Börsen-Zeitung: Glückwunsch zum Jubiläum/Kommentar über die
US-Bankenregulierung
   Frankfurt (ots) - Nicht ganz zehn Jahre ist es her, dass die 
US-Investmentbank Lehman Brothers beinahe für eine Kernschmelze des 
Finanzsystems gesorgt hat. Die Steuerzahler eilten der Branche  
daraufhin nicht nur in den USA mit milliardenschweren Rettungspaketen
zu Hilfe.  Gesetzgeber weltweit machten sich daran, die 
Bankenregulierung umzukrempeln, um vergleichbaren Krisen in Zukunft 
vorzubeugen. In Washington fanden diese Bemühungen  in dem von den 
US-Senatoren Chris Dodd und Barney Frank vorangetriebenen Reformpaket
ihren Ausdruck. Der Dodd-Frank Act, der 2010 verabschiedet wurde, 
unterwarf viele Banken einer strengeren Aufsicht, erhöhte die 
Kapitalanforderungen an die Institute und untersagte ihnen den Handel
auf eigene Rechnung, um nur einige Punkte zu nennen. Gerade noch 
rechtzeitig zum anstehenden  Jubiläum des Falls von Lehman Brothers 
am 15. September  hat der US-Kongress jetzt die bisher weitgehendsten
Änderungen an Dodd-Frank vorgenommen. Die Branche soll von 
Anforderungen der Regulierung  entlastet werden, wie  es US-Präsident
Donald Trump bereits im Wahlkampf versprochen hatte. Nach seinem 
Amtsantritt sah die Opposition in Washington argwöhnisch dabei zu, 
wie Trump einen ehemaligen Investmentbanker nach dem anderen in 
Spitzenpositionen holte und Gary Cohn, die ehemalige Nummer 2 bei 
Goldman Sachs, als seinen wichtigsten und mittlerweile wieder 
zurückgetretenen Wirtschaftsberater installierte, der sich auch um  
Dodd-Frank kümmern sollte. Die Änderungsvorschläge, die jetzt  auf  
dem Weg zum Präsidenten sind, machen der  Wall Street  bescheidene 
Geschenke. Hauptprofiteure sind kleine und mittelgroße Banken, ganz 
nach dem von Senatorin Heidi Heitkamp ausgegebenen Credo, dass es 
neben "too big to fail" auch  "too small to succeed" gebe. Im Übrigen
ist das Gesetz in Zeiten nie dagewesener Polarisierung in Washington 
ein seltenes Beispiel für einen gelungenen politischen Kompromiss. 
Für die Sorge, dass die USA zehn Jahre nach der Finanzkrise alle 
Vorsicht fahren lassen und die Bankenregulierung ganz über Bord 
werfen, gibt das Gesetz keinen Anlass. Die Umbauarbeiten  haben 
allerdings gerade erst begonnen, und schon nächste Woche könnten die 
wichtigsten US-Aufsichtsbehörden Erleichterungen für den Eigenhandel 
ankündigen, hieß  es zuletzt in Washington. Im ersten Quartal haben 
die US-Banken  übrigens  so viel wie noch nie verdient und die 
Konkurrenz in Europa weiter abgehängt. Glückwunsch zum Jubiläum. 
(Börsen-Zeitung, 24.05.2018)

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