"Als Antwort auf die jüngsten Unruhen und die Verletzung von 30 Mitgliedern der Nato Kosovo Force, hat die Nato die Stationierung ihrer Operational Reserve Forces (ORF) für den Westlichen Balkan angeordnet", hieß es in einer Erklärung der Allianz am Dienstag. Am Montag war es in der Ortschaft Zvecan in der Nähe der faktisch geteilten Stadt Mitrovica im Norden des Kosovo zu schweren Ausschreitungen gekommen, bei denen 30 Nato-Soldaten und 52 Serben verletzt worden waren.

Am Dienstag kam es zu einem weiteren Zwischenfall, als maskierte serbische Männer in der Ortschaft Leposavic im Norden des Kosovo zwei Autos von Journalisten mit albanischem Kennzeichen angriffen, wie ein Reuters-Reporter beobachtete. In Zvecan sicherten am Dienstagmorgen Dutzende Nato-Soldaten die Innenstadt. Mehrere ethnische Serben versammelten sich vor dem Rathaus und standen den Soldaten aus den USA, Italien und Polen gegenüber. Die Lage dort blieb ruhig, wie ein Reuters-Reporter beobachten konnte.

Das Auswärtige Amt in Berlin verurteilte am Montagabend die Angriffe "auf das Schärfste". "Wir fordern die sofortige Einstellung jeglicher Gewalt und aller Handlungen, die zu weiteren Spannungen führen", erklärte ein Ministeriumssprecher. "Eine Deeskalation der Lage ist jetzt dringend erforderlich." Auch das französische Außenministerium und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderten beide Seiten zu einem verantwortlichen Handeln auf.

"KEIN RAUM FÜR FASCHISTISCHE GEWALT"

Hintergrund des wieder aufgeflammten Konflikts zwischen der serbischen Minderheit und der albanischen Mehrheit im Kosovo sind die Kommunalwahlen vom 23. April. Die Serben, die im nördlichen Landesteil die Mehrheit der Bevölkerung stellen, hatten die Wahlen boykottiert. In der Folge gewannen auch in mehrheitlich serbisch bewohnten Gemeinden albanische Bürgermeisterkandidaten. Zu deren Amtsantritten am Montag versammelten sich ethnische Serben zu Demonstrationen.

Aus Protest gegen die Politik der albanischen Bevölkerungsgruppe hatten sich ethnische Serben bereits im vergangenen Jahr aus der Polizei und anderen öffentlichen Positionen zurückgezogen. Der Kosovo hatte 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Diese wird jedoch weder von Serbien noch von der serbischen Bevölkerungsgruppe im Kosovo anerkannt. Die von der Nato geführte KFOR soll seit 1999 auf Basis eines UN-Mandats für Sicherheit in dem Land sorgen.

Die Regierung des Kosovo machte Serbiens Präsident Aleksandar Vucic für die Entwicklung verantwortlich, der dies zurückwies. Kosovos Ministerpräsident Albin Kurti schrieb am Montagabend auf Twitter: "In einer Demokratie gibt es keinen Raum für faschistische Gewalt." Serbien versetzte seine Streitkräfte in höchste Gefechtsbereitschaft, wie Verteidigungsminister Milos Vucevic mitteilte. Vucic werde sich am Dienstag mit den Botschaftern der Vereinigten Staaten, Italiens, Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens - der sogenannten Quint-Gruppe - treffen, teilte das Büro des Präsidenten in Belgrad mit. Danach werde er getrennte Treffen mit den Botschaftern Finnlands, Russlands und Chinas abhalten.

(Bericht von Fatos Bytyci, Alvise Armellini, John Irish, Alexander Ratz; Redigiert von Christian Rüttger; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)