New York (Reuters) - Donald Trump ist als erster ehemaliger Präsident in der US-Geschichte angeklagt worden.

In der am Dienstag vor einem Gericht in New York vorgelegten Anklageschrift wird dem Republikaner vorgeworfen, in 34 Fällen Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben. Der 76-Jährige plädierte auf nicht schuldig. Die Anklage steht im Zusammenhang mit Schweigegeld-Zahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels kurz vor der Wahl 2016 und dem Playboy-Model Karen McDougal. Der nächste Gerichtstermin wurde auf den 4. Dezember angesetzt, weniger als ein Jahr vor der Präsidentenwahl. Trump hat angekündigt, ungeachtet des Ausgangs des Verfahrens antreten zu wollen.

Mit der Verlesung der Anklage waren eine Reihe von Formalien verbunden. Der Zeitung "New York Times" zufolge wurden Trump die Fingerabdrücke abgenommen, jedoch kein Polizeifoto angefertigt - der "mugshot", über den spekuliert worden war. Insgesamt hielt Trump sich etwa eine Stunde im Gericht auf. Weder beim Betreten noch Verlassen des Gebäudes sprach er zu den Schaulustigen und Journalisten. Er fuhr nach dem Termin sofort zum Flughafen. Am Abend (Ortszeit; Nacht auf Mittwoch MESZ) sollte er sich von seinem Anwesen in Florida aus äußern. Trumps Anwalt Todd Blanche zeigte sich kampfeslustig. Trump sei frustriert, verärgert und wütend. "Aber ich sage Ihnen was: Er ist motiviert." Das Verfahren werde Trump nicht stoppen. "Und es wird ihn nicht ausbremsen. Und es genau das, was er erwartet hatte."

"ALSO, WAS MÜSSEN WIR DAFÜR ZAHLEN?"

Daniels hat erklärt, dass sie 130.000 Dollar erhalten hatte, um während des Wahlkampfs über eine sexuelle Beziehung zu Trump 2006 zu schweigen. Derartige Zahlungen an sich sind in den USA nicht strafbar. Das Verfahren dreht sich um die Frage, ob das Geld falsch abgerechnet und dabei gegen Gesetze verstoßen wurde. Der Anklage zufolge sollen Trump versucht haben, durch Zahlungen die Veröffentlichung von schädlichen Informationen über ihn vor der Wahl unterdrückt zu haben. Dies wäre ein Verstoß gegen Wahlkampfgesetze. Die Staatsanwaltschaft verwies etwa auf eine Tonaufnahme von 2016, in der zu hören sein soll, wie Trump und sein Anwalt über Wege sprechen, Berichte über seine Affäre zu unterdrücken. Den Gerichtsunterlagen zufolge soll Trump sagen: "Also, was müssen wir dafür zahlen?"

Nach den Gesetzen des Bundesstaates New York ist die Fälschung von Geschäftsunterlagen eigentlich ein Vergehen - ein "misdemeanor" - mit einer Haftstrafe von bis zu einem Jahr. Es kann zu einem Verbrechen - eine "felony" - mit einer Strafe von bis zu vier Jahren hochgestuft werden, wenn damit ein anderes Verbrechen gefördert oder vertuscht werden sollte. Der Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg, wirft Trump genau dies vor. Rechnerisch würde sich damit eine Gesamtstrafe von mehr als 100 Jahren Haft ergeben, sollte Trump in allen Fällen schuldig gesprochen werden. Eine etwaige Strafe dürfte jedoch deutlich kürzer ausfallen.

REUTERS/IPSOS-UMFRAGE - TRUMP BAUT FÜHRUNG AUS

Trump hat den Fall als politisch motiviert bezeichnet. In einer E-Mail mit Bitten um Spenden schrieb er am Morgen: "Heute (Dienstag) ist der Tag, an dem eine regierende politische Partei ihren führenden Gegenspieler VERHAFTET, weil er KEIN VERBRECHEN begangen hat." Die Staatsanwälte in den Bundesstaaten werden üblicherweise vom Volk gewählt. Der 49-jährige Bragg ist ein Demokrat, der in Harlem aufwuchs, Jura an der Harvard-Universität studierte und die Wahl für den Posten November 2021 gewann. Er ist der erste Afroamerikaner im Amt des Manhattan District Attorney. Die Entscheidung über eine Anklage wurde von den Geschworenen einer Anklagejury (grand jury) getroffen.

Die Anklage in New York ist ein Verfahren unter vielen, mit dem Trump konfrontiert ist. Er hat angekündigt, dessen ungeachtet bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr antreten zu wollen. Juristisch gesehen könnte er dies selbst im Falle einer Verurteilung. Trump hat seit dem Bekanntwerden der Anklage seine Führung vor innerparteilichen Rivalen ausgebaut: Einer am Montag veröffentlichten Reuters/Ipsos-Umfrage zufolge wollen nun 48 Prozent der Republikaner ihn als Kandidaten nach 44 Prozent im vergangenen Monat. Der Zweitplatzierte, Floridas Gouverneur Ron DeSantis, verlor von 30 auf etwa 19 Prozent.

(Geschrieben von Scot W. Stevenson, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Karen Freifeld und Jody Godoy