BERLIN (dpa-AFX) - Kurz vor der Entscheidung der SPD-Delegierten für oder gegen Koalitionsverhandlungen mit der Union bekommt SPD-Chef Martin Schulz Unterstützung von führenden Ökonomen. "Eine große Koalition ist die beste Option, die Deutschland heute hat", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, dem "Handelsblatt" (Samstag). "Weder eine Minderheitsregierung noch Neuwahlen würden die Optionen verbessern."

Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche seien "eine gute Grundlage für einen Koalitionsvertrag, auch wenn ich mir mehr Ambitionen für Deutschland gewünscht hätte", sagte Fratzscher. Positiv sei etwa die Absicht von Union und SPD, endlich mehr Verantwortung für Europa zu übernehmen und grundlegende Reformen mit Frankreich anzustoßen.

Auch der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, bezeichnete das Sondierungspapier als eine "gute Ausgangsbasis" für Gespräche. "Meines Erachtens enthält das Papier Licht und Schatten", sagte Fuest. Positiv sei beispielsweise der Plan, zu einer "rationaleren" Einwanderungspolitik zu kommen. Verbesserungsbedürftig sei hingegen die Steuerpolitik. Zudem sei eine Reform der Unternehmensbesteuerung nötig. "All das fehlt in dem Papier."

Der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, plädierte ebenfalls für vertiefende GroKo-Gespräche. Zu begrüßen sei, dass das Thema Europa an der Spitze des Sondierungspapiers stehe. Es komme aber auf die "konkrete Ausgestaltung" zum Beispiel eines europäischen Finanzministeriums an.

Als "ärgerlich" bezeichnete Horn den Plan für eine teilweise Abschaffung des Soli. Eine solche Maßnahme reiße "nicht nur ein großes Loch in die öffentlichen Kassen und beschränke damit den Spielraum für dringend benötigte öffentliche Investitionen, sondern sie erhöht auch für sich genommen die ohnehin hohe Ungleichheit der Einkommen"./bi/DP/zb