Ein Auswahl an Kommentaren aus Tageszeitungen zu wichtigen Themen des Tages.

CORONA-BESCHRÄNKUNGEN

Stuttgarter Nachrichten: "So folgerichtig wie hart ist auch die Entscheidung, Schulen und Kindertagesstätten vorerst geschlossen zu halten. Sie zu öffnen wäre in dieser Lage riskant - ohne verlässlich gesunkene Zahlen wird auch der in Baden-Württemberg für Grundschulen und Kitas angestrebte Termin 18. Januar eine Illusion bleiben. Auch hier ist weiter der arg strapazierte Durchhaltewille gefragt - dann hoffentlich mit besserem Distanz- und Onlineunterricht. So langsam Deutschland seine digitalen Mängel auch behebt, der längere Lockdown taugt nicht als Ausrede, praktisch gar kein Lernen anzubieten."

Tagesspiegel: "Seit bald einem Jahr beschäftigt sich die Welt mit Corona, und die Sehnsucht nach Normalität wächst ins Unermessliche. Der Daueralarm ermüdet, alles wirkt volatil: die Erkenntnisse über das Virus und den Verlauf der Krankheit, die Hoffnung auf ein Ende der Gefahr durch Immunisierung, die Kurven der Statistiker. Konstant sind nur die ernsten Gesichter derer, die neue Zahlen interpretieren oder neue Verordnungen zu erklären versuchen. (...) Die Politik wirkt immer ratloser - und zieht sich in der Flut schlechter Nachrichten zurück an den einzigen Ort, der ihr sicher erscheint: auf einen wachsenden Berg voller Verordnungen, Regeln, Ausnahmen und Gesetze. Die Politik hält sich an Paragrafen fest, wie ein Ertrinkender einen Halm umklammert."

IMPFKAMPAGNE

Frankfurter Allgemeine: "Natürlich war allen klar, dass der Corona-Impfstoff am Anfang knapp sein würde. (...) Zwar hatte Jens Spahn über den Beginn der Impfungen in den Pflegeheimen selbst einmal gesagt, es holpere manchmal. Doch nach mehr als einer Woche zeigen die Erfahrungen, dass es in den Ländern manchmal nicht eben bloß holpert. (...) Zwar kann man Spahn nicht vorwerfen, die Probleme zu ignorieren. Er sprach am Mittwoch von "Fehlern". Doch in vielen Gegenden sind die Menschen aus gutem Grund verunsichert, weil jedes Land bei der Organisation der Impfkampagne anders vorgeht - und damit ganz unterschiedliche Erfolge erzielt. Dabei geht es auch um eine grundsätzliche Frage: um die nach der Gerechtigkeit. Jede Impfung zählt, jeder Tag ist wichtig."

IMPFSTRATEGIE ÖSTERREICHS

Der Standard: "(...) So aber hat das langsame Vorgehen der EMA den heimischen Gesundheitsbehörden genügend Zeit für die Vorbereitung einer effizienten Impfkampagne gelassen. Diese Zeit wurde offenbar vergeudet. Die Impfdosen von Pfizer/Biontech werden zwar angeliefert, aber nicht verimpft, weil das Gesundheitsministerium einen untauglichen Plan ausgearbeitet hat und auch die Länder die Logistik nicht ausreichend vorbereitet haben. (...) Dass der angeblich so wohlüberlegte Impfstart nun unter öffentlichem Druck hektisch um ein paar Tage vorverlegt wird, zeigt nur, wie dilettantisch hier vorgegangen wird. Jeder Tag Verzögerung kostet dutzende Menschenleben - und wenn sich die neue Virusvariante in den kommenden Wochen so rasch ausbreitet wie in Großbritannien, dann werden es bald noch viel mehr sein. Das ist unentschuldbar."

TRUMP/GEORGIA

Süddeutsche Zeitung: "(...) Der gekränkte Narzisst zerstört den Spiegel, den man ihm vorhält. Und weil das nicht genügt, muss alles mit in den Abgrund gerissen werden, was mit dieser Präsidentschaft verbunden ist: die Gefolgsleute, die Partei, die Mehrheit. Die Senatswahl in Georgia zeigt, dass der Präsident immer weniger mobilisiert. Der urrepublikanische Bundesstaat wird demokratisch, was viel mit der Mobilisierung vor allem schwarzer Wähler, dem Zuzug einer urbanen Klientel, aber auch mit dem Abschreckungsfaktor Trump zu tun hat. Wer sich als republikanischer Präsident in diesem Moment den republikanischen Gouverneur zum Feind macht, der hat keine Freunde mehr. (...) Für die USA sind das mal wieder spannungsreiche Tage. Aber sie werden vergehen."

Neues Deutschland: "Der Erfolg der Demokraten Raphael Warnock und Jon Ossoff bei den Stichwahlen zum US-Senat in Georgia ist ein Sieg für Basisarbeit und für Stacy Abrams Zehn-Jahres-Plan. (...) Viele andere Wahlkämpfe der Demokraten werden fast vollständig von teuren Establishment-Consultants und einer Beraterindustrie dominiert, die kurzfristig vor der Wahl einen Staat mit Anzeigen überschwemmen. Aktivistische Politikarbeit ist mühsamer, aber nachhaltiger. Statt wie die Demokraten es vielerorts tun, fast alle Spendengelder in Fernsehanzeigen zu investieren, hatte Abrams, früher Fraktionsführerin im Staat, auch Gelder an Aktivisten weitergeleitet. Die haben eine Regenbogen-Koalition zusammengetrommelt und den 'neuen Süden', von dem Abrams schon lange spricht, in Georgia Wirklichkeit werden lassen."

Rhein-Neckar-Zeitung: "Von Trumps Kernklientel abgesehen, scheint es dafür immer weniger Zustimmung zu geben. Selbst in Georgia, traditionell einer Hochburg der Republikaner, haben die Demokraten bei der Präsidentenwahl triumphiert. Und sie haben hier, tief im Süden, mindestens einen, wahrscheinlich sogar zwei Senatssitze errungen. Letztlich werden die Republikaner sich entscheiden müssen: Setzen sie, wie Trump, auf Machterhalt um jeden Preis und gesellschaftliche Polarisierung? Oder werden sie wieder zu einer staatstragenden, kompromissfähigen Partei? Anders gesagt: Schaffen sie es, Trumps Ungeist auszutreiben?"

DEMOKRATIEBEWEGUNG IN HONGKONG

Frankfurter Rundschau: "Weltweit brauchen die Hongkonger Bürgerrechtler:innen nicht groß auf Beistand zu hoffen. Von den Vereinten Nationen hat China nichts zu befürchten; die Deutung Pekings, das Hongkonger 'Sicherheitsgesetz' als innere Angelegenheit zu betrachten, findet in den vielen wirtschaftlich abhängigen Staaten ganz überwiegend Zuspruch. Bleiben die USA unter Biden als möglicher Hoffnungsschimmer. Und Europa? Das Investitionsabkommen ist noch nicht endgültig unterschrieben - aber auch darüber hinaus hat die EU auf jeden Fall Gelegenheit, sich der Repression in Hongkong entgegenzustemmen und zu zeigen, dass ihr Einsatz für die Demokratie weltweit mehr bedeutet als wohlfeile Sprüche. Für Sanktionen bräuchte es Einstimmigkeit, die zurzeit in der gespaltenen Union bekanntlich eher unwahrscheinlich ist; aber auch unterhalb dieser Schwelle ließen sich Haltung und Entschlossenheit beweisen."

USA/CHINA

Tageszeitung: "Sollte noch jemand Zweifel daran gehegt haben, dass die künftige US-Administration den Trumpschen Aggressionskurs gegen China im Wesentlichen fortsetzen wird: Antony Blinken, Joseph Bidens designierter Außenminister, hat sie jetzt ausgeräumt. Nach der jüngsten Verhaftung von rund 50 Protestaktivisten in Hongkong erklärte Blinken, die Maßnahme sei 'ein Angriff auf diejenigen, die sich tapfer für universelle Rechte einsetzen'. Washington werde nach dem Personalwechsel im Weißen Haus fest an ihrer Seite stehen - gegen Beijing. (...) Mit einigen Feinjustierungen ist demnach vielleicht zu rechnen, mit einer Abkehr vom US-Aggressionskurs jedoch nicht: Der Machtkampf gegen den aufsteigenden Rivalen kennt kein Pardon."

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January 06, 2021 14:25 ET (19:25 GMT)