Frankfurt (Reuters) - Aus Furcht vor einem Konjunkturabschwung als Folge des Krieges in der Ukraine ziehen sich Anleger wieder aus europäischen Aktien zurück.

Gleichzeitig förderten steigende Rohstoffpreise Inflationssorgen. Dax und EuroStoxx50 fielen am Mittwoch um jeweils mehr als ein Prozent auf 14.283,65 beziehungsweise 3865,45 Punkte. Der US-Standardwerteindex Dow Jones büßte ein knappes Prozent ein.

Am Tag vor dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs der sieben größten Industriestaaten (G7) sowie der Nato-Mitglieder wuchs die Anspannung der Börsianer. US-Präsident Joe Biden werde dabei auf weitere Sanktionen dringen, prognostizierte Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann. Eine Möglichkeit wäre ein europäischer Importstopp für russisches Öl. "Ein Embargo würde die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Russland im Gegenzug Europa den Gashahn abdreht. Und spätestens dann würde Europa wohl nicht eine Rezession vermeiden können."

ENERGIEPREISE ZIEHEN ERNEUT AN - NICKEL MIT PREISSPRUNG

Vor diesem Hintergrund stieg der Preis für die Ölsorte Brent aus der Nordsee um fünf Prozent auf 121,35 Dollar je Barrel (159 Liter). Der europäische Erdgas-Future verteuerte sich um bis zu 31 Prozent auf 130 Euro je Megawattstunde. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte zuvor angekündigt, "unfreundliche" Staaten müssten Lieferungen seines Landes künftig in Rubel bezahlen. Jens Südekum, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums, bezeichnete dies als Vertragsbruch. In irgendeiner Form werde der Westen nun reagieren müssen. "Ein Embargo von Energieimporten aus Russland ist nun wahrscheinlicher geworden." Vor diesem Hintergrund stieg der Index für die europäische Öl- und Gasbranche gegen den Trend um zwei Prozent.

An der Börse LME stieg der Preis für Nickel nach mehreren Tagen mit Rückgängen um die maximal möglichen 15 Prozent auf 32.380 Dollar je Tonne. Einen unmittelbaren Auslöser für den Kurssprung bei dem zur Stahl-Herstellung benötigten Metall könne er zwar nicht ausmachen, sagte ein Börsianer. "Aber das Angebot ist knapp. Wenn man die Unsicherheit um russische Lieferungen hinzunimmt, erscheint es billig."

FREUDE ÜBER UMSATZSPRUNG BEI AUTO1 VERPUFFT SCHNELL

Bei den deutschen Aktienwerten rückte Auto1 ins Rampenlicht. Der Online-Gebrauchtwagenhändler steigerte zwar den Umsatz 2021 um überraschend starke 69 Prozent. Für 2022 sagte das Unternehmen aber ein deutlich geringeres Wachstum von 19 bis 42 Prozent voraus. Außerdem wackele wegen der hohen Spritpreise das Geschäftsmodell, sagte ein Börsianer. Auto1-Aktien verbuchten nach anfänglichen Gewinnen mit einem Minus von zwölf Prozent den größten Tagesverlust seit dem Börsengang vor einem Jahr.

Abwärts ging es auch für Adobe. Die Titel des "Photoshop"-Anbieters steuerten an der Wall Street mit einem Minus von zeitweise mehr als zehn Prozent auf den größten Tagesverlust seit zwei Jahren zu. Das Unternehmen gab zwar für das abgelaufene Quartal einen überraschend hohen Rekordumsatz von 4,26 Milliarden und einen Gewinn von 3,37 Dollar je Aktie bekannt. Die für das laufende Quartal angepeilten Erlöse und Überschüsse blieben mit 4,34 Milliarden Dollar beziehungsweise 3,34 Dollar je Aktie dagegen hinter den Erwartungen zurück. Ermutigend sei allerdings die Zuversicht des Managements in den Geschäftsverlauf des zweiten Halbjahrs, schrieb Analyst Derrick Wood vom Vermögensverwalter Cowen. Er bekräftige daher seine Einstufung der Aktie mit "Outperform".