Berlin (Reuters) - Die Ratingagentur Scope sieht nach der Rückkehr der zehnjährigen Bundesanleihe in den positiven Renditebereich keine starke Belastung für den deutschen Staatshaushalt.

"Mittelfristig bedeuten steigende Renditen auch höhere Finanzierungskosten - nicht nur für den Staat, sondern auch für andere Kreditnehmer", sagte Scope-Direktor Eiko Sievert am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Das dürfte sich zum Beispiel in höheren Zinsen auf Hypotheken widerspiegeln. "Die Null-Prozent-Marke ist jedoch eher symbolisch, und wir erwarten zurzeit keinen starken Anstieg von Finanzierungskosten", sagte Sievert.

Die Attraktivität von Anleihen des Bundes - dessen Bonität von allen großen Ratingagenturen mit der Bestnote AAA bewertet wird - spreche gegen ein größeres Aufwärtspotenzial bei den Renditen. "Dank ihrer Laufzeit und hohen Liquidität zählen zehnjährige Bundesanleihen zum wichtigsten Finanzierungsinstrument institutioneller Anleger", sagte Sievert.

Die Zeit der Minuszinsen geht vorbei: Anleger bekommen nach langer Pause wieder Geld für ihre Kredite an den deutschen Staat. Erstmals seit Anfang Mai 2019 stieg die Rendite der richtungweisenden zehnjährigen Bundesanleihe am Mittwoch über null Prozent. "Der Renditeanstieg der zehnjährigen Bundesanleihen in positives Terrain reflektiert die Aussicht für eine graduell straffere Geldpolitik im Kontext einer kräftigen Aufhellung des Konjunkturumfelds, steigende Verbraucher- und Rohstoffpreise sowie den jüngsten Renditeanstieg in den USA", sagte der Scope-Analyst.

Das Wirtschaftswachstum in Deutschland dürfte zwar in der ersten Jahreshälfte noch immer von Versorgungsengpässen geprägt sein. Dennoch erwartet Scope "ein starkes Wachstum von 4,4 Prozent für 2022 dank höherer Investitionen und stärkeren privaten Konsum", wie der Experte sagte. 2021 hatte es nur zu einem Plus von 2,7 Prozent gereicht.