DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Etwa die Hälfte der Verfahren zu Cum-Ex-Steuerdelikten soll in eine neue Hauptabteilung der Kölner Staatsanwaltschaft wandern. Dazu soll eine zweite Hauptabteilung gebildet werden. Das hat NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) am Mittwoch dem Rechtsausschuss des NRW-Landtags mitgeteilt.

Limbach wehrte sich gegen den Vorwurf, die leitende Cum-Ex-Ermittlerin Anne Brorhilker damit entmachten zu wollen. Es gehe um Entlastung, sagte er. "Es ist für einen zu viel. Es geht darum, die Arbeit auf mehr Schultern zu verteilen und zu vermeiden, dass die Taten verjähren. Das ist meine Sorge."

Deswegen habe er dem Vorschlag des Chefs der Kölner Staatsanwaltschaft am vergangenen Freitag zugestimmt, die Hauptabteilung, die sich um die 120 Cum-Ex-Ermittlungsverfahren mit 1700 Beschuldigten kümmert, in zwei Hauptabteilungen aufzuteilen und einen zweiten Hauptabteilungsleiter zu benennen.

Bei Cum-Ex-Geschäften schoben Investoren Aktien rund um den Dividendenstichtag mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch hin und her. In der Folge erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand so ein Schaden von geschätzten zehn Milliarden Euro.

Die bisherige Hauptabteilung mit ihrer Leiterin habe hervorragende Arbeit geleistet, betonte Limbach. "Sie hat mein Vertrauen. Sie ist eine hervorragende Ermittlerin."

Die Zahl der Staatsanwälte in der Hauptabteilung habe sich wegen der Cum-Ex-Delikte aber auf 32 enorm erhöht. Sie sei damit die größte in Nordrhein-Westfalen. "Die Berichte, die mir vorliegen, sprechen dafür, dass wir eine Flaschenhals-Situation haben", sagte Limbach. "Wir müssen die Ermittlungen effizient und effektiv organisieren."

Dabei verfolge er zwei Ziele: "Die Drahtzieher und Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Ein praller Geldbeutel darf nicht vor Strafe schützen", sagte Limbach im Rechtsausschuss des Landtags. "Und wir müssen das Geld, das diese Täter unrechtmäßig vereinnahmt haben, zurückholen."

Limbach räumte ein, dass sich der zuständige Kölner Generalstaatsanwalt gegen die Umstrukturierung ausgesprochen habe. Dieser habe Zweifel an der erhofften Wirkung und schließe eine Schwächung der Arbeit nicht aus. Der Generalstaatsanwalt habe sich dafür ausgesprochen abzuwarten und die Situation zu beobachten.

Er sei jedoch der Ansicht, dass es besser sei, nicht weiter abzuwarten, sagte Limbach. "Am Ende schadet es dem Ansehen des Rechtsstaats gerade dann, wenn die Verfahren wegen der langen Laufzeit zu nur noch geringen Strafen führen, oder in die Verjährung laufen. Dieser Gefahr dürfen wir uns auf keinen Fall aussetzen."

Limbach hatte Mitte August im Rechtsausschuss des Landtags die Kölner Staatsanwaltschaft scharf kritisiert. Dabei ging es um die zögerliche Herausgabe von Cum-Ex-Unterlagen an den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Hamburg. Das Justizministerium sei teilweise zu spät oder gar nicht informiert worden.

Am Mittwoch führte der NRW-Justizminister aus, dass sein Haus erst auf mehrfache Nachfrage erfahren habe, dass in Köln dazu Unterlagen im Umfang von 100 000 Kartons lagern. Inzwischen sei auch das Email-Postfach des ehemaligen Ersten Bürgermeisters von Hamburg freigegeben worden, sagte Limbach. Dabei handelt es sich um die damaligen Emails von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Der Leiter der Kölner Staatsanwaltschaft hatte mitten im Streit um die Akten seinen Job quittiert und angekündigt, in den vorzeitigen Ruhestand zu gehen. Seit dem 1. August gibt es einen neuen Leiter./fc/DP/men