Das Gericht bestätigt die gegen Toshiba und Mitsubishi Electric wegen ihrer Beteiligung an einem Kartell auf dem Markt für gasisolierte Schaltanlagen verhängten Geldbußen in Höhe von 131 Mio. Euro


Gericht der Europäischen Union

PRESSEMITTEILUNG Nr. 2/16

Luxemburg, den 19. Januar 2016


Presse und Information


Urteile in den Rechtssachen T-404/12, Toshiba/Kommission, und T-409/12,

Mitsubishi Electric/Kommission


Das Gericht bestätigt die gegen Toshiba und Mitsubishi Electric wegen ihrer Beteiligung an einem Kartell auf dem Markt für gasisolierte Schaltanlagen verhängten Geldbußen in Höhe von 131 Mio. Euro


Mit Entscheidung vom 24. Januar 20071 verhängte die Kommission gegen 20 europäische und japanische Unternehmen2 Geldbußen in Höhe von insgesamt 750,71 Mio. Euro wegen ihrer Beteiligung an einem Kartell3 auf dem Markt für gasisolierte Schaltanlagen (GIS) zwischen 1988 und 2004. GIS sind der Hauptbestandteil von Umspannwerken, die dazu dienen, elektrischen Strom mit hoher Spannung in solchen mit niedriger Spannung umzuwandeln und umgekehrt. Ihre Aufgabe ist es, den Transformator vor einer Überlast zu schützen und/oder den Stromkreis und einen defekten Transformator zu isolieren.


Die gegen Mitsubishi Electric und Toshiba verhängten Geldbußen beliefen sich auf 113,92 Mio. Euro bzw. 86,25 Mio. Euro. Hinzu kam eine weitere Geldbuße in Höhe von 4,65 Mio. Euro, die von den beiden japanischen Gesellschaften gesamtschuldnerisch zu zahlen war. Mit Urteilen vom 12. Juli 20114 hob das Gericht der Europäischen Union die gegen Mitsubishi und Toshiba verhängten Geldbußen auf, da die Kommission seiner Ansicht nach bei der Berechnung dieser Geldbußen den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt hatte. Dagegen bestätigte das Gericht, dass Mitsubishi und Toshiba am Kartell beteiligt waren. Mit Urteil vom 19. Dezember 20135 bestätigte der Gerichtshof die Urteile des Gerichts.


Die Kommission berechnete die gegen Mitsubishi und Toshiba verhängten Geldbußen neu und setzte sie auf 74,82 Mio. Euro und 56,79 Mio. Euro fest. Der von den beiden Gesellschaften als Gesamtschuldner zu zahlende Betrag wurde erneut auf 4,65 Mio. Euro festgesetzt6. Die beiden japanischen Hersteller haben sich daraufhin an das Gericht gewandt, um die neuen Geldbußen aufheben zu lassen.


1 Entscheidung K(2006) 6762 endg. der Kommission vom 24. Januar 2007 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/F/38.899 - Gasisolierte Schaltanlagen), von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2008, C 5, S. 7) veröffentlicht wurde.

2 ABB, Alstom, Areva, Areva T & D AG, Areva T & D Holding, Areva T & D SA, Fuji Electric Holdings, Fuji Electric Systems, Hitachi, Hitachi Europe, Japan AE Power Systems, Mitsubishi Electric, Nuova Magrini Galileo, Schneider Electric, Siemens, Siemens Österreich, Siemens Transmission & Distribution SA, Siemens Transmission & Distribution

Ltd, Toshiba und VA Tech Transmission & Distribution.

3 Die am Kartell beteiligten Unternehmen schlossen eine Vereinbarung über die weltweite Koordinierung ihrer Geschäftstätigkeit und führten eine Kontingentregelung zur Festlegung der Marktanteile ein, die jede Gruppe unter ihren Mitgliedern aufteilen konnte. Die Kommission warf den am Kartell Beteiligten ferner vor, eine nicht schriftlich

festgehaltene Übereinkunft getroffen zu haben, um den europäischen Markt den europäischen Unternehmen und den japanischen Markt den japanischen Unternehmen vorzubehalten.

4 Urteile des Gerichts vom 12. Juli 2011, Toshiba/Kommission (Rechtssache T-113/07) und Mitsubishi Electric/Kommission (Rechtssache T-133/07); vgl. auch Pressemitteilung Nr. 70/11.

5 Urteil des Gerichtshofs vom 19. Dezember 2013, Siemens/Kommission (Rechtssache C-239/11 P), Mitsubishi Electric/Kommission (Rechtssache C-489/11 P) und Toshiba/Kommission (Rechtssache C-498/11 P); vgl. auch

Pressemitteilung Nr. 161/13.

6 Entscheidung C (2012) 4381 der Kommission vom 27. Juni 2012 zur Änderung der Entscheidung von 2007, soweit sie an Mitsubishi Electric und Toshiba gerichtet war (Sache COMP/39.966 - Gasisolierte Schaltanlagen - Geldbußen).

In seinen heutigen Urteilen weist das Gericht die Klagen von Toshiba und Mitsubishi Electric ab und bestätigt damit die von der Kommission verhängten neuen Geldbußen.


Die beiden japanischen Hersteller werfen der Kommission insbesondere vor, sie für das Kartell im selben Maß zur Verantwortung gezogen zu haben wie die europäischen Hersteller, obwohl sie anders als diese nur an einem Aspekt des Kartells beteiligt gewesen seien. Die japanischen Hersteller hätten sich nämlich gegenüber den europäischen Herstellern nur dazu verpflichtet, nicht auf den EWR-Markt vorzudringen, so dass sich ihre Beteiligung auf eine bloße Unterlassung beschränke. Dagegen hätten sie sich nicht an der Aufteilung der Marktanteile im EWR beteiligt. Das Gericht sieht jedoch in der Unterlassung der japanischen Unternehmen eine Vorbedingung für die Aufteilung der Marktanteile zwischen den europäischen Herstellern im EWR, so dass diese Unternehmen einen für das Funktionieren der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit notwendigen Beitrag leisteten und der Grad ihrer Verantwortlichkeit nicht als geringer eingestuft werden kann.


Toshiba und Mitsubishi Electric machen ferner geltend, dass die Festsetzung der Geldbußen auf ihre jeweiligen GIS-Umsätze im Jahr 2003 hätte gestützt werden müssen. Die Kommission hat bei der Berechnung der neuen Geldbußen jedoch nicht die jeweiligen Umsätze dieser beiden Unternehmen berücksichtigt, sondern die von TM T & D, einem Gemeinschaftsunternehmen, das sich zu je 50 % im Besitz der beiden japanischen Hersteller befand. Das Gericht stellt hierzu fest, dass die Kommission nach der Aufhebung der zuerst festgesetzten Geldbußen verpflichtet war, bei der Ermittlung der Umsätze auf das Jahr 2003 als Bezugsjahr abzustellen7. In diesem Jahr erzielten Toshiba und Mitsubishi Electric aber selbst keine GIS-Umsätze, da sie ihre Tätigkeiten in diesem Bereich auf ihr Gemeinschaftsunternehmen TM T & D übertragen hatten. Daraus folgt, dass die Kommission die Umsätze unter Heranziehung des neuen Bezugsjahrs 2003 anhand besonderer Modalitäten bestimmen und sich dabei auf die Umsätze von TM T & D stützen konnte.


HINWEIS: Gegen die Entscheidung des Gerichts kann innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden.


HINWEIS: Eine Nichtigkeitsklage dient dazu, unionsrechtswidrige Handlungen der Unionsorgane für nichtig erklären zu lassen. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen von Mitgliedstaaten, Organen der Union oder Einzelnen beim Gerichtshof oder beim Gericht erhoben werden. Ist die Klage begründet, wird die Handlung für nichtig erklärt. Das betreffende Organ hat eine durch die Nichtigerklärung der Handlung etwa entstehende Regelungslücke zu schließen.


Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das das Gericht nicht bindet.

Der Volltext der Urteile (T-404/12 und T-409/12) wird am Tag der Verkündung auf der Curia-Website veröffentlicht.

Pressekontakt: Hartmut Ost (+352) 4303 3255


7 In seinen Urteilen vom 12. Juli 2011 (vgl. Fußnote 4) hatte das Gericht ausgeführt, dass die Kommission für Mitsubishi Electric und Toshiba ein anderes Referenzjahr (2001) herangezogen hatte als für die europäischen Unternehmen (2003). Daraus hatte es geschlossen, dass die Kommission die japanischen und die europäischen Hersteller nicht gleichbehandelt hatte.

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