BERLIN (dpa-AFX) - Drei Tage vor dem SPD-Parteitag in Bonn haben ehemalige Parteigrößen den Delegierten empfohlen, für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union zu stimmen. "Es spricht mehr dafür, in Koalitionsverhandlungen einzutreten als Nein zu sagen", sagte der frühere SPD-Vorsitzende Kurt Beck der "Saarbrücker Zeitung" (Donnerstag). "Ich sage das in Abwägung des bei den Sondierungen Erreichten und vor dem Hintergrund der Verantwortung, die wir für Deutschland und Europa haben." Ähnlich äußerte sich Erhard Eppler, über Jahrzehnte Vertreter des linken Flügels der SPD. "Wenn ich, immerhin seit 62 Jahren Mitglied der Partei, gefragt werde, ist die Antwort: Ich bin für das Ja", schreibt der 91-Jährige in einem Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung" (Donnerstag).

Am Sonntag stimmen auf einem Parteitag in Bonn 600 Delegierte und der SPD-Vorstand darüber ab, ob es Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU geben soll. Kritiker aus den Reihen der SPD beurteilen die Sondierungsergebnisse von Union und SPD als unzureichend und wünschen sich "Nachbesserungen", etwa bei der Steuerpolitik oder beim Gesundheitssystem. Viele haben aber auch prinzipielle Bedenken gegen eine erneute große Koalition.

Beck betonte, dass es im Sondierungspapier "eine ganze Reihe von Punkten" gebe, die aus SPD-Sicht positiv seien. "Unter dem Strich spricht mehr Positives für weitere Verhandlungen als Negatives dafür, jetzt Schluss zu machen."

Eppler schrieb in seinem Gastbeitrag, es stimme nicht, dass die große Koalition der SPD nur den Niedergang bringen könne - das habe das erste Bündnis unter Kurt Georg Kiesinger (CDU) und Willy Brandt (SPD) gezeigt, das direkt in eine sozialliberale Koalition mit einem Bundeskanzler Brandt geführt habe. In den Koalitionsverhandlungen sollten sich die Unionsparteien aber offen zeigen für Nachbesserungswünsche der SPD./hme/DP/zb