Zum Start ins zweite Halbjahr kühlt sich die Baukonjunktur in Deutschland etwas ab.

Die Betriebe sammelten im Juli 5,6 Prozent weniger Aufträge ein als im Juni und 4,9 Prozent weniger als vor einem Jahr, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Dennoch erhöhte der Branchenverband HDB seine Umsatzprognose für das laufende Jahr. "Wir erwarten für 2020 ein nominales Plus von 3,5 Prozent", sagte HDB-Hauptgeschäftsführer Dieter Babiel. Bereinigt um steigende Preise bedeute dies 0,5 Prozent Wachstum. Zudem rechne man mit einem Beschäftigungsplus von 10.000 auf 880.000 Personen. Im Mai hatte der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) wegen der Corona-Krise nominal noch eine Stagnation befürchtet.

Doch nach den ersten sieben Monaten lag der Umsatz rund 6,6 Prozent über dem Vorjahresniveau. Die Prognose-Erhöhung kommt kurz nach dem langen Tarifkonflikt um eine Lohnerhöhung für die Beschäftigten, den Arbeitgeber und Gewerkschaft nur mit Hilfe eines Schlichters lösen konnten. Kernpunkt des Tarifstreits war auch die unterschiedliche Auffassung beider Seiten, wie stark sich die Virus-Pandemie auf die Baubranche auswirkt.

Der mittelständisch geprägte Verband ZDB zeigte sich eher besorgt. "Dank guter Witterung, hoher Auftragsbestände zum Jahresbeginn und ununterbrochener Bautätigkeit sind wir bisher vergleichsweise gut durch die Corona-Krise gekommen", räumte Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa ein. Es zeige sich aber, dass die Einbußen bei den Erlösen von Industrie und Dienstleistern auch an der Bauwirtschaft nicht spurlos vorbeigingen. "Der Auftragsrückgang wird sich in den nächsten Monaten auch in der Umsatzentwicklung niederschlagen."

Der ZDB fürchtet, dass private Bauherren und die Kommunen wegen der Corona-Auswirkungen ihre Investitionen kappen könnten. Die Mittel zur Entlastung der Gemeinden aus dem Konjunkturpaket müssten nun dringend vor Ort ankommen. "Die Kommunen benötigen die Finanzhilfen zum Ausgleich der coronabedingten Haushaltsbelastungen auch über das Jahr 2020 hinaus." Der HDB sprach von einer zuletzt deutlichen Zurückhaltung bei öffentlichen Ausschreibungen im Straßenbau - "und das trotz des nach wie vor hohen Investitionsbedarfs".

In den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres sank das Neugeschäft zum Vorjahr inflationsbereinigt um 3,7 Prozent. "Gründe für diese negative Entwicklung sind neben möglichen Einflüssen der Corona-Pandemie auch das sehr hohe Niveau des Vorjahres", erklärten die Statistiker. Wie aus der jüngsten Ifo-Umfrage hervorgeht, hellte sich die Stimmung der Baubranche im September auf. "Der Indikator zur aktuellen Lage kletterte auf den höchsten Wert seit März dieses Jahres", erklärten die Münchner Forscher jüngst. "Der Ausblick ist weiterhin pessimistisch, aber etwas weniger als im August."