LONDON (dpa-AFX) - Die große US-Bank JPMorgan sieht die Geldpolitik in der Türkei wieder auf traditionelleren Kurs einschwenken. "Als Teil der Notwendigkeit, die Geldpolitik zu straffen, sehen wir eine Zinserhöhung für die nächste geldpolitische Sitzung am 22. Juni, wenn nicht sogar früher", heißt es in einer aktuellen Studie. Eine drastische Anhebung des Leitzinses von aktuell 8,5 Prozent auf 25 Prozent sei denkbar, erwartet Experte Fatih Akcelik. Zum Jahresende sei von einem Zinsniveau von 30 Prozent auszugehen. Zuletzt hatte sich die Inflation in der Türkei zwar abgeschwächt, war mit fast 40 Prozent im Mai aber immer noch sehr hoch.

Der Fachmann begründet seine Einschätzung mit dem neuen Wirtschaftsteam von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Nach seiner Wiederwahl wurde der international angesehene Experte Mehmet Simsek als Finanzminister ins neue Kabinett berufen. Cevdet Yilmaz wurde als Vizepräsident berufen, er gilt ebenfalls als Vertreter einer traditionellen Wirtschaftspolitik. Finanzminister Mehmet Simsek habe in einer Rede am Wochenende klargestellt, dass die Türkei keine andere Wahl habe, als zu einer strengeren Haushalts- und Geldpolitik zurückzukehren, schreibt Experte Akcelik.

Der Türkei wird seit längerem vorgehalten, dass sie keine nachhaltige Geldpolitik betreibe. Bei Inflationsraten von in der Spitze 85 Prozent im vergangenen Jahr hatte die Zentralbank ihre Leitzinsen nicht wie international üblich angehoben, sondern reduziert. Dies entspricht der Haltung von Präsident Erdogan, der höhere Zinsen als Mittel gegen hohe Inflationsraten ablehnt. Beobachter gehen von großem politischem Druck auf die Zentralbank aus. Die türkische Lira leidet wegen der unkonventionellen Geldpolitik seit langem unter erheblicher Schwäche und ist jüngst zu Dollar und Euro auf Rekordtiefstände gefallen./bgf/la/mis