FRANKFURT (awp international) - Die Finanzaufsicht Bafin legt im Brexit-Fall strenge Massstäbe an wechselwillige Auslandbanken an. "Es reicht nicht, einen Briefkasten anzuschrauben und eine Vertriebseinheit zu stationieren", betonte der stellvertretende Chef der Bankenaufsicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Peter Lutz, am Montag in Frankfurt. "Wir wollen, dass das Management der deutschen Tochter und ein angemessenes Risikomanagement hier angesiedelt werden", sagte Lutz nach einem Treffen mit 50 Vertretern von Banken aus den USA, Grossbritannien, Japan und Australien.

Verlässt Grossbritannien wie angekündigt den EU-Binnenmarkt, hätten in London angesiedelte Banken ein Problem: Sie benötigen für Dienstleistungen wie Einlagen- und Kreditgeschäft in der Europäischen Union rechtlich selbstständige Tochterbanken mit Sitz in einem EU-Staat. Treten die Briten aus (Brexit), müsste ein neues Standbein her - etwa eine Banklizenz in Deutschland.

Konkrete Anträge liegen der Bafin bisher nicht vor, es gebe aber reges Interesse vieler Institute, sagte Lutz. Bei Banken, die intensiver über eine Verlagerung von Geschäft nachdenken, rechnet die Bafin Ende des ersten Quartals oder Anfang des zweiten Quartals mit Entscheidungen. Denn die Finanzbranche stelle sich auf einen harten Brexit zum April 2019 ein - und bis für die Banken alle Formalien erfüllt und dann IT sowie Personal verlagert sind, dürfte es erfahrungsgemäss bis zu zwei Jahre dauern.

"Natürlich kann man über Übergangsregelungen reden", sagte Lutz. Es sei durchaus denkbar, zum Beispiel das Risikomanagement in dem Masse aufzustocken wie das Geschäft der betreffenden Institute in Deutschland wachse. "Aber um eine Bankerlaubnis zu erteilen, müssen gewisse Mindestanforderungen erfüllt sein", sagte der Aufseher.

Optimisten glauben, dass in den nächsten Jahren mindestens 10 000 Jobs von der Themse an den Main verlagert werden. Doch um Banker aus London buhlen auch Paris, Madrid, Dublin, Luxemburg und Amsterdam. Bafin-Aufseher Lutz wollte sich auf Zahlen nicht festlegen, es sei derzeit "überhaupt nicht abzuschätzen", wie viele Institute und wie viele Mitarbeiter tatsächlich nach Deutschland kommen werden. Lutz betonte: "Wir machen keine Werbung für einen bestimmten Standort. Es geht darum, den Instituten Hilfestellung zu geben: Was erwartet sie, wenn sie nach Deutschland kommen."/ben/DP/she