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31. Juli 2014

Fortschritt braucht Breitband

Private Investitionen benötigen mehr staatliche Impulse

Autoren

Stefan Heng

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Christoph Laskawi

+49 69 910-31924 christoph.laskawi@db.com

Editor

Lars Slomka

Deutsche Bank AG Deutsche Bank Research Frankfurt am Main Deutschland

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DB Research Management

Ralf Hoffmann

Kommunikationsinfrastruktur wird neben den Verkehrs- und Energieinfrastruktu- ren im Standortwettbewerb immer wichtiger. Mit der schnell zunehmenden At- traktivität datenintensiver Dienste und vernetzter Geräte werden moderne Netze immer wichtiger. Empirische Untersuchungen zeigen den positiven Effekt des Breitbandausbaus auf das Wirtschaftswachstum, weisen aber ebenfalls auf die dafür notwendigen enormen Investitionen hin.

Deutschland schneidet bei der Verfügbarkeit an leistungsfähiger Breitbandin- frastruktur bisher unterdurchschnittlich ab. Bedenklich ist auch, dass Deutsch- land bei der Versorgung mit zukunftsweisenden Bandbreiten von wenigstens 50

Mbit/s hinter den politischen Vorgaben liegt. Auf Basis der Glasfasertechnologie könnte dieser Ausbau mindestens EUR 85 Mrd. kosten.

Infrastrukturunterschiede bereiten Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit in ländli- chen Regionen. Die Breitbandversorgung in Deutschland weist sowohl ein deut- liches Gefälle zwischen westlichen und östlichen Bundesländern als auch zwi- schen urbanen und ländlichen Regionen auf. Während der Ausbau in den dicht- besiedelten Regionen vorankommt, gibt es für Projekte auf dem Land ohne staatliche Subventionen zumeist kein Geschäftsmodell. Unter den aktuellen politischen und regulatorischen Vorgaben führt die für Breitbandprojekte spezifi- sche Kostenstruktur dazu, dass der Breitbandausbau auf dem Land auf Basis eines betriebswirtschaftlichen Kalküls absehbar nicht entscheidend vorankom- men wird, speziell in etlichen Teilen Mecklenburg-Vorpommerns, Brandenburgs oder auch der Oberpfalz.

Projekte auf dem Land benötigen mehr staatliche Unterstützung, wenn die Breitbandziele erreicht werden sollen. Das Deckungslückenmodell, bei dem der Staat dem privatwirtschaftlichen Investor die in den wirtschaftlich unrentablen Gebieten zu erwartende Wirtschaftlichkeitslücke über Subventionen ausgleicht, erscheint in vielen Situationen besonders vorteilhaft, weil es einen Ausgleich zwischen Wettbewerbs- und Ausbauzielen sowie den Haushaltsvorgaben der Öffentlichen Hand mittels eines zeitlich beschränkten staatlichen Eingriffs an- strebt. Den aktuellen Initiativen sollten weitere beherzte Schritte folgen. So soll- ten höhere Fördervolumen und das Vermeiden von Ineffizienzen beim Ausbau vor Ort bald angegangen werden. Darüber hinaus braucht es finanzielle Aus- gleichsmechanismen, die die wirtschaftlich schwachen Bundesländer, Kreise und Kommunen, die zumeist unterversorgt sind, unterstützen.

Für den Breitbandausbau gibt es keine Standard-Blaupause. Von einer realisti- schen Wirtschaftlichkeitsprüfung auf Basis der lokalen Besonderheiten ausge- hend sollte jeweils das hinsichtlich Technik (z.B. Festnetz versus Mobilfunk), Finanzierung und Zeitablauf beste Ausbaumodell herausgearbeitet werden. Dennoch kann der Ausbau nur dann wirtschaftlich erfolgreich werden, wenn die zur Netztechnik passenden modernen Dienste hinzukommen.

Deutsche Bank

Research

Fortschritt braucht Breitband: lnvestitionen benotigen mehr staatliche lmpulse


2 1 31. Juli 2014 Aktuelle Themen


Fortschritt braucht Breitband: Investitionen benötigen mehr staatliche Impulse

Breitbandversorgung schürt Sorgen

Deutschland landet bei einem

Sechszehntel des OECD-Schnitts 1

Anteil Glasfaser- an allen Breitbandanschlüssen,

%

DE FR IT ES UK US PT NO SE KR JP

OECD

Eine moderne Kommunikationsinfrastruktur wird als Standortfaktor neben der Verkehrs- und Energieinfrastruktur immer wichtiger. Die Leistungsfähigkeit der Kommunikationsinfrastruktur ist entscheidend für die Leistungsfähigkeit und den Entwicklungspfad einer Volkswirtschaft insgesamt.1 So sprechen empirische Untersuchungen davon, dass in den hochentwickelten Ökonomien ein 10%iger Anstieg bei den Breitbandanschlüssen das Wachstum des Bruttoinlandproduk- tes pro Kopf in der Vergangenheit um jährlich gut 1% forciert hätte. Dies liegt darin begründet, dass gemäß Schätzungen die auf Breitband aufbauenden mo- dernen Technologien zum Produktivitätszuwachs in der EU insgesamt zwei Fünftel beitragen.2 Darüber hinaus zeigt eine empirische Untersuchung für 34
hochentwickelte Industriestaaten, dass eine Verdopplung der Geschwindigkeit im Breitbandnetz das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in der Vergangen- heit um durchschnittlich 0,3%-Punkte erhöhte.3

0 10 20 30 40 50 60 70

Stand: Juni 2013

Quelle: OECD

Entsprechend setzen sich auch die politischen Institutionen auf den verschiede- nen Verwaltungsebenen intensiv mit dieser Thematik auseinander. Spätestens die Breitbandstrategie der Bundesregierung aus dem Jahr 2009 und die "Digita- le Agenda" der Initiative "Europa 2020" der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2010 dokumentieren prominent den enormen Stellenwert einer leistungs- fähigen Kommunikationsinfrastruktur.
Gemessen an den von der Politik formulierten Ausbauzielen ist der weitere Handlungsbedarf. Selbst die Meilensteine der Breitbandstrategie werden ab- sehbar nur bedingt erreicht.4 So ist Deutschland nun zwar flächendeckend mit wenigstens 1 Mbit/s versorgt, allerdings gibt es gerade bei der Bandbreite über
50 Mbit/s noch erhebliche Lücken.5 Entsprechend bedenklich für Deutschland fällt auch der internationale Vergleich hinsichtlich der modernen leistungsfähi- gen Breitbandinfrastruktur aus. So liegt der Anteil der Glasfaseranschlüsse an allen Breitbandanschlüssen in Deutschland bei knapp 1%, im OECD-Schnitt dagegen bei 16% und in Japan gar bei 70%.

Weltweit ambitionierte Ausbauziele 2

Region Name Jahr Ziel

USA

1 Vgl. Bahrke, Michael und Hanno Kempermann (2014). Regionen im Wetbewerb. IW-Trends

1/2014. Köln.

2 Vgl. Czernich, Nina u.a. (2011). Broadband Infrastructure and Economic Growth.; Fornefeld, Martin u.a.(2008). The Impact of Broadband on Growth and Productivity; Katz, Raul L., u.a. (2010). The impact of broadband on jobs and the German economy, Intereconomics; oder Qiang,

Christine Zhen-Wei und Carlo M. Rossotto, C.M. (2009). Economic Impacts of Broadband, Infor- mation and Communications for Development: Extending Reach and Increasing Impact.

3 Vgl. Rohman, Ibrahim Kholilul und Bohlin, Erik (2012). Does Broadband speed really matter for

driving economic growth? Investigating OECD countries.

4 Vgl. BMWi (2013). Dritter Monitoringbericht zur Breitbandstrategie der Bundesregierung. Berlin.

5 Vgl. TÜV Rheinland (2013). Szenarien für eine kosteneffiziente flächendeckende Versorgung.

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Fortschritt braucht Breitband: Investitionen benötigen mehr staatliche Impulse

Vielfältige Anwendungen stellen sehr unterschiedliche Anforderungen an das Netz 3

Grenzen des Wachstums nicht

absehbar 4

IP-Daten-Volumen, weltweit, Peta-Byte


1.500.000

1.250.000

Anforderungen von Online-Anwendungen bzgl. Qualität und Geschwindigkeit des Übertragungsnetzes

1.000.000

750.000

500.000

250.000

0

+39% p.a.

05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17

Quellen: OECD, Cisco Visual Networking Index

Datenvolumen in Deutschland binnen

fünf Jahren verdoppelt 5

IP-Daten-Volumen in DE, Peta-Byte

35.000

30.000

Quelle: gemäß Kruse, Jörn

Aktuell hat die neue Bundesregierung die Ausbauziele über die Breitbandstrate- gie des Jahres 2009 hinaus nochmals erweitert. Bis zum Jahr 2018 soll flä- chendeckend für alle deutschen Haushalte eine Bandbreite von 50 Mbit/s ver- fügbar sein. Die neu gegründete "Netzallianz Digitales Deutschland" soll den Breitbandausbau schneller vorantreiben. Hierzu tauschen sich Politik und Wirtschaft hinsichtlich der jeweils aktuellen Herausforderungen und

25.000

20.000

15.000

10.000

5.000

0

+20% p.a.

12 13 14 15 16 17

Anforderungen regelmäßig auf hoher Ebene aus und vereinbaren Aufgaben, Fahrpläne und Meilensteine. Entscheidend ist aber, dass aus diesem Austausch letztlich auch tatsächliche Investitionen resultieren.

Schnelles Breitband zukünftig dringend notwendig

Weltweit steigt das Interesse an modernen Kommunikationsmöglichkeiten. In- formationsflüsse verändern sich grundsätzlich. Damit brechen althergebrachte

Quelle: Cisco Visual Networking Index

Mangel an moderner Infrastruktur 6


Breitbandverfügbarkeit in DE, % der Haushalte

≥ 1 Mbit/s

≥ 2 Mbit/s

≥ 6 Mbit/s

≥ 16 Mbit/s

≥ 50 Mbit/s

50 60 70 80 90 100

Stand: Mitte 2013

Quelle: TÜV Rheinland

Wertschöpfungsketten auf und es entstehen völlig neue Angebote, insbesonde- re im Dienste-Bereich. Hier sind die Entwicklungen bei Smart Grids, Industrie
4.0,6 Cloud Computing, Telemedizin, aber auch Visuelle Medien und Gaming
lediglich erste Vorboten des anstehenden Wandels. All diese "Hyper- connectivity"-Dienste heizen den Datenhunger über die gesamte Zeit an und treiben damit den Bedarf an immer leistungsfähigerer Kommunikationsinfra- struktur.7
Schätzungen des Soft- und Hardware-Herstellers Cisco sprechen davon, dass sich das IP-Daten-Volumen zwischen 2010 und 2017 weltweit versechsfachen und dann rund 1,5 Mio. Peta-Byte (1 Peta-Byte = 1018 Bytes = 1 Mrd. Giga-Byte) erreichen dürfte. Für den Zeitraum 2005 bis 2017 entspricht dies immerhin
einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 39%. Daneben wird allein für
Deutschland erwartet, dass das IP-Datenvolumen im Jahr 2017 eine Menge von
34.000 Peta-Byte p.a. erreichen wird (durchschnittliches Wachstum 2012 bis
2017: +20% p.a.).8
Die Kapazitätsengpässe machen sich bereits heute für Unternehmen negativ bemerkbar. So klagten bei einer Umfrage des Instituts der Deutschen Wirtschaft
54% aller Unternehmen darüber, heute bereits durch das unterdimensionierte
Netz im alltäglichen Geschäft beschränkt zu sein.9 Entsprechend geben in einer

6 Vgl. Heng, Stefan (2014). Industrie 4.0: Upgrade des Industriestandorts Deutschland steht bevor.

Deutsche Bank Research.

7 Nach dem "Nielsen-Gesetz" steigt die Geschwindigkeit, mit der die Nutzer auf das Internet zugrei- fen um durchschnittlich 50% p.a.

8 Vgl. Cisco Visual Networking Index (2013).

9 Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft Köln (2014). Infrastruktur zwischen Standortvorteil und

Investitionsbedarf.

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Fortschritt braucht Breitband: Investitionen benötigen mehr staatliche Impulse


Blockbildung der Bundesländer beim

Versorgungsgrad 7

Haushalte, die mit wenigstens 50 MBit/s

Bandbreite versorgt sind, %


HB HH BE NW BW HE SH NI SL BY RP MV SN TH BB SA

Ø DE

TNS-Infratest-Umfrage 84% der befragten Unternehmen an, binnen zehn Jah- ren eine Mindest-Bandbreite von 100 Mbit/s zu benötigen.10 Der politisch avi- sierte Ausbau wird den absehbaren Bedarf also nur unvollständig befriedigen, sofern er überhaupt erreicht wird.11

Starkes regionales Gefälle weckt Befürchtungen

Besonders bedenklich ist, dass die deutschen Unternehmen bei der Breitband- nutzung international über die Zeit hinweg zurückfallen. Zudem liegen deutsche Unternehmen bei der Nutzung von Bandbreiten über 30 Mbit/s lediglich im Mit- telfeld der EU-27.
Dabei gibt es sowohl zwischen den dichtbesiedelten, urbanen sowie den ländli- chen Regionen als auch zwischen Deutschlands Westen und Osten jeweils ein spürbares Versorgungsgefälle. So werden in den urbanen Regionen unter Wettbewerbsbedingungen derzeit knapp 80% der Haushalte mit einer Bandbrei- te von wenigstens 50 Mbit/s erreicht, in ländlichen Regionen dagegen lediglich
14%; also weniger als ein Fünftel des urbanen Versorgungsgrades.12

15 35 55 75 95

Stand: Mitte 2013

Quellen: TÜV Rheinland

Deutsche Unternehmen sinken unter

EU-Schnitt 8

Breitbandnutzung, % der Unternehmen

95

90

85

80

75

70

65

60

05 06 07 08 09 10 11 12 13


DE EU-27

Quelle: Eurostat

Zwei Spitzen bei erwartetem Bedarf 9

F.: Welche Bandbreite werden Sie in 5 bis 10

Jahren benötigen?"*, in %


bis 100 Mbit/s

101-300 Mbit/s

Darüber hinaus werden in den westlichen Bundesländern durchschnittlich 39% der Haushalte mit Bandbreiten von wenigstens 50 Mbit/s erreicht, in den östli- chen Bundesländern (ohne Berlin) dagegen im Durchschnitt nur 29%. Dabei sind die Investitionsvoraussetzungen in den östlichen Bundesländern vor allem wegen der geringen Bevölkerungsdichte deutlich schlechter als in den westli- chen.13 Dies lässt befürchten, dass dieses Gefälle absehbar noch größer wer- den könnte.

Bedarf in den Regionen sehr unterschiedlich

Die Notwendigkeit einer besseren Infrastrukturausstattung in den unterversorg- ten ländlichen und östlichen Regionen wird oft auch aufgrund des mangelnden Bedarfs an Breitband in Frage gestellt. Insbesondere in unterversorgten Gebie- ten gibt es etliche potenzielle Nutzer, die sich mit der gegebenen Infrastruktur arrangiert zu haben scheinen. Einigen privaten Haushalten erscheint der Nutzen von Bandbreiten über 16 MBit/s angesichts des aktuellen Dienste-Angebots nur schwer nachvollziehbar. Deshalb wechseln bislang auch nur überraschend we- nige Haushalte, wenn ihnen ein schnelleres Netz angeboten wird. So haben nach Schätzungen von Dialog Consult im Jahr 2013 lediglich 1% der Haushalte in Deutschland eine Bandbreite über 50 Mbit/s nachgefragt.14 Und selbst bei deutschen Unternehmen sind große Bandbreiten noch nicht weit verbreitet. Hier
nutzen lediglich 8% eine Bandbreite von wenigstens 100 Mbit/s.15
Tatsächlich zeigt die Praxis, dass etliche der leistungsfähigen Netze in den ländlichen Gebieten derzeit die in der Wirtschaftlichkeitsprüfung angenommene Auslastung allzu oft weit verfehlen. Erfahrungsgemäß wechseln zu wenige der potenziellen Kunden tatsächlich zum schnelleren Breitbandnetz und zahlen für die Nutzung dann auch einen wirtschaftlich angemessenen höheren Preis. Der betriebswirtschaftliche Erfolg des Netzausbaus ist demnach also keinesfalls ein

301-500 Mbit/s

> 500 Mbit/s k.A.

0 10 20 30

10 Vgl. IT-Planungsrat (2013). Digitales Deutschland 2020.

11 Vgl. Neumann, Karl-Heinz (2014). TK-Investitionen. Investitionsprojektionen und Erreichung der

Ziele der Breitbandstrategie. WIK-Consult.

12 Vgl. TÜV Rheinland (2013). Bericht zum Breitbandatlas.

13 Vgl. Der Breitband-Investitionsindex der Unternehmensberatung MICUS bezeichnet, wie günstig die Konditionen des Ausbaus in der Region sind. Je höher der Wert (Produkt aus Einwohnern pro

km2 und Hauptverteilern pro km2), desto höher ist die erwartete Profitabilität der Infrastrukturin-

* Vertreter von Unternehmen, Verwaltung und Wissenschaft

Quelle: IT-Planungsrat

vestitionen in dieser Region. Für die deutschen Kreise variiert beispielsweise der MICUS Breit- band-Investitionsindex als Proxy der zu erwartenden Profitabilität einer Infrastrukturinvestition zwischen 0,43 (Mecklenburg-Strelitz) und 773 (München Stadt).

14 Vgl. Dialog Consult und VATM (2013). 15. TK-Marktanalyse Deutschland 2013.

15 Vgl. Statistisches Bundesamt (2013). Unternehmen und Arbeitsstätten.

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Fortschritt braucht Breitband: Investitionen benötigen mehr staatliche Impulse


Westen führt sowohl bei

modernen Anschlüssen ... 10

Haushalte mit Breitband-Anschluss > 50 Mbit/s, DE, 2013, %

Selbstläufer. Kunden zeigen sich immer weniger an der Bandbreite selbst, son- dern mehr an den Diensten interessiert, die über die Technik möglich sind. Da- mit die Ausbauprojekte überhaupt wirtschaftlich werden können, braucht es demnach ein regionales Marketing, das mit attraktiven Bündelangeboten

(zusammengesetzt aus Sprachtelefonie per Festnetz und Mobilfunk, Internet,

70

Bewegbildern, Hardware) in einem hinreichend großen und homogenen Aus-

60

baugebiet (z.B. Landkreis) ausreichend viele potenzielle Kunden von den Vor-

50 teilen eines Wechsels überzeugt. Kommt darüber hinaus noch die Unterstüt-

40 zung der Politik vor Ort mit ihrem Zugang zu Bürgern, fortentwickelte Stadtwer-

30 ken als moderne Multi-Utility-Dienstleister und kommunalen Wohnungsbauge-

20 sellschaften hinzu, sind solche Projekte umso aussichtsreicher.

10

In der Praxis des Ausbaus sind neben der Marktlösung zurückgehend auf die

westl. Bundesl. östl. Bundesl. örtlichen Besonderheiten vielfältige Modelle anzutreffen. Diese reichen vom

Quelle: TÜV Rheinland

... als auch bei den

Investitionsvoraussetzungen 11

Breitband-Investitionsindex, DE, 2013

8

7

6

5

4

3

2

1

0

westl. Bundesl. östl. Bundesl.

* Je höher der Wert (Produkt aus Einwohnern pro km2 und Hauptverteilern pro km2), desto höher ist die erwartete Profitabilität der Infrastrukturinvestitionen

Quelle: Breitbandinvestitionsindex

Mit der Bandbreite wächst die Lücke

zwischen Stadt und Land 12

Eigenausbau (Staat baut Netz selbst als Eigentümer auf) über die verschiede-
nen Spielarten der Beteiligungsmodelle (Staat kooperiert beim Ausbau unmittel- bar mit privatwirtschaftlichem Unternehmen) bis hin zum Deckungslückenmodell (Staat gleicht dem privatwirtschaftlichen Investor die in den wirtschaftlich eigent- lich unrentablen Gebieten zu erwartende Wirtschaftlichkeitslücke mittels Sub- ventionen aus). Das Deckungslückenmodell erscheint in vielen Situationen be- sonders zielführend, weil es einen Ausgleich zwischen Wettbewerbs- und Aus- bauzielen sowie den Haushaltsvorgaben der Öffentlichen Hand (beispielsweise Schuldenbremse) über einen vergleichsweise kleinen und zudem zeitlich be- schränkten staatlichen Eingriff in das Marktgeschehen anstrebt.

Investitionsvolumen und Förderung des Ausbaus

Um den Breitbandausbau voranzutreiben braucht es weiterhin erhebliche Anstrengungen. So berechnet der TÜV Rheinland, dass selbst in der günstigs- ten Variante zusätzlich zu den ebenfalls anfallenden Instandhaltungskosten mindestens EUR 20 Mrd. investiert werden müssten, um aufbauend auf der bereits vorhandenen Technik allen deutschen Haushalten eine Bandbreite von wenigstens 50 Mbit/s anzubieten. Sollte dagegen der Ausbau auf der zu- kunftsweisenden Glasfasertechnologie basieren, dürften statt der EUR 20 Mrd. dann zusätzlich zu den Instandhaltungskosten sogar Investitionen von
EUR 85 bis 94 Mrd. notwendig sein. Dabei treibt hier insbesondere die bisher nur sehr geringe Verbreitung dieser Technologie in den ländlichen Regionen die notwendigen Investitionen in die Höhe.16

Breitbandverfügbarkeit in DE, % der Haushalte

100

80

60

40

20

0

≥ 1 ≥ 2

≥ 6 ≥ 16

≥ 50

Mbit/s

Mbit/s

Mbit/s

Mbit/s

Mbit/s


Stadt Land

Stand: Mitte 2013

Quelle: TÜV Rheinland

16 Vgl. TÜV Rheinland (2013). Szenarien und Kosten für eine kosteneffiziente flächendeckende

Versorgung der bislang noch nicht mindestens mit 50 Mbit/s versorgten Regionen.

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Fortschritt braucht Breitband: Investitionen benötigen mehr staatliche Impulse

Ausbau braucht Förderung mit Augenmaß

Löwenanteil knapp bei DTAG 14

Investitionen in TK-Sachanlagen, EUR Mrd.

8

7

6

5

4

3

2

1

0

02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13e

DTAG Wettbewerber

Quellen: BNetzA, Dialog Consult

Die Hälfte aller bereitgestellten Mittel

wird überhaupt abgefragt 15

Bereitgestellte und abgefragte öffentliche

Förderung in DE, EUR Mio.

400

350

300

250

200

150

100

50

0

Absehbar wird der Ausbau auf dem Land oft nur mit stärkerer staatlicher Unter- stützung glücken. Entsprechend haben Kommunen, Länder, Bund sowie die

EU mit der "Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK), dem "Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Ent- wicklung des ländlichen Raums" (ELER) und dem "Europäischen Fonds für regionale Entwicklung" (EFRE) zur Unterstützung des Breitbandausbaus bereits seit längerem etliche Förderprogramme ins Leben gerufen. Insbesondere die finanzstarken Bundesländer haben bereits Förderprogramme aufgelegt; auf- grund unterschiedlicher Politikansätze, Finanzausstattungen und geografischer Gegebenheiten allerdings mit durchaus unterschiedlichen Schwerpunkten. Bei-
spielsweise stellt Bayern (12,6 Mio. Einwohner, 70.600 km2 Fläche), das vor-
wiegend auf direkte finanzielle Unterstützung setzt, für das Erreichen der Breit- bandziele EUR 1,5 Mrd. Landesfördermittel bereit. Dagegen hält Hessen (6 Mio. Einwohner, 21.100 km2 Fläche), das bislang verstärkt auf Bürgschaften baut,
zur Erreichung der Ziele knapp EUR 500 Mio. bereit. Darüber hinaus stellt das Förderprogramm "Connecting Europe" der EU nochmals EUR 1 Mrd. für strate- gische Infrastrukturinvestitionen im Zeitraum 2014 bis 2020 bereit. Bei der Sub- ventionsvergabe betont die Politik das Effizienzgebot. Danach ist bei der Aus- wahl der förderungswürdigen Projekte in allen Bereichen der gesellschaftliche Nutzen abzuwägen.
Die politischen Institutionen auf den verschiedenen Ebenen (auch der EU) sind aufgerufen, bei etwaigen staatlichen Subventionen darauf zu achten, dass we- der die Aussicht auf mögliche Subventionen noch die Vergabe der Gelder selbst zu ungewollten Wettbewerbsverzerrungen führen. Subventionen sollten dem- nach allein dann eingesetzt werden, wenn eine privatwirtschaftliche Lösung in einer bestimmten Region absehbar nicht zustande kommen kann, der Ausbau
der Infrastruktur aber politisch gewollt ist.17

Länderprog. GAK/ELER EFRE

nicht abgefragt abgefragt

GAK: Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der

Agrarstruktur und des Küstenschutzes;

ELER: Europäischer Landwirtschaftsfonds für die

Entwicklung des ländlichen Raums;

EFRE: Europäischer Fonds für regionale Entwicklung

Quelle: Goldmedia

Leuchtturmprojekte in den Regionen äußerst variantenreich 16

Rüsselsheim: Die Stadtwerke Rüsselsheim wollen bis zum Jahr 2020 für das gesamte Gebiet der Stadt Rüsselsheim einen Zugang zum Glasfasernetz ermöglichen. Dazu werden Investitionen von EUR 40 Mio. veranschlagt. Davon sind EUR 30 Mio. beihilfefrei über eine Landesbürgschaft abge- deckt. Die Stadtwerke sind dabei auf allen drei Ebenen der Wertschöpfung beteiligt: beim Bau und Betrieb der Infrastruktur sowie der Vermarktung der Telekommunikations-Dienstleistungen über das Netz. Beabsichtigt ist, das Glasfasernetz in Rüsselsheim auch als Open-Access-Netz zu be-

treiben, bei dem auch andere Dienstanbieter einen Zugang zur Glasfaser als Übertragungsmedium

erhalten. Beim Ausbau kooperieren die Stadtwerke Rüsselsheim mit dem kommunalen Wohnungs- baudienstleister gewobau.

Landkreis Odenwald: Die Odenwald-Regionalgesellschaft mbH (Oreg) führt den Breitbandausbau über die Brenergo GmbH, eine 100%-Tochter der Oreg, mit dem Odenwaldkreis als Hauptgesell- schafter, durch. Als Netzbetreiber fungiert HSE Medianet. Das Investitionsvolumen für die zu er- stellenden 320 km Netz liegt bei EUR 20 Mio. Dieses Volumen ist durch Kredite der regionalen Banken finanziert und mit Landesbürgschaften hinterlegt. Mit dem Ausbau soll ein durchgehendes Leitungssystem entstehen, das in bereits mit Glasfaser durchzogenen Gebieten parallel zu den bestehenden Kabeln verlegt wird. Ziel dabei ist es, 97% aller potenziellen Nutzer in den 15 Städten und Gemeinden des Landkreises, d.h. 44.000 Haushalten und 3.000 Unternehmen, die Breitband- nutzung mit wenigstens 50 Mbit/s zu ermöglichen. Das Risiko einer zu geringen Netzauslastung trägt die Brenergo.

Landkreis Marburg-Biedenkopf: Landkreis und Deutschen Telekom AG haben sich vertraglich auf einen flächendeckenden Ausbau des Breitbandnetzes bis Mitte 2015 verständigt. Dabei soll den Unternehmen und Einwohnern in den 22 Städten und Gemeinden der Internet-Zugang mit wenig- stens 25 Mbit/s ermöglicht werden. Während die Breitbrandgesellschaft des Kreises den Netzaus- bau übernimmt, ist die Deutsche Telekom AG für Technik und Betrieb des Netzes zuständig. Das Investitionsvolumen liegt bei EUR 10 Mio. Das Projekt orientiert sich am Deckungslückenmodell. Danach wird die Wirtschaftlichkeitslücke, die zwischen Investitionskosten und Erlösen zu erwarten ist, durch Zuschüsse der Öffentlichen Hand gedeckt.

17 Vgl. BMWi (2012). Möglichkeiten der Breitbandförderung.

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Fortschritt braucht Breitband: Investitionen benötigen mehr staatliche Impulse

Kooperation zwischen Privatwirtschaft und Öffentlicher Hand kann vielfältig ausfallen

Ähnliche Bilder bei Wirtschaftsleistung … 17

Bruttoinlandsprodukt pro Kopf nach

Landkreisen

*Je dunkler die Farbe, desto größer die Wirtschaftsleistung

Quelle: Deutsche Bank Research

… wie bei Breitbandversorgung 18

Versorgung mit Breitband von wenigstens

50 Mbit/s

Je heller die Farbe, desto höherer der Versorgungsgrad

Quelle: TÜV Rheinland, BMVI

Neben einer direkten finanziellen Förderung gibt es auch andere Varianten staatlicher Unterstützung. Diese reichen von der Aufbereitung von Infrastruktur- informationen über die Gewährung staatlicher Bürgschaften bis hin zur Auftei- lung von Projektrisiken über die verschiedensten Formen einer öffentlich- privaten Partnerschaft (ÖPP auch: Public Private Partnership, PPP).18 Grund- sätzlich gehen bei ÖPP-Projekten die verschiedenen Verwaltungsebenen der Öffentlichen Hand (also Bund, Länder, Gemeinden) Projektpartnerschaften mit privatwirtschaftlichen Unternehmen ein. Bei diesen partnerschaftlichen Infra- strukturprojekten sollen demnach die erforderlichen Ressourcen (z.B. Projekt-
wissen, Kapital) in einem gemeinsamen Projekt eingebracht werden.
Die Konditionen solcher Partnerschaften sind hinsichtlich Planung, Bau, Finan- zierung, Erhaltung, Betrieb, Projektrisiko, der Eigentumsverhältnisse und Ein- nahmen äußerst variantenreich. Dies rührt daher, dass jedes Projekt mit äußerst unterschiedlichen lokalen Gegebenheiten (z.B. Topografie, Infrastrukturvoraus- setzungen) startet. Ausbauprojekte im Landkreis Odenwald, im Landkreis Mar- burg-Biedenkopf, im Main-Kinzig-Kreis, im Landkreis Hersfeld-Rotenburg oder
in Rüsselsheim deuten die mögliche Spannbreite an.
Obgleich diese partnerschaftlichen Geschäftsmodelle in der Praxis des Breit- bandausbaus eine durchaus untergeordnete Rolle spielen, eröffnen sie dennoch notwendige Handlungsoptionen für staatliche Einflussnahme, die fallbezogen angewendet werden können - bestenfalls allerdings immer auch mit einer zeit- lich beschränkten Komponente. Freilich sollte die Kooperation zwischen den staatlichen Einheiten vor Ort (z.B. die Kommune, der Landkreis) und der Privat- wirtschaft zumindest soweit gehen, dass sich die jeweiligen Vorstellungen zum Ausbau nicht überlagern oder gar behindern - was derzeit in der Praxis leider immer wieder vorkommt.

Fazit: Netzausbau notwendig, um Wettbewerbspotenzial zu sichern

Innovative Anwendungen für den Bereich der Unternehmen, aber auch der Pri- vathaushalte, die im Umfeld Industrie 4.0, Cloud Computing, Internet der Dinge, Telemedizin oder Social Media firmieren, deuten den Kapazitätshunger, den die kommenden Jahre mit sich bringen, lediglich nur an. Um jedoch den Infrastruk- turausbau hinreichend schnell voranzutreiben, müssen technische, regulatori- sche und wirtschaftliche Hürden bald genommen werden. Der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Dringlichkeit entsprechend befassen sich etliche politi- sche Gremien auf den verschiedenen Verwaltungsebenen seit geraumer Zeit
mit der Forcierung des Breitbandausbaus. Die Schlussfolgerungen und Hand- lungsempfehlungen der verschiedenen Verwaltungsebenen erscheinen aber allzu oft inkonsistent, was immer wieder zu Verzögerungen führt. Dies stimmt nachdenklich, weil die Leistungsfähigkeit der Kommunikationsinfrastruktur über die Leistungsfähigkeit und den Entwicklungspfad einer Volkswirtschaft ent- scheidet.
Bereits in der günstigsten, da überwiegend kupferbasierten Variante liegt der Investitionsbedarf für den Breitbandausbau in Deutschland bei EUR 20 Mrd. Weite Teile der Wirtschaft bezeichnen dies allerdings heute bereits als unzurei- chend. Sie fordern den Ausbau der zukunftsweisenden Glasfasertechnologie.

18 Vgl. Heng, Stefan, u.a. (2009). Finanzierung - wichtiger Bestandteil eines erfolgreichen Breit- bandausbaus. In: BMWI. Vierter Nationaler IT-Gipfel.

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Fortschritt braucht Breitband: Investitionen benötigen mehr staatliche Impulse

Situation in Stadt und Land stellt sich völlig unterschiedlich dar

Politik muss konsistent und verlässlich sein

Vor dem Ziel stehen noch einige

Hürden

Hier würden die notwendigen Investitionen sogar bei EUR 90 Mrd. liegen. Der
Investitionsbedarf ist also enorm.
Unter den aktuellen politischen und regulatorischen Vorgaben führt die für Breitbandprojekte spezifische Kostenstruktur dazu, dass sich in einem wettbe- werblich orientierten Markt der Ausbau vornehmlich auf die dichtbesiedelten Regionen konzentriert. Ursache hierfür ist das dort vorliegende günstige Ver- hältnis zwischen den Anschlusskosten und dem erwarteten Ertrag. Entspre- chend entstehen in den Ballungsgebieten heute bereits (mehr oder minder schnell) moderne Kommunikationsnetze - ganz ohne staatliche Subventionen und Universaldienstverpflichtung für Breitband.19 Dagegen wird unter den ak- tuellen politischen und regulatorischen Vorgaben der Breitbandausbau auf dem
Land allein auf Basis eines betriebswirtschaftlichen Kalküls absehbar nicht ent- scheidend vorankommen.
Grundsätzlich hängt die wirtschaftliche Planbarkeit langfristig angelegter Infra- strukturinvestitionen unmittelbar mit der Verlässlichkeit politischer Vorgaben zusammen. Hierbei kommt es darauf an, dass die politischen Handlungsträger auf den verschiedenen Verwaltungseinheiten (von den Kommunen bis hin zur EU) ihre Position hinsichtlich kritischer Themen wie Preisdifferenzierung nach Regionen und Servicequalitäten20 auch untereinander konsistent abstimmen.21
Beispielsweise dürfte die Möglichkeit zur Preisdifferenzierung, wie sie der US- Regulierer FCC nun erlaubt, dazu führen, dass Infrastrukturinvestitionen in länd- lichen Regionen unter marktwirtschaftlichem Kalkül überhaupt erst durchgeführt werden. Die zahlreichen politischen Entscheidungsträger der verschiedenen Verwaltungseinheiten sind also aufgerufen, zusammen mit den Infrastrukturan- bietern, Finanziers und den Anwendern Investitions-, Finanzierungs- und Betei- ligungsmodelle zu entwickeln, die einen wirtschaftlichen Ausbau der Breitband- infrastruktur großflächig ermöglichen.

Ausblick: Staat muss sich in der Fläche stärker engagieren, wenn

Versprechen vom leistungsfähigen Breitband wahr werden soll

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Politik bereits Schritte in die richtige
Richtung getan hat. Diesbezüglich sind beispielsweise die neu gegründete
"Netzallianz Digitales Deutschland" mit dem avisierten Kursbuch, die Änderun- gen der Gemeindeordnung, die den Gebietskörperschaften mehr Spielraum bei bedarfsgerechten Eingriffen (insbesondere auch für den Breitbandausbau) ein- räumen, wie auch die für die Novelle des Telekommunikationsgesetzes ange- dachte erweiterte Netz-Zugangsverpflichtung (bislang gilt dies nur für das Netz der DTAG) zu nennen. Allerdings müssen diesen Schritten dann auch weitere beherzte Schritte hin zu einer verbesserten Breitbandversorgung folgen. So
sollten das Fördervolumen22 sowie die Effizienz von Förderprogrammen erhöht,
blockierende Konkurrenzsituationen zwischen den staatlichen Einheiten vor Ort und der Privatwirtschaft vermieden sowie Kooperationsmöglichkeiten bei Bau und Nutzung der Netze (insbesondere auch Whole-Buy) verbessert werden.
Dabei ist wesentlich, dass es angesichts der lokalen Besonderheiten eines je- den Projektes (z.B. hinsichtlich Topografie, Infrastrukturausstattung, politischer

19 Die Universaldienstverpflichtung für Breitband beschreibt einen auf Daseinsvorsorge zurück- gehenden rechtlichen Anspruch auf Breitbandzugang für jedermann.

20 Die Servicequalität (Quality of Service, QoS) bezieht sich auf verschiedene Aspekte der Übertra-

gungsleistung (z.B. Laufzeit-Verzögerung (Latenz), Laufzeit-Varianz (Jitter), Datenverlust-Rate).

21 Vgl. Heng, Stefan (2011). Netzneutralität: Innovation und Differenzierung keine Antipoden.

Deutsche Bank Research.

22 Zur Finanzierung der vermehrten Staatsausgaben macht beispielsweise Prof. Gerpott, Ordinarius für Unternehmens- und Technologieplanung an der Universität Duisburg-Essen, den sicherlich pointierten Vorschlag, dass der Bund seine Anteile an der Deutsche Telekom AG verkaufen sollte (vgl. Gerpott, Torsten J. (10.7.2014). Wer bezahlt das Internet? Frankfurter Rundschau).

9 | 31. Juli 2014 Aktuelle Themen


Fortschritt braucht Breitband: Investitionen benötigen mehr staatliche Impulse

Staatliches Engagement steht immer auch unter Effizienzgebot

Breitbandausbau braucht staatliche

Unterstützung mit Augenmaß

und budgetärer Handlungsspielräume) für den Breitbandausbau in Deutschland insgesamt keine Standard-Blaupause gibt; dies haben auch die Leuchtturm- projekte vor Ort in den Regionen überdeutlich gemacht. Ausgehend von einer realistischen Wirtschaftlichkeitsprüfung sollte demnach jeweils das hinsichtlich Technik (Wo braucht es Festnetz, wo sind alternative, aber weniger leistungs- starke Technologien wie Funk oder Satellit hinreichend?), Finanzierung und Zeitablauf beste Ausbaumodell erarbeitet werden. Dabei ist klar, dass der Aus- bau nur dann wirtschaftlich werden kann, wenn die zur Netztechnik passenden modernen Dienste (von der fortschreitenden Automatisierung bei Wertschöp- fung und Gebäudeausstattung über Cloud Computing bis hin zu hochqualitati- vem Video-Streaming, sozialen Netzwerken und Gaming) verfügbar sind. Dies gilt umso mehr, als die Kunden immer weniger auf die Technik selbst, sondern nachvollziehbarerweise immer stärker auf die Dienste Wert legen, die die Tech- nik möglich macht.
Während der Ausbau in den dichtbesiedelten Regionen vorankommt, gibt es für Projekte auf dem Land ohne staatliche Subventionen zumeist kein Geschäfts- modell. Unter den aktuellen politischen und regulatorischen Vorgaben führt die für Breitbandprojekte spezifische Kostenstruktur dazu, dass der Breitbandaus- bau auf dem Land auf Basis eines betriebswirtschaftlichen Kalküls absehbar nicht entscheidend vorankommen wird; speziell in etlichen Teilen Mecklenburg- Vorpommerns, Brandenburgs oder auch der Oberpfalz. Will der Staat also die selbst gesteckten Ausbauziele in der vorgegebenen Zeit erreichen, muss er
sich - zumindest in der Fläche - auch finanziell stärker als bisher beteiligen. Im marktwirtschaftlichen Kontext erscheint hierbei in vielen Situationen das Deckungslückenmodell besonders zielführend. Dies liegt daran, dass es einen Ausgleich zwischen Wettbewerbs- und Ausbauzielen sowie Haushaltsvorgaben der Öffentlichen Hand über einen vergleichsweise kleinen und zudem zeitlich beschränkten staatlichen Eingriff in das Marktgeschehen anstrebt. Doch auch wenn sich der Staat beim Ausbau stärker engagiert, bleibt es allein schon auf- grund des Effizienzgebots der Subventionspolitik bei der ebenso einfachen wie bitteren Wahrheit: Bei begrenzten Ressourcen (vom Budget über das Fachper- sonal bis hin zu den Kapazitäten im Tiefbau) und betriebswirtschaftlichen Ren- tabilitätszielen wird ein Netz in bester Qualität absehbar nicht flächendeckend ausgerollt werden können.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es in Deutschland mehr staatliche Impulse braucht, damit die politisch gesetzten Breitband-Ziele auch tatsächlich erreicht werden. Darüber hinaus gilt bei jeglichem staatlichen Engagement aber auch, dass eine dauerhafte Re-Monopolisierung oder gar großflächige Rückver- staatlichung genau die Ineffizienzen befördert, die mit der Postreform vor einem Vierteljahrhundert angegangen wurden. Der Breitbandausbau braucht also staatliche Unterstützung, dies allerdings koordiniert und mit Augenmaß. Denn langfristig wäre mit umfassenden aktionistischen Eingriffen in den Wettbewerb weder der Telekommunikation als Branche noch der Volkswirtschaft als Ganzes geholfen.

Stefan Heng (stefan.heng@db.com, +49 69 910-31774)

Christoph Laskawi (christoph.laskawi@db.com, +49 69 910-31924)

10 | 31. Juli 2014 Aktuelle Themen


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