ESSEN (dpa-AFX) - Der Chef des Essener Energiekonzerns Eon Johannes Teyssen muss sich in Geduld üben. Die Europäische Kommission prüft die geplante Übernahme der RWE-Tochter Innogy. Und das dauert offensichtlich länger als erwartet. In der vergangenen Woche hat die EU die Frist verlängert. Teyssen ist sich seiner Sache allerdings sehr sicher und beginnt schon mal mit der Personalplanung der neuen Eon. Wer von dem geplanten Deal am meisten profitiert, was die Analysten sagen und wo die Aktien stehen.

WAS IST LOS BEI EON UND INNOGY:

Teyssen und die Aktionäre setzen große Hoffnungen in den Innogy-Deal. Die RWE-Tochter wurde erst 2016 gegründet und steht nun bereits wieder vor der Zerschlagung - wenn es gut für die Essener läuft. Eon und RWE haben sich im vergangenen Jahr nämlich darauf geeinigt, dass RWE künftig das gesamte Geschäft mit erneuerbaren Energien der beiden Konzerne übernimmt. Eon will sich auf Netz und Vertrieb konzentrieren.

Doch noch ist unklar, ob die Hochzeitsglocken überhaupt läuten. Die beteiligten Konzerne brauchen noch den Segen der EU. Die hatte im März eine vertiefte Prüfung eingeleitet. Konkurrenten hatten sich beschwert, Eon könne nach der Übernahme zu mächtig werden. Die EU prüft jetzt, ob den Kunden Preiserhöhungen drohen könnten. Nach dem Deal soll Eon in Europa rund 50 Millionen Verbraucher versorgen. In Deutschland wären es mehr als 12 Millionen Strom- und 2,1 Millionen Gaskunden. Die Essener rechnen so mit einer Umsatzsteigerung von fünf bis zehn Prozent.

Eigentlich wollte die EU bis Ende August entscheiden, ob sie den Deal genehmigt, der neue Termin ist jetzt der 20. September. Damit liegt Eon immer noch im Zeitplan. Das Management hatte von Anfang an erwartet bis Ende des Jahres alle erforderlichen Genehmigungen zusammen zu haben. In der Zwischenzeit hat Teyssen aber schon mal begonnen, Führungspositionen bei der neuen Eon zu verteilen. Das Führungsteam auf der Ebene direkt unterhalb des Vorstandes kommt zur Hälfte von Innogy. Trotz Teyssens Optimismus gibt es auch Zweifel von Seiten der Aktionärsvertreter, ob der Deal überhaupt zustande kommt.

Wenn die EU im September zustimmen sollte, könnte sich das positiv auf den Kurs des Eon-Papiers auswirken - so zumindest die Hoffnung der Aktionärsvertreter. Bisher war Eon aus Sicht des Kapitalmarkts allerdings eher der Verlierer des ausgeheckten Plans mit dem Essener Nachbar. Der Aktienkurs von RWE machte seit Verkündung des Deals deutlich größere Sprünge. Im Vergleich waren es bei Eon eher Hüpfer.

Das abgelaufene Geschäftsjahr war für Eon und Innogy nicht berauschend. Eon konnte seine Ziele zwar erreichen, der operative Gewinn ging aber leicht zurück. Dank geringer Zins- und Steuerlasten stieg das bereinigte Ergebnis aber letztlich. Bei Innogy sorgte das Großbritannien-Geschäft für Verluste. Nach der Übernahme sollen in beiden Unternehmen zusammen 5000 Stellen wegfallen.

WAS DIE ANALYSTEN SAGEN:

Während Experten im Fall der RWE-Aktie eindeutig zum Kauf raten, sind die Analysten bei Eon wesentlich zurückhaltender. Die Mehrheit der im dpa-AFX-Analyser gelisteten Studien kommt zum Ergebnis "Halten". Nur fünf von insgesamt 19 Experten würde die Aktie derzeit in ihr Portfolio aufnehmen.

Einer davon ist NordLB-Analyst Holger Fechner. Er begründet seine Empfehlung damit, dass Eon im vergangenen Jahr mehr als 100 000 neue Kunden gewinnen konnte - und das trotz eines wettbewerbsintensiven Marktes. Besonders positiv habe sich das Geschäftsfeld der erneuerbaren Energien entwickelt, schreibt Fechner. Das ist allerdings genau die Sparte, die Eon im Rahmen des Innogy-Deals an RWE abgeben will. Kritisch sehen mehrere Analysten die Risiken im Großbritannien-Geschäft und die steigende Verschuldung des Unternehmens.

Was die Zukunft der Innogy-Aktie betrifft, sind sich die Experten so gut wie einig: Sie rechnen durchweg - mit einer Ausnahme - mit einem Wertverlust des Papiers. Dennoch empfehlen 8 von 14 Analysten die Aktie zu halten. Die Berenberg Bank begründet ihr Urteil damit, dass im Fall eines Hinausdrängens der Minderheitsaktionäre nach der Übernahme für die Anleger etwas mehr abfallen könnte. Das durchschnittliche Kursziel für die RWE-Tochter liegt bei rund 37 Euro. Innerhalb der letzten sechs Monate betrug der Kurs dagegen fast immer mehr als 40 Euro.

DAS MACHEN DIE AKTIEN:

Durch die Ankündigung des Innogy-Deals mit RWE bekam die Eon-Aktie im vergangenen Jahr einen ordentlichen Schub. Seitdem stieg der Kurs des Eon-Papiers um rund ein Fünftel. Der Kurs von RWE legte sogar um rund ein Drittel zu. Auch die Aktie der Tochter Innogy gewann leicht dazu.

Der Kurs der Eon-Aktie überschritt im Frühjahr erstmals seit Langem wieder die Marke von zehn Euro. So hoch war der Kurs davor zuletzt 2017. Der Atomausstieg und die Energiewende in Deutschland brockten Eon nach 2015 herbe Kursverluste ein, von denen sich die Aktie bis heute nicht erholt hat./knd/elm/jha/