FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 15. Dezember 2022. Frankfurt (Börse Frankfurt). Der Kryptomarkt hat sich von den Kursverlusten im Zuge der Insolvenz der Kryptobörse FTX leicht erholt. Die Lage beruhigt sich. Anfang November rutschte das Bitcoin nach einem stabilen Sommer von 21.041 auf 15.665 US-Dollar ab, nachdem die bis dahin drittgrößte Kryptobörse weltweit, FTX, zusammengebrochen war. Aktuell notiert das Bitcoin bei 17.734 US-Dollar. Zeitgleich war Ether von 1.529 auf 1.010 US-Dollar gefallen und steht am Donnerstag bei 1.289 US-Dollar. Seit Jahresbeginn haben die beiden größten Kryptowährungen 61 bzw. 65 Prozent an Wert eingebüßt.

Im Mai hatte bereits der Zusammenbruch des Stable Coin TerraUSD für erhebliche Kursabschläge gesorgt. Danach hatten der Hedge Fonds Three Arrows Capital und der Kryptoverleiher Celsius Network in den USA Insolvenz angemeldet, in Deutschland die Krypto-Bank Nuri. Auch das hatte den Markt belastet. Die Zahlungsunfähigkeit von FTX vernichtete zuletzt weitere Milliarden.

"Gründe für den Zusammenbruch von FTX waren uneinbringliche Forderungen - eine Reihe von gehebelten Long-Positionen auf Assets mit relativ hoher Volatilität, Kredite, die ohne geeignete Due Diligence vergeben wurden und angeblich eine zweckwidrige Vermischung von Börsengeldern mit dem Schwester-Hedgefonds Alameda Research", fasst Benjamin Dean, Director Digital Assets bei WisdomTree, das Geschehen zusammen.

An der Börse Frankfurt waren abermals ETNs der großen Kryptowährungen, zuvorderst Trackers des Bitcoin, rege gehandelt. Wie im Vormonat waren in den vergangenen vier Wochen die Umsätze mit BTCetc Bitcoin Exchange Traded Crypto ([DE000A27Z304>) am größten. Zweitumsatzstärkster Krypto-ETN wurde der 21Shares Short Bitcoin ETN (CH0514065058), gefolgt vom VanEck Bitcoin ETN (DE000A28M8D0). Viel geht auch in Ethereum um: Auf den Plätzen vier und fünf werden der 21Shares Ethereum (CH0454664027) und der VanEck Ethereum (DE000A3GPSP7) gehandelt.

Zuflüsse bei physisch besicherten Bitcoin-ETP

Trotz der negativen Nachrichten vom November vermerkt WisdomTree auf Monatssicht in Europa Zuflüsse in Bitcoin-Tracker: "Infolge des Falls FTX ist es in Europa zu einem Anstieg der Zuflüsse von institutionellen Investoren in physisch besicherte Bitcoin-ETPs gekommen", berichtet Dean. Insgesamt 16,5 Millionen US-Dollar sind laut WisdomTree einer der höchsten monatlichen Werte des Jahres. Aus synthetischen Bitcoin-ETPs flossen im gleichen Zeitraum 6,7 Millionen US-Dollar ab. Dadurch belaufen sich die gesamten Abflüsse in diesem Quartal auf 15,4 Millionen US-Dollar.

Bemerkenswerte Ethereum-Zuflüsse

Zugleich stellt WisdomTree ein Umschwenken der Investor*innen von Ethereum zu Bitcoin fest. Trotzdem seien die Nettozuflüsse in Ethereum positiv: Die Zuflüsse in Europa in physisch besicherte Ether-ETPs betrugen laut WisdomTree im November 5,3 Millionen US-Dollar und damit einer Gesamtsumme im bisherigen Quartal von 8,4 Millionen US-Dollar. "Diese positiven Netto-Zuflüsse sind angesichts der Volatilität auf den Digital-Asset-Märkten im vergangenen Monat bemerkenswert." Dean verweist vor allem auf die Stabilität der Blockchain inmitten der Turbulenzen.

"Obwohl das Ethereum-Netzwerk ebenfalls von den Folgen der Ereigniskette rund um FTX betroffen war, kam es weder zu Beeinträchtigungen der Netzwerkaktivität noch zu Störungen in auf dem Netzwerk entwickelten Anwendungen", kommentiert Dean. Der Zusammenbruch von zentralisierten Börsen wie FTX stärke vielmehr das Argument für dezentralisierte Finanz-Apps ("DeFi") wie Uniswap, Compound und Aave.

Auch bei 21Shares wurde der Kurseinbruch nach der Insolvenz von FTX überwiegend zum Kauf genutzt. "Die Anleger haben sich klar auf Bitcoin fokussiert und hier Positionen aufgebaut", beschreibt Adrian Fritz von 21.co die Marktlage. Der Schweizer Anbieter registirere Zuflüsse. "Der Kurseinbruch wurde unmittelbar zum Kauf genutzt, wenn auch nicht mit großen Summen", erklärt Fritz weiter. Am meisten gehandelt auf Monatssicht wird der 21Shares Bitcoin ETP (CH0454664001) sowie sein Short-Pendant (CH0514065058), das vor allem im aktiven Trading stark genutzt werde. Auch aus anderen Kryptos seien kaum Abflüsse zu verzeichnen, wenngleich auch weniger Zuspruch. Das Handelsvolumen war zu den nachrichtenintensiven Tagen um FTX nach oben gegangen, habe sich nun aber wieder auf niedrigem Niveau eingependelt.

Konsolidierung und positiver Ausblick für Bitcoin und Ethereum

Die Stimmung sei nach wie vor nervös. 21Shares ist dennoch optimistisch für 2023. "Der Markt ist nach all den Hiobsbotschaften aber widerstandsfähiger als erwartet", beschreibt Fritz die Lage. "Wir glauben dennoch, dass der Markt bis Mitte 2023 weiter konsolidiert." Doch mit sinkender Inflation und einem Ende der Zinserhöhungen in den USA voraussichtlich Mitte des Jahres 2023 sollte eine Markterholung einsetzen. Aber nicht allein die Makro-Lage werde dazu beitragen, sondern auch Potential der großen Kryptos, vor allem Ethereum. Hier wird nach Einschätzung von Fritz eine weitere wichtige Hürde voraussichtlich im Frühjahr genommen:

Mit dem nächsten Update der zweitgrößten Kryptowährung, das von Herbst auf März 2023 vorgezogen wird, wird das Abheben von Ethereum-Stakes möglich. Staking bedeutet, dass Besitzer von Ethereum diese Coins hinterlegen und damit das Recht erhalten, Validatoren zu sein. Das heißt, sie genehmigen Transaktionen, deren Verarbeitung und deren Speicherung auf der Blockchain und erhalten dafür eine Belohnung in Form von Zinsen. Diese Stakes sind erst nach dem Update für die Besitzer verfügbar und können dann wieder abgehoben werden.

Schon jetzt, vor dem Update, kämen nach Angaben von Fritz viele Applikationen und andere Projekte auf die Ethereum-Blockchain zurück. "Das Vertrauen in Ethereum ist groß - aber nach Einschätzung von Fritz auch in so genannte Layer 2-Projekte wie Polygon." Verschiedene dezentrale Anwendungen (DApps) wie Polygon oder Uniswap nutzen die Ethereum-Blockchain, um mit Smart Contracts Finanzdienstleistungen wie Kreditvergabe oder Kryptohandel anzubieten. Smart Contracts sind digitale Verträge auf Basis der Blockchain-Technologie, die unter bestimmten, vorab programmierten Bedingungen erfüllt werden. Die Nachfrage nach solchen Lösungen steige.

Basis für Kryptoaufschwung geschaffen

Auch für Bitcoin sieht 21Shares Potential nach oben: "Anleger schätzen nach den Fiaskos von 2022 die Möglichkeiten der eigenen Verwahrung als einem der großen Vorteile von Bitcoin wieder deutlich mehr", erläutert Fritz. Darüber hinaus stiegen die Kryptoangebote großer Finanzdienstleister sukzessive. "Das schafft Vertrauen und Möglichkeiten zu investieren. Auch der Erfolg des Ethereum-Updates "The Merge" ist Teil der Basis für den nächsten Aufschwung. Den erwarten wir in den kommenden 18 bis 24 Monaten."

Mit "The Merge"- einem von fünf Updates über die kommenden Jahre - hatte Ethereum Mitte September den Wechsel auf den Proof of Stake vollzogen. Das ist ein Konsensmechanismus, der von der Token-Anzahl der Nutzer abhängt: Je mehr Token ein Nutzer hat, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, ausgewählt zu werden, um den nächsten Block der Blockchain zu überprüfen und eine Belohnung zu erhalten. Um Validator zu werden müssen Nutzer*innen mindestens 32 Ether zu Verfügung stellen.

Regulierung der Kryptobörsen erwartet

Zu den gefallenen Helden zählt Fritz hingegen spätestens seit den Insolvenzen von Celsius und FTX die so genannten Exchange Token, digitale Währungen, die von Kryptobörsen herausgegeben werden. Fritz erwartet im neuen Jahr vor allem eine stärkere Regulierung der Kryptobörsen. "Hier betreiben viele aus eigenem Antrieb einen großen Aufwand, ihre Reserven nachzuweisen und so für mehr Transparenz zu sorgen", urteilt Fritz. Allerdings erwarte sein Haus, dass die Börsenaufsichten wie die SEC in den USA hier Maßnahmen ergreifen. Sie könnten den Reservenachweis verpflichtend festlegen und eine Registrierung der Börsen bei der SEC verlangen. Und während Börsen unregulierter Märkte wie den Bahamas an Vertrauen verlieren, könnten heimische Anbieter mit entsprechenden Lizenzen mit Zuflüssen profitieren. "Regulierung bleibt aber ein Thema."

von: Antje Erhard, 15. Dezember 2022, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)