LONDON/BERLIN (dpa-AFX) - Im Streit um Brexit-Sonderregeln für Nordirland hat der Industrieverband BDI die EU und Großbritannien zur Vertragstreue gemahnt. "Weder die Briten noch die EU dürfen am Vertragswerk rütteln", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang, der Deutschen Presse-Agentur. "Beide Seiten müssen ohne Wenn und Aber zu ihren Verpflichtungen stehen. Es braucht Stabilität in der neuen Partnerschaft, damit wechselseitige Investitionen auch in Zukunft erfolgreich sind."

Am Mittwoch hatte die EU weitreichende Vorschläge vorgelegt, um den Streit mit Großbritannien um das sogenannte Nordirland-Protokoll zu entschärfen. Die britische Regierung hatte aber bereits vorab Forderungen gestellt, die die EU kaum erfüllen kann. Experten befürchten einen neuen Handelskrieg, falls London die Abmachung aussetzt oder gar aufkündigt.

Lang forderte, die britische Regierung dürfe sich einem konstruktiven Umgang bei der Umsetzung des Nordirland-Protokolls nicht verweigern. "Sonst müssen alle Beteiligten Zollspiralen und weitere handelspolitische Gegenmaßnahmen fürchten", sagte er und nahm London in die Pflicht. "Verlässlichkeit ist unverzichtbar, um die Zusammenarbeit auf wichtigen wirtschaftspolitischen Feldern zu vertiefen. Dazu zählen die grüne Transformation, Digitalisierung, Forschung und Entwicklung."

Das Nordirland-Protokoll soll eine harte Grenze zwischen der britischen Provinz und dem EU-Mitglied Republik Irland und damit neue Spannungen in der früheren Bürgerkriegsregion verhindern. Die Regelung sieht vor, dass Nordirland trotz des Brexits weiter den Regeln der EU-Zollunion und des Binnenmarkts folgt. Dadurch ist aber eine Zollgrenze zwischen der Provinz und dem Rest des Vereinigten Königreichs entstanden, es kommt zu Lieferproblemen im innerbritischen Handel./bvi/DP/stk