FRANKFURT (awp international) - Die Finanzmärkte standen am Mittwoch ganz im Bann der US-Geldpolitik: Mit überraschend vorsichtigen Worten hatte die Chefin der US-Notenbank Fed, Janet Yellen, am Vortag quer durch alle Anlageklassen und rund um den Globus Bewegung an den Märkten ausgelöst. An den Börsen ging es bergauf, die Anleiherenditen waren niedrig, der Dollar schwächelte. Selbst die Ölpreise wurden erfasst und legten zu. Auch in den Schwellenländern machten sich Yellens Worte bemerkbar. Nun schauen alle auf die am Nachmittag anstehenden Signale vom US-Arbeitsmarkt.

Fed-Chefin Yellen hatte sich am Dienstag in New York zurückhaltend zur Fortsetzung der im Dezember eingeleiteten Zinswende geäussert. Bei weiteren Zinsschritten sei eine vorsichtige Vorgehensweise garantiert, sagte Yellen. Gleichzeitig stellte sie klar, dass die Fed einen "erheblichen Spielraum" für stimulierende Massnahmen habe, falls dies notwendig werden sollte. Die Worte der Notenbankchefin seien "ein wenig überraschend" gewesen, sagte Thu Lan Nguyen, Expertin bei der Commerzbank. Denn zuletzt hätten andere US-Notenbanker einen anderen Eindruck erweckt und sogar eine Zinserhöhung schon im April auf den Tisch gebracht. "Der Wille zu einem Zinserhöhungszyklus schien nach wie vor da", sagte die Expertin. "Diese Sicht wird nach den Aussagen von Yellen aber nun erst einmal korrigiert."

Entsprechend wurde der Dollar deutlich geschwächt und der Euro gewann im Gegenzug an Wert. Am Mittwoch legte die Gemeinschaftswährung weiter zu und erreichte sein Tageshoch von 1,1333 Dollar. Auch der Rentenmarkt reagierte deutlich. Die Rendite von US-Staatspapieren mit zehnjähriger Laufzeit fiel um fast 0,1 Prozentpunkt und lag am Mittwoch zuletzt bei 1,81 Prozent. Auch in Deutschland fielen die Renditen. Die guten Vorgaben vom US-Rentenmarkt hätten sich auch diesseits des Atlantiks niedergeschlagen, meint Dirk Gojny, Analyst bei der National-Bank.

Auch die Aktienmärkte wurden erfasst. An der New Yorker Börse ging es am Dienstag bergauf. Am Mittwoch folgten die Börsen in Europa. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 legte zu und der deutsche Aktienindex Dax kletterte über 10 000 Punkte. Yellen habe den New Yorker Börsen am Vortag einen positiven Impuls gegeben und dieser beflügele auch die europäischen Börsen, erklärten Experten der Postbank die Entwicklung.

Selbst die Ölpreise wurden durch Yellens Worte bewegt und haben eine seit Tagen anhaltende Abwärtsbewegung zumindest vorerst beendet. Ein Barrel (etwa 159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Mai kostete am Mittwoch 39,81 Dollar und damit 67 Cent mehr als am Dienstag. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 72 Cent auf 39,00 Dollar. "Yellens taubenhafte Worte und die Schwäche des Dollar haben zu einem Anstieg der Ölpreise geführt", sagte Angus Nicholson, Analyst beim australischen Ableger des Finanzdienstleisters IG. Ein schwacher Dollar macht das meist in der US-Währung gehandelte Öl im Ausland billiger, stärkt dadurch die Nachfrage und gibt dem Preis Auftrieb.

Für die Schwellenländer sind die Signale aus den USA eine gute Nachricht. Denn die im Dezember eingeleitete US-Zinswende hatte ihre Währungen unter Druck gebracht, weil höhere Zinsen die Geldanlage in den USA attraktiver machen und Anleger ihr Geld teilweise aus den Schwellenländern abziehen. Umgekehrt gibt es bei den Währungen nun teilweise ein Aufatmen. Der russische Rubel legte - zusätzlich befeuert durch die gestiegenen Ölpreise - deutlich zu. Besonders stark war der Wertanstieg beim südafrikanischen Rand. Die Währung war am Mittwoch so viel Wert wie zuletzt im vergangenen Jahr. Für einen US-Dollar mussten die Anleger erstmals seit Dezember weniger als 15 Rand hinblättern.

Die Bewegungen an den Märkten über alle Anlageklassen hinweg zeigen deutlich: Die Anleger sind momentan stark auf den künftigen Kurs der Fed fokussiert. Mit einer Zinsanhebung bei der kommenden Sitzung im April rechnet kaum noch ein Experte. Die Wahrscheinlichkeit für Juni wird an den Märkten mit 28 Prozent eingepreist. Selbst bis September liegt die eingepreiste Wahrscheinlichkeit für eine Anhebung bei unter 50 Prozent.

Im weiteren Tagesverlauf könnte der US-Arbeitsmarktbericht des privaten Instituts ADP mit Blick auf die Fed für weitere Bewegung an den Finanzmärkten sorgen. Der Bericht gilt als Vorindikator für den offiziellen Bericht der US-Regierung, der am Freitag veröffentlicht wird. Experten rechnen mit einer positiven Entwicklung. Ulrich Wortberg, Analyst bei der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), hält die durchschnittlichen Stundenlöhne für besonders beachtenswert. "Sollte es auch hier zu einem stärkeren Plus kommen, könnte die Fed-Sitzung Ende April als möglicher Termin für die nächste Zinserhöhung wieder ins Spiel gebracht werden."/tos/jkr/stb