KARLSRUHE (dpa-AFX) - Die neuen Möglichkeiten der Vermögensabschöpfung bei Straftätern werden zum Fall für das Bundesverfassungsgericht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hält die rückwirkende Anwendung der seit Juli 2017 geltenden Regelungen in bestimmten Fällen für verfassungswidrig. Die obersten Strafrichter in Karlsruhe setzten deshalb am Donnerstag ein dort anhängiges Verfahren aus, um die fragliche Vorschrift vom Verfassungsgericht prüfen zu lassen (Az. 3 StR 192/18).

Mit der Reform wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass Verbrechen sich für niemanden auszahlen. Gerichte und Staatsanwaltschaften können seither leichter illegal zustande gekommenes Vermögen beschlagnahmen. Die Behörden haben die Hoffnung, damit beispielsweise auch erfolgreicher gegen Clan-Kriminalität vorgehen zu können.

Der BGH hat an der Neuregelung keine grundsätzlichen Zweifel, wie der Vorsitzende Richter Jürgen Schäfer bei der Verkündung des Beschlusses klarstellte. Vorgesehen ist allerdings, dass selbst Vermögen aus Straftaten eingezogen werden kann, die bei Inkrafttreten der Reform schon verjährt waren. Das verstößt nach Auffassung der Richter gegen die Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes.

Im konkreten Fall geht es um die Beschäftigung Hunderter bulgarischer Arbeiter ohne Genehmigung in einem Geflügelbetrieb in Niedersachsen. Das Landgericht Oldenburg hatte die beiden Verantwortlichen 2017 wegen Verjährung freigesprochen. Von dem Unternehmen sollen aber mehr als zehn Millionen Euro eingezogen werden. Gegen diese Entscheidung wehrt sich der Betrieb mit seiner Revision beim BGH./sem/DP/fba