Seit der Post-Covid-Erholung ist die Geldpolitik das Lieblingsspielzeug der Märkte. Die Fed, als Oberaufseher des Finanzmechanismus, muss die Balance halten zwischen dem Kampf gegen die böse Inflationshexe und dem Wohlergehen der zarten Finanzmarkt-Pflänzchen. Keine leichte Aufgabe. Zinserhöhungen haben zwar die Inflation in die Schranken gewiesen, aber jetzt zappeln die Anleger auf ihren Stühlen und wollen, dass der Zinsaufzug wieder nach unten fährt, um die Wachstumsparty neu zu entfachen.

Sie träumen von vier Zinssenkungen in diesem Jahr, am liebsten schon im Frühling. Aber Professor Powell, der Spielverderber, hat andere Pläne. Letzten Mittwoch meinte er: "Ich glaube nicht, dass das Komitee bis zur März-Sitzung genug Zuversicht tanken wird." Klartext: Langsam mit den jungen Pferden, meine Lieben, Zinssenkungen kommen, aber nicht solange die Wirtschaft noch Purzelbäume schlägt. Die neuesten US-Arbeitsmarktdaten waren besser als die süßesten Träume. Also versucht die Fed, die Partypeople etwas zu beruhigen. Am Sonntag legte Powell in der CBS-Show "60 Minutes" nach und signalisierte, dass die Fed dieses Jahr nur drei statt vier Zinssenkungen plant, und die erste nicht vor dem Sommer.

Aber die Anleger scheinen Powells mahnende Worte zu ignorieren und setzen weiterhin auf eine erste Zinssenkung im Frühling – im Mai – und glauben fest daran, dass die Zinsen bis Ende des Jahres vier- bis fünfmal fallen werden. Das Fedwatch-Tool der CME enthüllt, dass 52,7% der Finanzjongleure immer noch auf eine Zinssenkung um 25 Basispunkte im Mai wetten. Für das Fed-Meeting im Juni sind sich die Anleger fast einig (mit 96,6%), wobei 37,6% auf die erste Zinssenkung zu diesem Zeitpunkt setzen, 48,8% auf eine Senkung um 50 Basispunkte und immer noch 10,1% auf -75 Basispunkte! Powells Einfluss auf die Anleger scheint zu schwinden, und er hat sogar den Spitznamen "Papier-Tiger" von einem Analysten der Bank of America bekommen: ein Tiger, der nicht mal mehr ein Kätzchen erschreckt.

Zeichnung von Amandine Victor für MarketScreener