Berlin (Reuters) - Vor der Bauern-Großdemonstration in Berlin haben sich Politiker verschiedener Parteien dafür ausgesprochen, den Landwirten entgegenzukommen.

Allerdings zeigte sich dabei, dass die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP an unterschiedliche Punkte denken. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sprach sich am Montag in der ARD dafür aus, Bürokratielasten abzubauen und den Stopp für Flächenstilllegungen zu verlängern. Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus von der SPD forderte Hilfe beim Umstieg auf Biokraftstoffe. Die Bundesregierung müsse zudem mit dem Kartellrecht gegen Handelsketten vorgehen. Während Backhaus sich offen für die von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) vorgeschlagene Tierwohlabgabe auf Fleisch äußerte, zeigte sich Dürr hier reserviert.

Die Landwirte wollen am Montag auf einer Großkundgebung in Berlin mit rund 10.000 Teilnehmern gegen die geplanten Kürzungen der Ampel-Koalition demonstrieren. Auch der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung beteiligt sich. Auf der Kundgebung soll Finanzminister Christian Lindner (FDP) sprechen. Wie in der vergangenen Woche wird wegen der Trecker-Kolonnen mit erheblichen Verkehrsbehinderungen gerechnet.

Vertreter mehrerer landwirtschaftlicher Verbände treffen zudem mit den Vorsitzenden der Ampel-Bundestagsfraktionen zusammen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, hatte vergangene Woche angekündigt, dass die Landwirte die Proteste fortsetzen wolle, wenn die Bundesregierung die Kürzung der Subventionen nicht vollständig zurücknimmt. Die Ampel hatte nach ersten Protesten ihre ursprüngliche Entscheidung korrigiert, die Kfz-Steuerbefreiung zu streichen. Sie will aber an dem geplanten Abbau der Subventionen für Agrar-Diesel festhalten.

Auch Mecklenburg-Vorpommern Landwirtschaftsminister verteidigte im Deutschlandfunk die von der Bundesregierung geplante schrittweise Kürzung der Subventionen beim Agrar-Diesel. Backhaus forderte aber einen langsameren Ausstieg und die Erforschung von Alternativen. "Wir hatten ja mal einen Biodiesel-, Biogas- und einen Ethanol-Bereich", sagte er. Damit könne die Landwirtschaft sich selbst versorgen.

Backhaus forderte zudem höhere Preise für Agrarprodukte wie Milch, einen Bürokratieabbau sowie eine Begrenzung der Macht der Handelsketten durch das Kartellrecht. Es gebe vier Großkonzerne, die 85 Prozent der Bevölkerung versorgten. "Der Weizenpreis oder der Milchpreis ist um ein Drittel gefallen", sagte er mit Blick auf das Geld, das Erzeuger bekommen. "Und an der Ladentheke sind die Preise gestiegen. Wer steckt sich denn hier das Geld in die Tasche? Es ist doch vollkommen klar." SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte dem "Spiegel": "Es muss einfach mehr Einkommen auf den Höfen ankommen und es muss eine klare Zukunftsperspektive für die nächste Generation geben."

FDP-Fraktionschef Dürr forderte einen grundsätzlichen anderen Umgang mit der Landwirtschaft. Mit Blick auf den Streit um den Agrar-Diesel sagte er: "Es geht in Wahrheit um mehr, übrigens auch Dinge, die Kosten verursachen. Wenn man immer mehr Bürokratie verursacht, dann wird es teurer für die Landwirte", kritisierte er. Dies betreffe etwa den Pflanzenschutz. Man brauche eine "Zeitenwende" auch in der Agrarpolitik. Auf EU-Ebene sollte auf weitere Pläne zur Flächenstilllegung verzichtet werden.

(Bericht von Andreas Rinke, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)