Düsseldorf (Reuters) - Für die Deutsche Post endet 2023 eine Ära - und der Rekordkurs der vergangenen Jahre.

Kurz vor dem Chefwechsel nach 15 Jahren mit Frank Appel an der Konzernspitze vermeldete der Bonner Konzern am Mittwoch deutliche Rückgänge bei Umsatz und Gewinn. Der über Jahre durch die Sonderkonjunktur des Online-Handels in der Corona-Pandemie angeschobene Logistik-Riese muss der eingetrübten Konsum-Stimmung und den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs Tribut zollen: Im ersten Quartal schrumpfte der Umsatz um 7,5 Prozent auf 20,9 Milliarden Euro, das operative Ergebnis sank noch stärker um 24 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro. "Wie erwartet haben wir die nachlassende Wachstumsdynamik und die Normalisierung der Frachtmärkte gespürt", bilanzierte Finanzchefin Melanie Kreis.

Die Rückgänge fielen aber geringer aus als von Analysten befürchtet - Post-Aktien legten bis zum Mittag um knapp ein Prozent auf 43,74 Euro zu. Die Prognosen für 2023 und 2025 bekräftigte der neue Post-Chef Thomas Meyer, der sei Amt am Donnerstag mit Ablauf der Hauptversammlung antritt. Er sehe den Konzern mit seinen weltweiten Verteilnetzen robust aufgestellt und plane keinen Strategiewechsel, kündigte Meyer an. Bei Übernahmen werde es ihm "an Mut nicht mangeln".

Appel war im Jahr 2000 zu dem Bonner Konzern gekommen. 2002 wurde er Mitglied des Vorstands, 2008 rückte er auf den Posten des Vorstandschefs. Der ehemalige McKinsey-Berater, der seit April 2022 auch Aufsichtsratschef der Deutschen Telekom ist, hat die Post geprägt und unter anderem die Internationalisierung vorangetrieben. Längst schreibt die Post den Löwenanteil ihrer Gewinne abseits des deutschen Heimatmarkts. Appel hat sie damit unabhängig vom schrumpfenden deutschen Briefgeschäft gemacht. Er übergebe die Verantwortung in gute Hände, erklärte Appel. "Ich habe immer gesagt: Ich wünsche mir einen Nachfolger, der entweder besser oder anders ist als ich. Tobias Meyer ist beides."

POSTREFORM UND MÖGLICHE ZUKÄUFE - MEYER WIRD ZU TUN HABEN

Auf Meyer, der seine Karriere ebenfalls bei McKinsey begann und 2013 zur Post wechselte, kommt nun viel Arbeit zu. Er muss den Konzern durch eine Phase der wirtschaftlichen Unsicherheit führen - die auch im April andauerte, wie Meyer sagte. US-Konkurrent UPS hatte im ersten Quartal ebenfalls Federn gelassen. Der Umsatz gab um sechs Prozent, der operative Ertrag sogar um 21,8 Prozent nach. Wettbewerber FedEx baut den Konzern um und will damit in der Krise Milliarden sparen. Meyer wird auch entscheiden müssen, ob die Post die Deutsche-Bahn-Logistiktochter Schenker ins Visier nimmt, sollte diese auf den Markt kommen.

Zukäufe müssten die Post nach vorn bringen, der Preis müsse stimmen und sie müssten gut integriert werden können, bekräftigte Meyer. "Dieses Ei wurde schon mehrfach angebrütet, jetzt gucken wir mal, ob etwas schlüpft", sagte er mit Blick auf Schenker. Die Bahn hat bislang offengelassen, ob sie sich von der Tochter wirklich trennt. Massive Probleme mit den Wettbewerbsbehörden erwarte er im Fall einer Übernahme wegen des fragmentierten Fracht-Marktes nicht, sagte Meyer. Auch im Brief-Geschäft im Heimatmarkt stehen Veränderungen an. Die Bundesregierung plant eine Reform des Postgesetzes - mit möglicherweise einschneidenden Änderungen für die Post. Im Juni oder Juli erwartet Mayer mehr Klarheit über die Pläne.

Im ersten Quartal bekam die Post vor allem in ihrer über Jahre boomenden Frachtsparte und im Paketgeschäft die Folgen der abgekühlten Konjunktur zu spüren. "In der Luftfracht war der Volumenrückgang vor allem auf Handelsrouten zwischen Asien und den USA und zwischen Asien und Europa spürbar - in der Seefracht besonders durch den Rückgang auf den aus China kommenden Handelsrouten", sagte Finanzchefin Kreis. "Gleichzeitig hat die Inflation den Konsum gedämpft und den Onlinehandel ausgebremst." Im Brief- und Paketgeschäft in Deutschland verbuchte die Post auch wegen des Tarifkonflikts mit Verdi Rückgänge. Der Streit mit der Gewerkschaft und der Tarifabschluss habe für Kosten von 115 Millionen Euro gesorgt, beklagte Kreis. Kurzfristig kann die Post im Briefgeschäft nicht gegensteuern, um Kosten der Tarifeinigung und die hohe Inflation aufzufangen, denn das Porto ist eigentlich bis Ende 2024 festgezurrt. Es gebe aber Überlegungen, ob das Porto vorzeitig angehoben werden könne, sagte Meyer. Entschieden sei aber nichts.

(Bericht von Matthias Inverardi, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)