Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) braucht nach Aussage von EZB-Direktorin Isabel Schnabel mehr zeitnahe und granulare zur Beurteilung der Wachstums- und Inflationsaussichten. "Das hat die Covid-19-Krise ultimativ klar gemacht", sagte Schnabel in einer Statistikkonferenz der Zeitung Behörden Spiegel. Ganz oben auf der EZB-Wunschliste stehen laut Schnabel Arbeitsmarktdaten und Unternehmensdaten.

"Wir haben noch keine granularen und zeitnahen Daten zu einigen Aspekten des Arbeitsmarkts - eine monatliche Messgröße der ungenutzten Arbeitsmarktkapazitäten wäre wichtig, um den ökonomischen Einfluss der laufenden Pandemie einschätzen zu können", sagte Schnabel. In der aktuellen Krise reichten Arbeitslosenzahlen alleine nicht aus, um die Dynamik einschätzen zu können. Viele Personen hätten sich dazu entschlossen, in einem "inaktiven Zustand zu wechseln", und würden deshalb nicht als Arbeitslose gezählt.

Laut Schnabel "fordert" die EZB außerdem zeitnähere Daten zum Lebenszyklus von Unternehmen, speziell zu ihrer Entstehung und ihrem Ende. Auch solche Informationen würden der EZB eine genauere Einschätzung darüber erlauben, wie die Pandemie die Realwirtschaft beeinflusse.

Schließlich hat der teilweise Abriss von Lieferketten während der Pandemie laut Schnabel erneut die Notwendigkeit gezeigt, die Aktivität multinationaler Unternehmen besser zu verstehen. Die Aktivitäten dieser Unternehmen, wie das Re-shoring von Lieferketten beeinflussten direkt wichtige ökonomische Variable der Länder. "Eine zentralisierte und zeitnahe Erhebung von Daten zu den größten multinationalen Unternehmen im Euroraum könnte unsere Kenntnisse über die Übertragung und Verstärkung ökonomischer Schocks in den Ländern verbessern", sagte Schnabel.

Die EZB-Direktorin wünscht außerdem, dass die im Rahmen des aktuellen Systems erhobenen Daten stärker ausgetauscht würden, um grenzüberschreitend Aktivitäten verfolgen zu können und Doppelungen zu vermeiden. Unterstützt würde das durch die verpflichtende Verwendung sogenannter Unique Identifiers.

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November 27, 2020 06:09 ET (11:09 GMT)