Die Corona-Krise hat den Süden Europas wirtschaftlich weit zurückgeworfen und die Euro-Zone als Ganzes stärker als die USA getroffen.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Währungsraums schrumpfte im Frühjahr um 12,1 Prozent, während es in den Vereinigten Staaten um 9,5 Prozent bergab ging. Wie aus den am Freitag vom Europäischen Statistikamt vorgelegten Daten hervorgeht, musste Spaniens Wirtschaft einen Aderlass von 18,5 Prozent verkraften, auch Italien und Frankreich wurden mit Rückgängen im zweistelligen Prozentbereich hart getroffen. Den Ländern kommt der warme Geldregen nun gerade recht, den die EU für von der Krise besonders gebeutelte Staaten bereithält.

Mehr als die Hälfte der insgesamt 750 Milliarden Euro aus dem Corona-Topf soll diesen drei wirtschaftlich angeschlagenen Südländern dabei helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Die Folgen der Krise dürften noch lange nachwirken: Die Europäische Zentralbank signalisierte bereits, der Wirtschaft im Währungsraum auch noch länger unter die Arme zu greifen. "Wir sollten davon ausgehen, dass die Unterstützung nach 2020 anhält", sagte EZB-Chefin Christine Lagarde einer französischen Zeitschrift. "Wir müssen wirklich ein Sicherheitsnetz und sehr attraktive Bedingungen bis mindestens Juni 2021 beibehalten."

Die EZB hat wegen des beispiellosen Konjunktureinbruchs massive Stützungsmaßnahmen auf den Weg gebracht. Im Juni stockte sie beispielsweise ihr Notfall-Anleihenkaufprogramm um 600 Milliarden Euro auf 1,35 Billionen Euro auf.

"ERNSTER PFLEGEFALL"

"Die Euro-Wirtschaft ist zum ernsten Pflegefall geworden", konstatiert Chefökonom Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe. Jens-Oliver Niklasch von der LBBW rechnet vor, dass der Euro-Raum in zwei Quartalen rund ein Siebtel seiner Wirtschaftsleistung eingebüßt hat. "Zwar hat die Aufholjagd dem Vernehmen nach schon im Mai begonnen, und mit einem deutlichen Plus im dritten Quartal ist zu rechnen. Aber jetzt mehren sich die Anzeichen für die zweite Welle."

Eine hohe Zahl von Neuinfektionen macht auch den USA zu schaffen, deren Wirtschaft im Frühjahr ebenfalls einen beispiellosen Absturz erlebte. Anders als in Deutschland mit seinem in Europa vielfach als Vorbild dienenden Kurzarbeitsmodell gelang es jenseits des Atlantiks jedoch nicht, Massenarbeitslosigkeit abzuwenden. Dies verdeutlicht der Blick auf die Statistik: Während die Euro-Zone im Juni eine Arbeitslosenquote von 7,8 Prozent verzeichnete, waren es in den USA zuletzt 11,1 Prozent.

In Frankreich war die Erwerbslosenzahl im Zuge der Krise deutlich angestiegen. Sie ist allerdings schon wieder auf dem Rückmarsch. Und in Deutschland zeigen sich Stabilisierungstendenzen - so gab es im Juli zumindest keine zusätzlichen Arbeitslosen durch Corona.

Während das BIP hierzulande im Frühjahr um 10,1 Prozent schrumpfte, waren es in Frankreich sogar 13,8 Prozent. Dazwischen bewegt sich Italien mit minus 12,4 Prozent. "Das ohnehin nur dürftige Wachstum der vergangenen Jahre wurde mit dem ersten Halbjahr 2020 auf einen Schlag vernichtet", sagte Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank. Laut dem Statistikamt Istat in Rom kam die Wirtschaft in allen Bereichen unter die Räder. Der Konjunktursturz war aber nicht so gravierend wie in Spanien, wo das BIP über sechs Prozentpunkte mehr einbüßte als in Italien.

Der Konjunkturmotor war vor Ausbruch der Pandemie über Jahre rund gelaufen. Doch die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Virus-Ausbreitung ließen die Wirtschaft abstürzen. Insbesondere der für Spanien sehr wichtige Tourismus-Sektor leidet bis heute unter den Folgen der Pandemie.

Aus dem jüngst in Brüssel geschnürten Corona-Hilfspaket winken Spanien laut Regierungschef Pedro Sanchez 140 Milliarden Euro. Noch mehr Geld kann Italien erwarten, für das laut der Regierung in Rom 209 Milliarden vorgesehen sind. 40 Milliarden will sich Frankreich sichern. Martin Moryson, Chefvolkswirt Europa des Vermögensverwalters DWS, erwartet, dass auch dank dieser Anschubhilfe die Erholung in der Euro-Zone 2021 kräftiger ausfallen wird, als noch vor kurzem gedacht: "Bis jedoch das Niveau an wirtschaftlicher Aktivität von Ende 2019 wieder erreicht wird, wird man noch mindestens zwei Jahre warten müssen."