampf gegen Geldwäsche bleibt ein Dauerbrenner und die Finanzaufsicht Bafin mahnte mehr Anstrengungen der Bank an.

Der privat in München lebende Achleitner gilt als gut vernetzter Strippenzieher. Er begann seine Karriere 1984 nach Wirtschaftsstudium samt Promotion im schweizerischen St. Gallen bei der Unternehmensberatung Bain. 1988 wechselte der gebürtige Linzer zur legendären Wall-Street-Bank Goldman Sachs und baute für sie das Deutschland-Geschäft auf. Dabei brachte er etwa die Telekom an die Börse und schmiedete Thyssen und Krupp zu einem Konzern zusammen. Im Jahr 2000 holte der damalige Allianz-Chef Henning Schulte-Noelle den Investmentbanker als Finanzchef des Versicherungsriesen nach München (bis 2012). Von dort ging es für Achleitner beruflich nach Frankfurt in die Doppeltürme der Deutschen Bank./he/DP/he