FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Grüne Anleihen finanzieren Projekte zum Schutz von Klima und Umwelt. Das ist auch für umweltbewusste Geldgeber eine Chance, denn jetzt locken die nachhaltigen Papiere mit guten Renditen, erwartet das ETF Magazin.

29. Dezember 2022. MÜNCHEN (ETF Magazin). Die Zinserhöhungs-Offensive der Zentralbanken traf auch grüne Anleihen hart. Der Bloomberg-Global-Aggregate-EUR-Green-Bond-Index ging seit Neu­jahr um mehr als 20 Prozent in die Knie. Doch nach den kräftigen Kurskorrekturen locken auch bei grünen Anleihen jetzt wieder niedrige­re Einkaufskurse. "Wir sehen das erreichte Niveau nun als attraktiveren Einstiegspunkt für Investoren an, insbesondere für Anleger, die ein Interesse dar­an haben, unter Nachhaltigkeitsaspekten zu inves­tieren", wirbt Caterina Ottavi, Portfolio-Managerin des milliardenschweren Eurizon-Absolute-Green-Bonds-Fonds. Doch nicht nur mit ihrem Fonds ge­lingt der Einstieg. Mehrere preiswerte ETFs ermög­lichen Investoren diversifizierten Zugang zu den nachhaltigen Anleihen.

Seitdem die Weltbank 2008 die erste grüne Anlei­he begeben hat, ist das Segment der nachhaltigen (ESG-)Anleihen auf ein Volumen von mehr als 2,3 Billionen Euro angewachsen. Dabei ist nicht nur das Volumen rasant gestiegen. Es sind auch neue Anlei­hetypen entstanden - beispielsweise Sustainabili­ty-Bonds oder Sustainability-Linked-Bonds, bei de­nen einige Anleihemodalitäten an das Erreichen bestimmter Umwelt- und Sozialindikatoren gebun­den sind. "Anfänglich als Modetrend abgetan, wer­den Green Bonds langsam zu einer gefragten An­lagealternative", sagt Isabelle Vic-Philippe, Leiterin der Abteilung Euro Aggregate Anleihen bei Amun­di Asset Management und Portfolio-Managerin für Green und Social Bonds.

Seit 2014 habe der Green-Bond-Markt merk­lich an Dynamik gewonnen. Damals haben Finanz­marktteilnehmer unter Führung des Branchenver­bands International Capital Market Association (ICMA) die Green Bond Principles formuliert. Die­se unverbindlichen Leitlinien regeln, was eine grü­ne Anleihe auszeichnet. Den Standards zufolge sind Green Bonds alle Arten von Anleihen, bei denen die Erlöse exklusiv grüne Projekte ganz oder teilweise finanzieren oder refinanzieren. "Das heißt, die Mit­tel sollen die Umwelt schützen oder den Klimawan­del bekämpfen", erklärt Vic-Philippe.

Zudem müssten die Emittenten nach den Green Bond Principles einen Jahresbericht veröffentlichen und die Bereiche offenlegen, denen die Erlöse zu­geflossen sind. Zulässig seien unter anderem erneu­erbare Energien, Energieeffizienz, grüne Gebäude und umweltfreundlicher Transport. "Manche Anlei­hen sind also direkt Umwelt- oder Klimaprojekten zugeordnet, andere finanzieren Tranchen von meh­reren Projekten und wieder andere sind einfach von Firmen aus der Umweltbranche emittierte Unter­nehmensanleihen", berichtet die Green-Bond-Ex­pertin Vic-Philippe.

Emittenten mit guter Bonität

Ursprünglich war der Green-Bond-Markt durch europäische Entwick­lungsbanken und Agenturen geprägt. Seit einiger Zeit emittieren jedoch auch immer mehr Unterneh­men solche Anleihen. Banken und Staaten werden ebenfalls aktiver. Gleichzeitig verbreitert sich der Markt geografisch. Bezogen auf die Emissionsvolu­men, belegt Deutschland nach Frankreich vor den USA und China den zweiten Platz. Hierzulande do­minieren insbesondere die Kreditanstalt für Wie­deraufbau (KfW) und die Bundesrepublik Deutsch­land, die im September 2020 ihren ersten Green Bond emittierte.

Grüne Anleihen sind im Prinzip herkömmliche Anleihen, die sich durch die Verwendung der Mit­tel unterscheiden. Insbesondere sind sie gleichran­gig zu anderen Emissionen desselben Emittenten. "Das finanzielle Risiko hängt also von der Bonität des Emittenten ab und nicht vom grünen Projekt selbst. Dies ist grundsätzlich positiv, da die Bewer­tungen inklusive der fundamentalen und techni­schen Faktoren den Märkten überlassen werden", urteilt Vic-Philippe. Ein weiterer Pluspunkt für die Green Bonds: Bei diesen Anleihen ist von Anfang an relativ klar, für welche Projekte das bei den Ka­pitalgebern eingesammelte Geld verwendet wird. Bei traditionellen Anleihen ist das oft nicht der Fall.

Vergleichbare Rendite

Green Bonds locken also in der Regel mit guter Bonität, mit Transparenz und attraktiver, zielgerichteter Mittelverwendung. Doch bringen sie auch akzeptable Renditen? Die Anwort auf diese Frage lautet Jein. Noch vor zwei Jahren lag die Rendite der grünen Anleihen regelmäßig eini­ge Basispunkte unter der Rendite traditioneller An­leihen, berichtet die Association for Financial Mar­kets in Europe (AFME). Inzwischen sei bei grünen Staatsanleihen aus Frankreich und Deutschland so­wie bei Unternehmensanleihen der Abschlag auf etwa 2 Basispunkte geschrumpft. In Holland lie­gen die Renditen der Green Bonds sogar über denen der Staatsanleihen. Aktuell bieten Green Bonds also nahezu die gleiche Rendite wie klassische Anleihen.

Auch aufgrund dieser attraktiven Bewertung rech­nen Experten damit, dass das Emissionsvolumen der grünen Anleihen weiter zunehmen wird, selbst wenn das Volumen - vor dem Hintergrund des ra­santen Zinsanstiegs - in diesem Jahr vielleicht weni­ger stark steigen könnte als zu Jahresbeginn erwar­tet. "Auch nachhaltige Anleihen sind Anleihen und unterliegen damit immer noch dem gleichen Gegen­wind wie der breite Markt", erklärt Matthew Kuch­tyak, Analyst für nachhaltige Finanzen bei Moody's.

Längerfristig spreche für weiteres Wachstum "die strategische Notwendigkeit von Anlegern, ihr Ka­pital in entwicklungspolitisch wirksame Investitio­nen zu lenken", sagt Portfolio-Managerin Vic-Philippe. Was sie damit meint: Politik und Gesellschaft treiben Investoren in nachhaltige Investmentstrate­gien. Green Bonds kommen da gerade recht. ETFs ermöglichen einen preiswerten und diversifizier­ten Einstieg. Etwa zehn Green-Bond-ETFs notie­ren an der deutschen Börse. Meist investieren sie überwiegend in Staatsanleihen und Papiere staatsnaher Emittenten, doch es gibt auch ETFs für grüne Unternehmensanleihen.

Breit investierter Pionier: Greenbond-ETF von Lyxor

Bereits 2017 legte die französische Fondsgesellschaft Lyxor den ersten Green-Bond-ETF der Welt auf. Heute gehört Lyxor zum französischen Fondsgiganten Amundi, doch an der Konstruktion des Lyxor-Green-Bond-ETF hat sich nichts geändert. Der Green-Bond-Pionier zählt mit seinem Fondsvermögen von inzwischen rund 564 Millionen Euro auch weiterhin zu den Schwergewichten seiner Kategorie. Der zugrunde liegende Index ist der Solactive-Green-Bond-EUR-USD-IG. Der Index enthält mehr als 700 Green Bonds mit Investment-Grade-Rating, die von Staaten, multinationalen Unternehmen oder Entwicklungsbanken aus der ganzen Welt ausgegeben wurden, häufig in Euro, aber auch in US-Dollar. Ins Portfolio aufgenommen werden nur Green Bonds, die von der Climate Bonds Initiative als solche klassifiziert sind. Top-Positionen sind bei diesem ETF Staatsanleihen, insbesondere aus Frankreich, Belgien und den Niederlanden, außerdem aus Irland. Den Lyxor-Green-Bond-ETF gibt es auch in einer währungsgesicherten Version (LU1563454823), bei der Wechselkursschwankungen der nicht in Euro ausgegebenen Anleihen neutralisiert werden.

Fokus auf Unternehmen: Green Bon-ETF von Xtrackers

Fast noch ein Neuling unter den Green-Bond-ETFs ist der im Juni 2021 gestartete Xtrackers-Corporate-Green-Bond-ETF. Der ETF versteht sich zu Recht als Alternative zu anderen Green-Bond-Fonds, die in der Regel fast ausschließlich Anleihen staatlicher oder überstaatlicher Emittenten im Portfolio haben. Der Xtrackers-ETF konzentriert sich dagegen auf grüne Anleihen, die Unternehmen mit guter Bonität ausgegeben haben (Investment-Grade). Der ETF bildet einen neu entwickelten Bloomberg-Index ab und hält aktuell 362 Anleihen aus 30 Ländern, überwiegend jedoch von Emittenten aus dem Euro-Bereich. Wenn es um die Auswahl und Bewertung der Anleihen geht, kommen bei diesem ETF Daten aus dem MSCI ESG Research zum Einsatz. Etwa die Hälfte der Anleihen hat eine Laufzeit von weniger als fünf Jahren, wodurch sich eine Portfolio-Duration von 5,5 und eine durchschnittliche Rendite bis zur Endfälligkeit von knapp vier Prozent ergeben. Angeboten wird dieser ETF in drei Varianten, die alle das gleiche Portfolio halten, jedoch entweder in Euro oder in Dollar rechnen oder mit einer Währungssicherung für Euro-Investoren (<(IE00028H9QJ8>) daherkommen.

von Uli Kühn, Dezember 2022, © ETF Magazin

Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des ETF Magazins, dem Fachjournal für Profis und informierte Anleger*innen.

Sie können sich das ETF-Magazin als PDF herunterladen: boerse-frankfurt.de/etfmagazin.

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)