Von Eric Sylvers

LONDON (Dow Jones)--Parmigiano-Reggiano-Hersteller suchen nach neuen Wegen, um den Markt für den weltberühmten Nudelbelag zu schützen. Ihr neuester Trick im Kampf gegen Fälscher sind essbare Mikrochips.

Italienische Hersteller von Parmesankäse kämpfen seit Jahren gegen Nachahmungen. Jetzt bringen die Hersteller von Parmigiano-Reggiano, wie der ursprüngliche Parmesankäse offiziell heißt, die Mikrochips an ihre 90-Pfund-Käselaibe an, im Zuge eines endlosen Katz-und-Maus-Spiels zwischen Herstellern authentischer und gefälschter Produkte. "Wir kämpfen weiter mit neuen Methoden", berichtet Alberto Pecorari, der bei dem Konsortium, das die Produzenten vertritt, verantwortlich für den Schutz der Authentizität des Parmigiano ist. "Wir werden nicht aufgeben."

Auch andere europäische Lebensmittelhersteller unternehmen immer größere Anstrengungen, um ihre "heiligen" Markennamen vor Nachahmungen zu schützen. Die Gewährleistung der Authentizität von Lebensmitteln ist in der EU ein großes Geschäft und neben dem italienischen Parmigiano haben mehr als 3.500 EU-Produkte den Schutzstatus erhalten. Darunter fallen griechischer Feta-Käse, französischer Champagner und italienischer Parmaschinken. Laut einer im Jahr 2020 veröffentlichten EU-Studie ist der Markt fast 80 Milliarden Euro pro Jahr wert. Analysten berichten, dass er in den vergangenen Jahren erheblich gewachsen ist, was zum Teil der Aufnahme neuer Produkte in die Liste zu verdanken ist. Da die geschützten Produkte höhere Preise erzielen, die in einigen Fällen doppelt so hoch sind wie für ähnliche, aber ungeschützte Produkte, ist der Markt in Europa und darüber hinaus voller Fälschungen. Schätzungen gehen davon aus, dass der Markt für Nachahmungen etwa genauso groß ist wie der für Originale.


   Italiener sind Vorreiter beim Schutz von Lebensmittel-Bezeichnungen 

Die begehrteste EU-Bezeichnung ist die sogenannte geschützte Ursprungsbezeichnung, die garantiert, dass ein Produkt wie Parmigiano in einer bestimmten Region unter Verwendung streng definierter Rohstoffe und nach traditionellen Methoden hergestellt wird. Andere, nicht ganz so hochwertige EU-Bezeichnungen ermöglichen die Verwendung von Rohstoffen aus anderen Ländern als denen, in denen die Produktion erfolgt. Auch unbekanntere Produkte haben es auf die Liste der Lebensmittel und Weine geschafft, deren Namen nur von traditionellen lokalen Produzenten verwendet werden dürfen. Dazu gehören eine Art slowenisches Salz, Knoblauch, der auf einer der portugiesischen Azoreninseln im Atlantischen Ozean hergestellt wird, ein Rohmilchkäse aus Bayern und eine Pflaume aus Südpolen. Italien verfügt über die am stärksten geschützten Produkte, gefolgt von Frankreich und Spanien.

In der gesamten EU werden neue Methoden zur Gewährleistung der Herkunft von Produkten eingesetzt. Einige Weingüter versehen ihre Flaschen mit Seriennummern, unsichtbarer Tinte und Hologrammen. Der sogenannte DNA-Fingerabdruck von Milchbakterien, der in der Schweiz entwickelt wurde, die nicht zur EU gehört, wird nun innerhalb des Wirtschaftsblocks als Methode zur Identifizierung von Käse getestet. Auch QR-Codes sind immer weiter verbreitet, unter anderem auf einzelnen Portionen vorgeschnittenem Prosciutto di San Daniele, einem rohen Schinken, der dem Prosciutto di Parma ähnelt. Über ein Smartphone lassen sich Informationen anzeigen, etwa wie lange der Prosciutto gereift ist und wann er in Scheiben geschnitten wurde.


   Betrüger machen sich besonders an Käse und Wein zu schaffen 

Lebensmittelbetrug ist besonders bei Käse und Wein weit verbreitet, kommt aber auch bei frischem und gepökeltem Fleisch, Fisch, Obst sowie Gemüse häufig vor. Neben dem Vorgehen gegen Produkte, die sich in betrügerischer Absicht als europäisches Original ausgeben, führt die EU auch Kämpfe um die Namensrechte von Käse und anderen Produkten. Sie setzt etwa alles daran, andere Länder davon abzuhalten, Namen wie Champagner, Feta und Gouda zu verwenden.

Parmigiano-Produzenten haben in ihrem ewigen Krieg die Polizei, Lebensmittelspezialisten und Internetdetektive eingeschaltet, um ihr wertvolles Gut zu schützen. Ein Käselaib kann in einigen Fällen mehr als 1.000 Euro kosten. Parmigiano ist so wertvoll, dass die Produzenten jahrelang auch gegen Diebe kämpften, die mitten in der Nacht die in Lagerhäusern reifenden Parmesankäse stahlen.

Die neuen Siliziumchips des in Chicago ansässigen Unternehmens p-Chip nutzen Blockchain-Technologie zur Authentifizierung von Daten, die den Käse bis zum Hersteller der verwendeten Milch zurückverfolgen können. Dabei wurden die Chips seit mehr als einem Jahr an über 100.000 Parmigiano-Laiben getestet. Das Produzentenkonsortium möchte sicherstellen, dass die Chips den Anforderungen der Reifezeit des Parmigiano standhalten, die mindestens ein Jahr und bei einigen Sorten mehr als drei Jahre betragen kann.

Bald wird auch der Darmstädter Pharmakonzern Merck mit dem Einsatz der Chips beginnen, die auch in der Automobilindustrie getestet werden, um die Echtheit von Autoteilen zu gewährleisten. Die Chips könnten in Zukunft für Vieh, Nutzpflanzen oder in flüssigem Stickstoff gelagerte Medikamente verwendet werden. Die p-Chips können extremer Hitze oder Kälte standhalten, können durch Eis hindurch gelesen werden und überstehen eine jahrelange Lagerung in flüssigem Stickstoff.


   Chips lassen sich essen 

Ein Roboter erhitzt das Käse-Etikett des Parmigiano-Laibs - eine kleine Plakette aus Milchprotein, die in der Branche häufig verwendet wird - und fügt dann den Chip oben ein. Ein Handlesegerät kann die Daten von den Chips abrufen, die jeweils ein paar Cent kosten und denen ähneln, die manche Menschen ihren Haustieren unter die Haut implantieren. Die Chips können nicht aus der Ferne ausgelesen werden. In Labortests lagen die Chips drei Wochen lang in einer künstlichen Magensäure, ohne dass gefährliche Stoffe austraten. p-Chip Chief Technology Officer Bill Eibon machte die Probe aufs Exempel und aß einen Chip, ohne dass irgendwelche gesundheitlichen Beeinträchtigungen auftraten. Aber er wirbt nicht damit, damit p-Chip nicht vorgeworfen wird, Menschen zu tracken, was nicht möglich ist, weil die Chips nicht aus der Ferne ausgelesen werden können und auch nicht, wenn sie verschluckt wurden.

"Wir wollen nicht als das Unternehmen bekannt werden, dem das Tracken von Menschen vorgeworfen wird", so Eibon. "Ich habe einen der Chips gegessen und niemand trackt mich, außer meiner Frau, und sie verwendet eine andere Methode."

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/axw/sha

(END) Dow Jones Newswires

August 17, 2023 05:32 ET (09:32 GMT)