Frankfurt (Reuters) - Konjunktursorgen haben erneut die Anleger an den europäischen Aktienmärkten umgetrieben.

Nach einer Tech-Rally an der Wall Street zum Wochenauftakt wagten sich Europas Anleger am Dienstag nicht aus der Deckung. Dax und EuroStoxx50 gaben in der Spitze jeweils um rund ein halbes Prozent auf bis zu 16.636 beziehungsweise 4458 Punkte nach. Auf die Stimmung drückte der erneute Rückgang der Industrieproduktion in Deutschland. Statt des erwarteten Anstiegs drosselten deutsche Unternehmen ihre Erzeugung im November überraschend den sechsten Monat in Folge.

"Nicht nur, dass sich die Industrieproduktion im Rückwärtsgang befindet, auch die Einzelhandelsumsätze verbuchten im November ein empfindliches Minus", sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. "Die Kombination aus hoher Inflation und Zinsen bei einer gleichzeitig schwachen Weltwirtschaft ist ein giftiger Cocktail, der letztlich auch nur in einer Rezession münden kann."

DÄMPFER FÜR HALBLEITERINDUSTRIE

Zudem verdarben düstere Prognosen von Chipkonzernen Anlegern die Laune. So senkte etwa Microchip seine Umsatzprognose für das im Dezember zu Ende gegangene Quartal mit Verweis auf gesunkene Auslieferungszahlen und die schwache Konjunktur. Samsung Electronics warnte am Dienstag wegen einer enttäuschenden Nachfrage vor einem voraussichtlichen Rückgang des Betriebsgewinns um 35 Prozent im Schlussquartal. Damit schnitt der weltweit größte Hersteller von Speicherchips, Smartphones und Fernsehern den vorläufigen Zahlen zufolge deutlich schwächer ab als von Analysten erwartet.

Anleger kehrten deshalb auch europäischen Halbleiterfirmen den Rücken zu. Infineon gehörten mit einem Minus von mehr als zwei Prozent zu den größten Verlierern im Dax. Die Titel der italienisch-französischen STMicroelectronics gaben mehr als vier Prozent nach. In Oslo rutschten Nordic Semiconductor mehr als fünf Prozent ab.

Verstärkt rückten wieder die Notenbanken in den Fokus der Anleger, die auf beiden Seiten des Atlantiks mit Zinserhöhungen die Inflation bekämpfen. "Der einfache Teil der Inflationsreduzierung liegt jetzt hinter uns", sagte Roland Kaloyan, Aktienstratege bei Société Générale. "Es wird jetzt schwieriger, vom aktuellen Niveau zum Zwei-Prozent-Ziel der EZB zu gelangen." Rückschlüsse auf den weiteren Zinspfad der US-Notenbank Fed erhoffen sich Börsianer von dem am Donnerstag in den USA anstehenden Inflationsbericht.

Mit Spannung warteten Börsianer zudem auf eine Entscheidung der US-Regulierer zur Zulassung von börsengehandelten Bitcoin-Fonds. Marktteilnehmer gehen von einer Genehmigung in dieser Woche aus. Dies wäre ein Wendepunkt für die Branche, die seit einem Jahrzehnt versucht, das Produkt auf den Markt zu bringen. "Mit einem solchen ETF hätten normale Aktien-Depots Zugriff auf den Bitcoin-Handel, ohne ein separates Trading-Konto bei einem Krypto-Broker eröffnen zu müssen", sagte Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. Viele hofften, dass dann die Nachfrage nach Bitcoin dauerhaft anziehen werde.

Im Vorfeld der Entscheidung entfernte sich die größte und bekannteste Cyber-Devise nicht weit von dem am Vortag erreichten 21-Monats-Hoch von 47.282 Dollar. Mit 46.530 Dollar verbilligte sich Bitcoin am Dienstag um rund ein Prozent. Die Aussicht auf die Zulassung von Spot-Bitcoin-Fonds (ETFs) durch die US-Wertpapieraufsicht in dieser Woche hatte zuletzt für kräftigen Rückenwind am Kryptomarkt gesorgt. Auch auf Jahressicht war es ein einträgliches Investment: Vor zwölf Monaten war ein Bitcoin noch für rund 17.400 Dollar zu haben - nachdem er Anfang Januar 2021 allerdings noch rund 40.000 Dollar gekostet und im November 2021 sein bisheriges Allzeithoch von rund 67.500 Dollar erreicht hatte.

(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)