Von Andrea Thomas

DAVOS/BERLIN (Dow Jones)--Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat Ungarn aufgerufen, seine Abhängigkeit von russischem Öl zu reduzieren. In der aktuellen Debatte innerhalb der Europäischen Union über ein Ölembargo gegen Russland seien Ausnahmen für Länder mit einer hohen Abhängigkeit von russischem Öl wie Ungarn denkbar. Aber Ungarn müsse dafür auch am gemeinsamen Ziel der EU für ein Ölembargo festhalten und seinen Verbrauch an russischem Öl reduzieren.

"Wir müssen sehr aufpassen, dass wir nicht für alle die gleichen Regeln anwenden und die schwierige Situation einiger Staaten nicht sehen", sagte Habeck während einer Diskussionsrunde auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. "Aber ich erwarte von allen - auch von Ungarn -, dass sie sich um eine Lösung bemühen und nicht sagen, okay, wir machen eine Ausnahme und dann lehnen wir uns zurück und bauen auf unsere Partnerschaft mit Putin", sagte er in Anspielung auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Ausnahmen beim Ölembargo seien für einige Länder denkbar. "Aber sie müssen zu einer gemeinsamen Antwort führen", so Habeck.


   Welt muss vier Krisen lösen 

Habeck betonte zudem, dass die Welt aktuell mit vier Krisen umgehen und sie lösen müsse: hohe Inflationsraten, Energiekrise, Lebensmittelknappheit und Klimakrise.

"Wir können die Probleme nicht lösen, wenn wir uns nur auf eine der Krisen konzentrieren. Aber wenn keines der Probleme gelöst wird, habe ich wirklich Angst, dass wir in eine globale Rezession hineinlaufen, die nicht nur den Klimaschutz, sondern die Stabilität überhaupt massiv beeinträchtigen wird", mahnte Habeck.

Er schlug drei Wege vor, um die Probleme anzugehen. Zunächst müsse man die globalen Märkte offen halten. Denn wenn Länder sich nur um sich selbst und ihre Lebensmittel- und Energieversorgung kümmerten, dann werde dies "desaströse Effekte" auf Preise und Märkte haben.

Zweitens dürfe man ein Problem nicht zulasten eines anderen lösen. Denn wenn man nun die von fossilen Brennstoffen generierten Emissionen erhöht, werde das andere Probleme wie etwa den Klimawandel verschärfen. Als warnendes Beispiel verwies er auf die aktuelle Dürre in Indien.

Drittens müssten die Regeln des Marktes und der Globalisierung verändert werden. De-Globalisierung wäre die falsche Antwort. Man lebe in einer Zeitenwende, daher müssten sich auch die Regeln der Globalisierung ändern. Man müsse in der Welt zusammenarbeiten und Solidarität zeigen. Man müsse den Mut haben, die Regeln zu ändern

Habeck betonte zudem, dass die aktuelle Krise nach seiner Einschätzung die Energiewende beschleunigen wird.

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May 23, 2022 05:10 ET (09:10 GMT)