Berlin (Reuters) - Der Internationale Währungsfonds traut Deutschland im Zeitraum 2025 bis 2026 wieder deutlich höhere Wachstumsraten zu. Die Wirtschaft sollte dann um ein bis 1,5 Prozent zulegen, teilte der IWF am Dienstag in Berlin mit. Im vergangenen Jahr war die deutsche Wirtschaft noch geschrumpft, dieses Jahr wird nur mit einem mageren Plus von 0,2 Prozent gerechnet. Damit ist Deutschland derzeit das Schlusslicht unter den größten Industrienationen der Welt.

Weil die Inflationsraten deutlich niedriger ausfallen dürften, rechnet der IWF im Jahresverlauf mit einer allmählichen Erholung der Wirtschaft. Sie dürfte vom privaten Konsum getragen werden, hieß es im aktuellen Länderbericht für Deutschland. Der IWF verwies auf wieder steigende Reallöhne. Die internationale Finanzorganisation mit Sitz in Washington empfahl der Bundesregierung die Investitionen hochzufahren, etwa in Klimaschutz und Digitalisierung. Auch Bürokratie müsse abgebaut werden. Zudem brauche es mehr Kinderbetreuungsplätze, um angesichts des Fachkräftemangels vor allem Frauen stärker in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Der IWF lobte die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP für ihre Antwort auf die ausbleibenden russischen Gaslieferungen - Hilfen für die Verbraucher und das Erschließen neuer Energiequellen. Dies habe geholfen, die Energiepreise wieder zu senken und die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Zu den größten Risiken zählt der IWF noch schärfere politische Konflikte in der Welt wie zuletzt nach dem russischen Angriff auf die Ukraine oder dem wiederaufgeflammten Nahost-Konflikt.

Der IWF sprach sich erneut für eine moderate Reform der strengen Schuldenbremse aus, die dem Bund nur neue Schulden in Höhe von 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung erlaubt. Als Grund wurde auf den großen Investitionsstau verwiesen. Der Ausgabenbedarf werde in den nächsten Jahren noch zunehmen. Die Schuldenbegrenzung könnte um rund einen Prozentpunkt gelockert und die Schuldenquote trotzdem weiter zurückgehen. Der IWF betonte, die Regierung sollte auch in Erwägung ziehen, klimaschädliche Subventionen oder Steuervorteile zu streichen. Eine Reform der Schuldenbremse gilt aber als wenig wahrscheinlich, weil dafür eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig wäre.

Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner ist in der Ampel-Regierung der größte Gegner einer Reform der Schuldenbremse. In Kreisen seines Ministeriums hieß es am Dienstag, den Empfehlungen zur Schuldenbremse könne man nicht folgen. Dies würde vermutlich die neuen europäischen Schuldenregeln gefährden. "Die Schuldenbremse zu schleifen, birgt auch das Risiko, die gerade erst sinkende Inflation erneut anzuheizen. Höhere Schulden verursachen auch höhere Kosten. Die im Haushalt vorgesehenen Investitionen sind bereits auf Rekordniveau, nicht alle Mittel können aber abfließen." Priorität müsse eine Steigerung privater Investitionen haben.

(Bericht von Christian Krämer, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)