Berlin (Reuters) - Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich gegen Forderungen auch aus Reihen der Koalitionspartner FDP und Grüne gestellt, schnelle Entscheidungen über eine Lieferung von Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine zu treffen. "Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger unterstützt die besonne, gut abgewogene und sorgfältig Entscheidungen vorbereitende Haltung der Bundesregierung", sagte Scholz am Freitag in Berlin. "Ich weiß, dass die von mir geführte Bundesregierung die Unterstützung einer großen Mehrheit der Bürger für ihr Vorgehen hat." Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich äußerte sich zurückhaltend zu Forderungen, Deutschland müsse Leopard-Panzer an die Ukraine liefern. Unter anderem hatten Polen und Finnland vorgeschlagen, eine europäische Allianz für eine Lieferung der in Deutschland gebauten Leopards zu bilden.

Scholz äußerte indirekt auch Kritik an Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), ohne sie allerdings namentlich zu nennen. "Meine persönliche Auffassung ist klar und die lautet: Das darf kein Tabu sein", hatte Buschmann der "Augsburger Allgemeinen" gesagt. Vizekanzler Robert Habeck hatte in Anspielung auf ein polnisches Angebot gesagt, eine geringe Zahl eigener Leopard-Panzer zu senden: "Es gibt einen Unterschied, für sich selbst eine Entscheidung zu treffen oder die Entscheidung von anderen zu verhindern."

Scholz sagte, dass er sich nicht von "aufgeregten Stellungnahmen, schnellen Äußerungen und der Notwendigkeit, alle zehn Minuten etwas sagen zu müssen", treiben lassen werde. Man könne ernste Entscheidungen, die mit Krieg und Frieden sowie der Sicherheit Deutschlands und Europas zusammenhingen, nicht einfach aus der Hand schütteln. "Es bleibt immer dabei, dass wir eng abgestimmt handeln, jeden Schritt sorgfältig wägen."

In den vergangenen Tagen gab es die Erwartungen, dass westliche Staaten vor oder während eines Treffens von Ukraine-Unterstützern im sogenannten Ramstein-Format eine Entscheidung über die Lieferung von Kampfpanzern treffen könnten. Scholz verwies dagegen darauf, dass Deutschland mit den USA erst vergangene Woche vereinbart habe, der Ukraine Schützenpanzer zu liefern. Die Botschaft an Russland sei, dass man der Ukraine so lange wie nötig gegen die Angriffe helfen werde.

Scholz spielte auf Umfragen an, die keine Mehrheit für die Lieferung von Leopard-Panzer zumindest in Deutschland zeigen. Laut dem am Freitag veröffentlichten ZDF-Politbarometer sind 42 Prozent der Befragten dafür, 46 Prozent aber dagegen. Bei Forsa war nur gut ein Drittel für eine Lieferung. Am stärksten ist die Unterstützung bei den Grünen und Liberalen, am entschiedensten der Widerstand bei Linkspartei und AfD. Dass die Bundesregierung Marder-Schützenpanzer liefert, finden laut ZDF-Politbarometer dagegen 59 Prozent richtig, 33 Prozent falsch.

Während Abgeordnete von Union, Grünen und FDP auf eine Lieferung drängen, forderte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch Scholz auf, die Debatte um die Leopard 2 zu beenden. Der Kanzler dürfe sich von einigen Grünen und der FDP nicht weiter Richtung Eskalation treiben lassen, sagte er. Bartsch sprach von einem "brutalen Abnutzungskrieg ohne Ausstiegsszenario".

(Bericht von Andreas Rinke. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)