Brüssel/Sao Paulo (Reuters) - Die EU sollte nach Ansicht von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Gewinne aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten für den Waffenkauf für die Ukraine verwenden.

"Es ist an der Zeit, ein Gespräch darüber zu beginnen, die unerwarteten Gewinne aus den eingefrorenen russischen Vermögenswerten zu nutzen, um gemeinsam militärische Ausrüstung für die Ukraine zu kaufen", sagte sie vor dem Europäischen Parlament am Mittwoch. "Es könnte kein stärkeres Symbol und keine bessere Verwendung für dieses Geld geben, als die Ukraine und ganz Europa zu einem sichereren Ort zum Leben zu machen." Unterstützung bekam sie beim G20-Treffen in Brasilien von Bundesfinanzminister Christian Lindner und Frankreichs Ressortchef Bruno Le Maire.

Die USA dringen darauf, die rund 264 Milliarden Euro an eingefrorenem Geld für die Ukraine zu verwenden. Sie könnten entweder eingezogen oder als Sicherheiten bei der Ausgabe von Anleihen genutzt werden, hatte US-Finanzministerin Janet Yellen diese Woche in Sao Paulo gesagt. Die EU-Staaten wollen dagegen aus juristischen Gründen nur die anfallenden Zinsen aus den eingefrorenen Guthaben nutzen. Zwei Drittel der Vermögenswerte sind in der EU eingefroren worden.

Lindner sagte vor Journalisten, Ziel sei es, den Druck auf Russland zu erhöhen. Deswegen könne man an die Erträge aus den eingefrorenen Geldern ran. "Das ist ein realistischer, rechtlich sicherer und auch kurzfristig umsetzbarer Schritt. Und darauf konzentrieren wir uns." Es könne ein einstelliger Milliarden-Euro-Betrag zusammenkommen, der mit der Zeit wachsen werde.

Ähnlich äußerte sich Le Maire. "Wir haben nicht die rechtlichen Möglichkeiten, die russischen Vermögenswerte einzuziehen." Dies trotzdem zu tun, könne eine stärkere Spaltung nach sich ziehen. Dabei brauche es eine geschlossene Unterstützung der Ukraine. Den Vorschlag der EU-Kommissionspräsidentin nannte Le Maire interessant.

Auch bei den Zinseinnahmen muss aber noch der genaue Verwendungszweck geklärt werden. So war auch diskutiert worden, ob das Geld für den Wiederaufbau der von Russland stark zerstörten Infrastruktur in der Ukraine genutzt werden könnte.

Von der Leyen mahnte zudem den Ausbau der europäischen Rüstungsindustrie und die Stärkung der Streitkräfte in der EU an. Die Kriegsgefahr für die EU "mag nicht unmittelbar bevorstehen, aber sie ist nicht unmöglich". In ihrer Rede gab von der Leyen auch einen Ausblick auf eine neue europäische Strategie für die Verteidigungsindustrie, die ihre Kommission in den kommenden Wochen vorlegen will. Eines der Hauptziele bestehe darin, der gemeinsamen Beschaffung von Waffen Vorrang einzuräumen.

(Bericht von Andrew Gray, Andreas Rinke und Christian Krämer.; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)