--Umweltbundesamt: Größter Rückgang der Klimaemissionen seit 1990

--UBA: Nationales Klimaziel bis 2030 erreichbar

--Habeck: Deutschland erstmals bei Klimaschutz auf Kurs

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Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Deutschland hat im vergangenen Jahr bei seinen Treibhausgasemissionen den größten Rückgang seit 1990 erzielt und kann seine Klimaziele bis 2030 erreichen. Nach Angaben des Umweltbundesamtes verringerte Deutschland die Treibhausgase 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 10,1 Prozent. Das nationale Klimaziel, dass die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 verringert werden, sei damit erreichbar. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte angesichts des Rückgangs der CO2-Emissionen, dass Deutschland erstmals überhaupt bei seinen Klimazielen auf Kurs sei.

Zwar sollte man das Jahr 2023 nicht ins Schaufenster stellen, da Sondereffekte wie etwa hohe Energiepreise zum geringeren Verbrauch in der energieintensiven Industrie und auch bei Privatverbrauchern geführt hätten. Aber dennoch stimmten die Erwartungen des UBA für die kommenden Jahre zuversichtlich, so der Minister.

"Wir zeigen damit, dass Klimaschutz und Wertschöpfung, Wachstum und Produktion und eine klimaneutrale Wirtschaft und Gesellschaft zusammengehen und zusammengehören kann", sagte Habeck auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Präsidenten des Umweltbundesamtes. "Wenn wir Kurs halten, dann sind wir durch."

Deutschland müsse die beschlossenen Maßnahmen umsetzen, den Ausbau der erneuerbaren Energien nach vorne bringen, den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft entschlossen voranbringen sowie die Maßnahmen im Gebäudebereich, die Sanierungen, den Tausch bzw. den Umbau von fossilen Wärmeerzeugungsanlagen zu klimaneutralen Wärmeanlagen vornehmen.


Mehr Ökostrom und geringere Energienachfrage 

Gründe für den deutlichen Rückgang im vergangenen Jahr sind nach Angaben des Umweltbundesamtes der gestiegene Anteil erneuerbarer Energien, ein Rückgang der fossilen Energieerzeugung und eine gesunkene Energienachfrage bei Wirtschaft und Verbrauchern.

Insgesamt wurden 2023 in Deutschland rund 673 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt. Das waren 76 Millionen Tonnen oder 10,1 Prozent weniger als 2022. Allerdings mahnte das Umweltbundesamt an, dass insbesondere der Verkehrssektor beim Klimaschutz nachsteuern müsse. Auch hier gab es im vergangenen Jahr einen leichten Rückgang bei den Treibhausgasemissionen, aber der Verkehrssektor verfehlte seine Klimaziele erneut deutlich.

"Mit Ausbruch des Kriegs hatten viele die Sorge, dass wir eine Renaissance der Kohle und anderer fossiler Energieträger sehen werden. Wir wissen heute, dass das nicht passierst ist. Das liegt vor allem am sehr erfolgreichen Ausbau der erneuerbaren Energien. Das ist ein großer Schritt, der uns in den kommenden Jahren beim Klimaschutz helfen wird", sagte UBA-Präsident Dirk Messner.

Die Treibhausgas-Projektionen 2024 des Umweltbundesamtes weisen bis 2030 einen Rückgang um knapp 64 Prozent im Vergleich zu 1990 aus. Damit wird nach Ansicht des Bundeswirtschaftsministeriums das deutsche Klimaziel für 2030 - die Verringerung der Treibhausgasemissionen um mindestens 65 Prozent - greifbar. "Zum ersten Mal überhaupt zeigen die Zahlen: Deutschland ist auf Kurs", erklärte Habeck.

Er betonte in dem Zusammenhang, dass die Projektionen des Umweltbundesamtes für die CO2-Emissionen in diesem Jahr noch von einem Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent ausgingen, obwohl die Regierung dies Wachstumserwartung bereits deutlich nach unten korrigiert hat. Wichtig sei aber, dass die Emissionen in den kommenden Jahren trotz eines erwarteten Wirtschaftswachstums sinken werden.


Energiesektor im Zentrum des Erfolgs 

Das Umweltbundesamt betonte, dass im Zentrum des Erfolgs beim Abbau der Klimaemissionen der Energiesektor gestanden habe. Die Treibhausgasemissionen sanken 2023 gegenüber dem Vorjahr um rund 51,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente bzw. 20,1 Prozent, was auf einen geringeren Einsatz fossiler Brennstoffe zur Erzeugung von Strom und Wärme zurückzuführen ist. Besonders stark war laut UBA dieser Rückgang beim Einsatz von Braun- und Steinkohle sowie bei Erdgas.

Die Behörde hält den anvisierten Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2030 bei einem Ausbau erneuerbarer Energien weiter für möglich.

In der Industrie sanken die Emissionen im zweiten Jahr in Folge auf nun rund 155 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr 2023. Dies entspricht einem Rückgang von 7,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit liegt der Industriesektor mit rund 18 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente unterhalb des Ziels für seine Jahresemissionsmenge für 2023. Laut Umweltbundesamt sei in der Industrie der Emissionsrückgang durch den gesunkenen Einsatz fossiler Brennstoffe, insbesondere von Erdgas und Steinkohle, bestimmt. Wichtige Treiber dieses Trends seien die negative konjunkturelle Entwicklung und gestiegene Herstellungskosten gewesen, die zu Produktionsrückgängen führten.

Die Emissionen in Sektoren Verkehr und Gebäude lagen laut Umweltbundesamt trotz Rückgang erneut über den Zielmarken. Im Gebäudesektor sanken die Emissionen zwar um 7,5 Prozent auf rund 102 Millionen Tonnen. Aber trotz dieser Minderung überschritt der Gebäudesektor erneut die gesetzlich erlaubte Jahresemissionsmenge um rund 1,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Wesentliche Treiber für den Rückgang der Emissionen waren laut UBA wiederum Energieeinsparungen aufgrund der milden Witterungsbedingungen in den Wintermonaten 2023 und höhere Verbraucherpreise.


Verkehrssektor als Sorgenkind 

Sorgenkind bleibt der Verkehrssektor, der als einiger Sektor sein Ziel deutlich verfehlte und sich weiter vom gesetzlichen Zielpfad entfernt hat. Im Verkehr wurden 2023 rund 146 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen, 1,2 Prozent unter dem Wert von 2022. Allerding waren sie rund 13 Millionen Tonnen über der für 2023 zulässigen Jahresemissionsmenge von 133 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente.

Grund für den leichten Emissionsrückgang in 2023 waren den Angaben zufolge nicht effektive Klimaschutzmaßnahmen, sondern die abnehmende Fahrleistung im Straßengüterverkehr. Der Autoverkehr hat hingegen leicht zugenommen. "Der Verkehrssektor muss beim Klimaschutz nachsteuern", forderte Messner.

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March 15, 2024 05:30 ET (09:30 GMT)