Zug (awp) - Der Zementhersteller Holcim gibt am Donnerstag, 25. April, das Geschäftsergebnis zum ersten Quartal 2024 bekannt. Insgesamt zehn Analysten haben zum AWP-Konsens beigetragen.

Q1 2024E
(in Mio Fr.)                   AWP-Konsens   Q1 2023A   

Umsatz                             5648       5725
- Like-for-like Wachstum (in %)     2,0        8,0
EBIT*                               510        493

* wiederkehrend

FOKUS: Holcim dürfte ein solides erstes Quartal vorlegen und die Finanzziele für das Gesamtjahr bestätigen. Analysten rechnen mit einem moderaten Rückgang des Umsatzes, aber mit einem leichten Anstieg des wiederkehrenden EBIT. Die operative Marge wird besser geworden sein. So dürfte das Geschäft auf vergleichbarer Basis zugelegt haben. Die Wachstumssparte Lösungen & Produkte profitiert seit Herbst wieder von steigenden Bestellungen der Dachdecker, die im letzten Jahr ihre Lager geleert hatten. Zudem stützen Firmenkäufe den Umsatz. Auf der anderen Seite wird der starke Franken aufs Ergebnis gedrückt haben. Des weiteren fand Ostern in diesem Jahr im ersten Jahresviertel statt, was die Entwicklung leicht gebremst haben dürfte. Allerdings ist das erste Quartal wegen des Winters auf der Nordhalbkugel das kleinste Quartal von Holcim. Der Feiertagseffekt wird sich dann im zweiten Quartal umgekehrt auswirken. Den Konzerngewinn gibt das Unternehmen an ungeraden Quartalen nicht bekannt.

ZIELE: Holcim geht mit Schwung ins letzte Jahr als weltumspannender Baustoffkonzern: Vor der Abspaltung des Nordamerika-Geschäfts im 2025 (s. pro memoria) will der Zement- und Baumaterialhersteller im laufenden Jahr nochmals Spitzenergebnisse erzielen. "2024 wird ein neues Rekordjahr", kündigte der neue Konzernchef Miljan Gutovic im Februar an, der am 1. Mai das CEO-Amt vom bisherigen Holcim-Boss Jan Jenisch übernimmt. Der Umsatz solle um über 6 Prozent zulegen. Davon kämen mehr als 4 Prozent vom Wachstum aus eigener Kraft, also organisch. Zudem sollen Firmenkäufe den Umsatz um über 2 Prozent steigern. Der wiederkehrende Betriebsgewinn auf vergleichbarer Basis soll gleichzeitig überproportional zulegen. Die entsprechende Marge soll auf 18 Prozent steigen. Der Free Cashflow wird bei über 3 Milliarden Franken erwartet.

Auch wenn Holcim nach der Abspaltung des Nordamerika-Geschäfts kleiner wird als Konkurrent Heidelberg Materials, will der Konzern wieder zurück an die Spitze. Das Ziel sei, wieder zum "umsatzstärksten Baustoffkonzern" werden zu wollen, sagte Jenisch Ende Februar in einem Interview.

PRO MEMORIA: Holcim hat auch im Jahr 2024 wieder Akquisitionen getätigt: Anfang April wurde der argentinische Spezialist für Betonteile, Tensolite, mit einem Umsatz von 22 Millionen US-Dollar gekauft. In der Schweiz übernahm Holcim Ende März den bisherigen Westschweizer Partner Cand-Landi, der auf Baustoffe, Recycling, Erdbau, Logistik und Rohrleitungsunterhalt spezialisiert ist. Im vergangenen Jahr hatte der Konzern 28 Übernahmen von Firmen getätigt. Das war ein neuer Rekord.

Holcim hat am 18. März sein Aktienrückkaufprogramm über 1 Milliarde Franken gestartet, das bis noch bis Ende Jahr läuft. Im Abschluss soll die Vernichtung der Aktien an der Generalversammlung 2025 genehmigt werden.

Ende Januar hatte Holcim überraschend angekündigt, das Nordamerika-Geschäft im nächsten Jahr von Holcim zu trennen und als vollständig unabhängiges Unternehmen in den USA an die Börse zu bringen. Hintergrund sind die billionenschweren Investitionsprogramme der US-Regierung: "Sie werden in den nächsten acht bis zehn Jahren zu nie dagewesenen Ausgaben für die Bauindustrie führen", sagte Holcim-Präsident Jan Jenisch. Die Aufspaltung sei nötig, um das Potential gänzlich auszuschöpfen und voll durchzustarten. "Das Geschäft ist zu gross geworden, um es als Tochterfirma zu führen. Wir haben das Business in den letzten vier Jahren praktisch verdoppelt." Es sei der grösste Zementhersteller in Nordamerika und die Nummer 3 im Dachgeschäft. Bei Zuschlagsstoffen und Transportbeton liege der Konzern auf Platz 5.

Das Nordamerika-Geschäft mit einem Umsatz von über 11 Milliarden US-Dollar und einem Betriebsgewinn (EBIT) von 2 Milliarden Dollar werde ein Rockstar-Unternehmen, sagte Jenisch. Auch Holcim alleine ist laut Jenisch ein Champion mit einem Umsatz von 17 Milliarden Franken im Jahr und einem EBIT von über 2,7 Milliarden Franken. In Europa will der Restkonzern von der Dekarbonisierung und dem Trend zur Nachhaltigkeit durch den "Green Deal" der EU profitieren. Die Bedingungen für die Abspaltung sollen im zweiten Halbjahr an zwei Investorentagen in Europa und in den USA präsentiert werden.

Gleichzeitig hat Holcim Europa-Chef Miljan Gutovic per 1. Mai zum neuen CEO ernannt. Er löst damit Jenisch ab, der sich auf seine Rolle als Verwaltungsratspräsident konzentrieren wird. Jenisch wird ausserdem die Ausgliederung und Kotierung des Nordamerikageschäfts in den USA leiten.

Weiterhin am Konzern klebt die Syrien-Affäre von Lafarge aus den Jahren vor der Übernahme durch Holcim: Die französische Antiterrorbehörde (Pnat) wirft ehemaligen Lafarge-Managern, darunter den früheren Konzernchef Bruno Lafont die Finanzierung von Terroraktivitäten in den Jahren 2013 und 2014 vor.

Zuvor war Lafarge Mitte Januar im Pariser Prozess um die Aktivitäten im Bürgerkriegsland Syrien mit einem Rekurs teilweise gescheitert. Der französische Kassationsgerichtshof hat die Anklage wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit und wegen Finanzierung von Terroraktivitäten zugelassen. Dagegen hob das oberste Gericht den Anklagepunkt wegen Gefährdung des Lebens seiner syrischen Angestellten auf.

Auch in den USA hat Lafarge die Justiz am Hals: Mitte Dezember haben jesidische Amerikaner eine Klage bei einem Bundesgericht in New York eingereicht. Sie werfen Lafarge Terrorfinanzierung und Verschwörung mit dem IS im syrischen Bürgerkrieg vor.

AKTIENKURS: Mit einem Plus von rund 18 Prozent im bisherigen Jahresverlauf gehören die Holcim-Titel zu den Favoriten unter den Blue Chips. In der gleichen Zeit hat sich der Leitindex SMI flach entwickelt. Vom Jahreshoch von knapp 82 Franken sind die Titel derzeit mit 78,26 Franken allerdings wieder ein Stück entfernt. Bereits im letzten Jahr hatten sich die Papiere überdurchschnittlich entwickelt.

jl/an/jb