Berlin (Reuters) - Trotz zuletzt eingebrochener Aufträge haben die deutschen Unternehmen ihre Produktion im November gesteigert.

Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 0,2 Prozent mehr her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Experten zufolge stützen die in den vergangenen Monaten wegen Lieferengpässen liegengebliebenen unerledigten Aufträge die Erzeugung. "In den kommenden Monaten könnten langsam schwindende Materialengpässe die Industriekonjunktur weiter stützen", hofft das Bundeswirtschaftsministerium. Im Oktober war die Produktion noch um revidiert 0,4 (bisher: -0,1) Prozent gesunken.

Ungeachtet der Energiekrise, stark steigender Preise und hoher geopolitischer Unsicherheiten wie dem russischen Krieg wegen die Ukraine rechnen auch Ökonomen nicht mit einem baldigen Einbruch. "Die Industrieproduktion trotzt bisher allen Problemen, weil die nachlassenden Materialengpässe es den Unternehmen erlauben, die sehr hohen Auftragsbestände abzuarbeiten", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Aber auf Dauer kann sich die Industrieproduktion nicht von den Auftragseingängen abkoppeln, die seit dem Frühjahr fallen." Die weltweit steigenden Zinsen würden für eine leichte Rezession im ersten Halbjahr sprechen.

Vier von zehn Firmen in Deutschland rechnen in diesem Jahr mit einer Rezession. Nur gut ein Viertel der Betriebe setzt auf eine höhere Geschäftstätigkeit und rund 35 Prozent auf eine Stagnation, wie aus einer Umfrage des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) unter 2500 Unternehmen hervorgeht. Deren Geschäftserwartungen trübten sich erheblich ein. "In der Bauwirtschaft wird eine ernste Rezession vorhergesehen, auch in der Industrie dominieren die Pessimisten", so das IW. Die verschlechterten Produktionserwartungen für 2023 seien in allen Wirtschaftsräumen nahezu gleichermaßen zu beobachten.

KRÄFTIGER RÜCKGANG AM BAU

Die exportabhängige Industrie hat zuletzt wegen der schwächelnden Weltkonjunktur den stärksten Auftragseinbruch seit mehr als einem Jahr erlitten: Die Bestellungen fielen im November um 5,3 Prozent geringer aus als im Vormonat. Dazu trugen ausbleibende Großaufträge bei, weil viele Unternehmen wegen steigender Zinsen, Rezessionsgefahr und hoher Energiekosten größere Ausgaben scheuen. Die Klagen in der Branche über fehlende Materialien nahmen im Dezember hingegen den dritten Monat in Folge ab: 50,7 Prozent der Unternehmen litten noch darunter, nach 59,3 Prozent im November, wie das Ifo-Institut herausfand. "Vor ein paar Monaten musste man befürchten, dass die Industriekonjunktur angesichts einer drohenden Gasmangellage einknicken könnte", sagte LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch. "So kam es nicht." Das zeige die bemerkenswerte Flexibilität der Industrie, die in erheblichem Maße zur Senkung des Gasverbrauchs beigetragen habe.

Die Industrie allein stellte im November 0,5 Prozent mehr her als im Vormonat. Die Produzenten von Investitionsgütern wie Autos und Maschinen steigerten dabei ihren Ausstoß um 0,7 Prozent. Bei Konsumgütern sank er dagegen um 1,5 Prozent, bei Vorleistungsgütern wuchs er um 1,1 Prozent. Die Baubranche meldete einen Rückgang von 2,2 Prozent. Die Energieversorger fuhren ihre Erzeugung um 3,0 Prozent nach oben.

(Bericht von Rene Wagner und Klaus Lauer, redigiert von Hans Seidenstücker - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)