KIEW (AFP)--Als Reaktion auf die Gräueltaten von Butscha haben westliche Staaten ihre Sanktionen gegen Russland verschärft. Die USA und Großbritannien verhängten am Mittwoch neue Sanktionspakete, die unter anderem Strafmaßnahmen gegen Russlands größte Bank Sberbank und ein Verbot neuer Investitionen in Russland enthalten. Auch die EU bereitet weitere Sanktionen vor. Die Kommission in Brüssel schlug zunächst einen Kohle-Importstopp vor, laut EU-Ratspräsident Charles Michel soll es mittelfristig zudem wohl Öl- und Gasembargos geben.

"Ich habe klar gemacht, dass Russland für seine Gräueltaten in Butscha einen hohen und sofortigen Preis zahlen wird", schrieb US-Präsident Joe Biden im Kurzbotschaftendienst Twitter. Später sprach er erneut von "Kriegsverbrechen". Im Kiewer Vorort Butscha waren nach dem Abzug der russischen Truppen die Leichen dutzender Zivilisten gefunden worden. Kiew und seine westlichen Verbündeten sprachen von "Kriegsverbrechen" und "Verbrechen gegen die Menschlichkeit".

Das Weiße Haus erklärte, die neuen Sanktionen seien in Abstimmung mit der EU und den anderen G7-Staaten beschlossen worden und würden "verheerende" Auswirkungen auf die russische Wirtschaft haben. US-Außenminister Antony Blinken sagte bei einem Besuch in Brüssel, die USA und ihre Partner würden weiter "außerordentlichen Druck auf Russland" machen.

Die neuen US-Sanktionen betreffen unter anderem die russischen Großbanken Sberbank und Alfa Bank sowie die Töchter von Kreml-Chef Wladimir Putin, Maria Worontsowa und Katerina Tichonowa. Außerdem werden jegliche neue Investitionen von US-Bürgern in Russland verboten, "was Russland weiter von der Weltwirtschaft isolieren wird", wie das Weiße Haus erklärte.

Großbritannien untersagte ebenfalls Investitionen in Russland und fror neben den Vermögenswerten der Sberbank auch jene der Credit Bank of Moscow ein. Die Regierung in London kündigte zudem einen Importstopp von russischer Kohle und russischem Öl ab 2023 an. Möglichst bald sollen demnach auch die Gas-Importe aus Russland gestoppt werden. Mit der jüngsten "Maßnahmenwelle" gegen Russland werde die "Kriegsmaschinerie Putins dezimiert", erklärte Außenministerin Liz Truss.

Die Europäer sind bei der Frage nach einem Energie-Embargo gespalten. Ratspräsident Michel sagte am Mittwoch in Straßburg, er "glaube, dass Maßnahmen auf Öl und sogar auf Gas früher oder später notwendig sein werden".

Besonders Deutschland und Österreich lehnen ein Gasembargo bislang ab und verweisen auf ihre Abhängigkeit von russischen Importen. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban kündigte an, einen Importstopp sowohl von Öl als auch von Gas mit seinem Veto zu verhindern. Ungarn werde "nicht dem Druck nachgeben, die Sanktionen auf russisches Öl und Gas auszuweiten", sagte Orban. Er äußerte zudem die Bereitschaft, russische Gaslieferungen in Rubel zu zahlen - und stellte sich damit gegen die Haltung der restlichen EU-Mitglieder.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die Europäer wegen ihres Zögerns beim Verhängen von Energiesanktionen gegen Russland am Morgen kritisiert. Die "russische Militärmaschinerie" dürfe nicht länger mit Geld aus Energieexporten versorgt werden, sagte er bei einer Rede vor dem irischen Parlament.

Zu den Befürwortern härterer Sanktionen gegen Russland gehört Litauen. Dessen Außenminister Gabrielius Landsbergis äußerte sich "enttäuscht", dass das von der EU-Kommission vorgeschlagene Sanktionspaket nicht auch Öl umfasst. Er nannte die neuen Strafmaßnahmen am Rande des Nato-Rats in Brüssel viel zu schwach, um Putin zu stoppen. Genauso könne die EU "Kerzen und Brennholz" verbieten, fügte er sarkastisch hinzu.

Das neue EU-Sanktionspaket soll nach Angaben von Diplomaten voraussichtlich noch in dieser Woche verabschiedet werden. Vorgesehen ist neben einem Importstopp von russischer Kohle eine Sperre der europäischen Häfen für russische Schiffe.

Darüber hinaus stehen auf der von der EU-Kommission vorgelegten Sanktionsliste 18 Institutionen und 217 Einzelpersonen, darunter Putins Töchter, Sberbank-Chef Herman Gref und der Oligarch und Waffenfabriken-Besitzer Oleg Deripaska.

DJG/brb

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April 06, 2022 13:41 ET (17:41 GMT)