FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 29. Juni 2022. FRANKFURT. Zwar liegen sowohl die Profis als auch die Privatanleger auf Null, Goldberg hält die Stimmung aber immer noch für zu gut.

Zum Quartalsende könnte man fast schon ein wenig neidvoll nach China blicken, wo sich Aktien (gemessen am Shanghai Composite 300 Index) ausgehend von ihrem niedrigsten Niveau Ende April bis heute um rund 19 Prozent befestigt haben. Nach landläufiger Definition befindet man sich damit kurz vor einem Bullenmarkt. Dass sich chinesische Aktien besser entwickelt haben als ihre westlichen Pendants in den USA und hierzulande, ist zum Teil auf die unterschiedliche Geldpolitik zurückzuführen. Denn im Gegensatz zu China kämpfen die Börsianer hierzulande mit einer massiven Inflationsentwicklung und Ängsten vor einer (vor allen Dingen in den USA) möglicherweise zu straffen Notenbankpolitik. Kurzum: Der DAX hat kurz vor Ende des abgelaufenen Quartals zum Zeitpunkt unserer heutigen Stimmungserhebung etwas mehr als 9 Prozent seines Wertes verloren und liegt nicht allzu weit von seinem Jahrestief entfernt. US-Aktien sind übrigens noch viel deutlicher unter die Räder gekommen.

Immerhin hat sich der DAX seit unserer vergangenen Stimmungserhebung zeitweise etwas erholt und vorübergehend ein Plus von rund 2,9 Prozent verbuchen können. Offenbar genug, um einen Teil der von uns befragten institutionellen Investoren zu einem Positionswechsel zu bewegen. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist gegenüber der Vorwoche um 7 Punkte gefallen, so dass sich nunmehr ein neuer Stand von 0 Punkten ergibt. Zu diesem neutralen Indexstand hat in erster Linie ein kleiner Teil vormals bullish eingestellter Investoren beigetragen, die ihre Engagements um 180 Grad auf bearish gedreht haben.

Vorübergehende DAX-Erholung nützt nur Wenigen

Eine ähnliche Entwicklung können wir für die Privatanleger feststellen, deren Börse Frankfurt Sentiment-Index um 4 Punkte auf einen neuen Stand von ebenfalls 0 Punkten gefallen ist. Auch hier gehen wir davon aus, dass sich eine kleine Gruppe von Optimisten von ihren Engagements getrennt hat.

Damit befindet sich die Stimmung der privaten und institutionellen Investoren gleichsam auf der neutralen Nulllinie, aber nicht auf dem Nullpunkt. Denn obwohl unser Börse Frankfurt Sentiment-Index für die institutionellen Investoren einen neutralen Wert anzeigt, bleibt bemerkenswert, dass der überwiegende Teil der dort befindlichen, optimistisch eingestellten Investoren trotz der zwischenzeitlichen DAX-Erholung untätig geblieben ist. Andererseits ist es verständlich, dass sich das Gros von ihnen wohl eine stärkere Rallye erhofft haben dürfte. Nicht zuletzt, weil die Einstandspreise ihrer Engagements in vielen Fällen immer noch viel zu weit vom derzeitigen DAX-Niveau entfernt sind.

Stimmung zu gut

Auf der anderen Seite gab es seit unserer vergangenen Erhebung für die mit 36, bzw 37 Prozent aller befragten Investoren nun gleichstarke Gruppe der Pessimisten gerade einmal einen zeitweisen Kursverlust des DAX von nicht einmal 100 Punkten - anscheinend nicht genug, um etwaige Short-Positionen wieder einzudecken.

Unter dem Strich hat der heutige Rückgang im Börse Frankfurt Sentiment-Index für den DAX kaum Entlastung gebracht. Denn im Falle eines weiteren Abschwungs scheint fraglich, ob die derzeitigen Pessimisten in der Lage wären, genügend Nachfrage aufzubringen, um einen deutlichen Verfall des DAX nachhaltig zu stoppen. Ganz zu schweigen von den Optimisten, die möglicherweise in einem solchen Fall auf der anderen Seite die Notbremse ziehen müssten, um sich ihrer bullishen Engagements zu entledigen.

Sollte es auf der anderen Seite abermals zu einer Erholungsrallye kommen - wir sprechen immer noch von einer "normalen" Korrektur in einem übergeordneten Bärenmarkt -, wäre an der Oberseite immerhin noch Platz für eine fünf- bis sechsprozentige Aufwärtsbewegung, bezogen auf den heutigen Erhebungskurs von 13.100 DAX Zählern. Gemessen an der DAX-Entwicklung der vergangenen Wochen ist die neutrale Stimmung der Investoren insgesamt zu gut.

29. Juni 2022, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)