Kursverluste an der Wall Street machen Europa-Anleger nervös. Sie gingen daher vor dem Wochenende auf Nummer sicher und machten Kasse.

"Es herrscht ein Tauziehen zwischen denjenigen, die glauben, dass die wirtschaftliche Erholung unaufhaltsam ist, und denjenigen, die neue Probleme befürchten", sagte Christopher Grisanti, Chef-Anlagestratege des Vermögensverwalters MAI. "Es ist wahrscheinlicher, dass die Aussichten nicht so rosig sind wie der Markt denkt."

Dax und EuroStoxx50 verloren am Freitag nach anfänglichen Gewinnen bis zum Abend jeweils rund ein halbes Prozent auf 12.089.39 und 3206,29 Punkte. Der US-Standardwerteindex Dow Jones büßte zwei Prozent ein. Investoren setzten aber darauf, dass Regierungen und Notenbanken der Wirtschaft weiter unter die Arme greifen werden, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Die Hoffnung auf das nächste Hilfspaket hat am Aktienmarkt größeren Einfluss als die Angst vor der zunehmenden Ausbreitung des Virus."

Völlig unbeeindruckt ließen Investoren die Rekord-Infektionszahlen in den USA allerdings nicht. Die "Antikrisen-Währung" Gold blieb mit einem Kurs von 1766,54 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) auf Tuchfühlung mit ihrem jüngsten Acht-Jahres-Hoch. "Die Ausweitung der Zentralbankliquidität und der Staatsverschuldung sprechen weiterhin für eine robuste Nachfrage nach Gold als sicheren Hafen und wertstabile Anlage", sagte Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch.

NIKE-ZAHLEN BELASTEN DEUTSCHE RIVALEN - H&M IM MINUS

Am deutschen Aktienmarkt gaben die Titel von Puma und Adidas jeweils gut zwei Prozent nach. Sie litten unter einem überraschenden Quartalsverlust des US-Rivalen Nike. Enttäuschend seien zudem die Gewinnmargen und die hohen Lagerbestände, monierte Analyst James Grzinic von der Investmentbank Jefferies. Das sei kein gutes Omen für die Geschäfte von Adidas und Puma. Nike büßten in den USA mehr als fünf Prozent ein. Die Titel des Konkurrenten Under Armour gaben 3,3 Prozent nach.

Auch H&M schrieb wegen erzwungener Ladenschließungen im Rahmen der Pandemie-Bekämpfung rote Zahlen. Der Quartalsverlust des Bekleidungshändlers komme nicht unerwartet, sagte Analyst David Madden vom Online-Broker CMC Markets. Drastische Rabatte seien verantwortlich hierfür. H&M-Titel notierten in Stockholm knapp fünf Prozent im Minus.

WIRECARD MIT ERNEUTEM KURS-EINBRUCH - US-BANKEN UNTER DRUCK

Nach dem Kollaps von Wirecard ging die Talfahrt der Aktie weiter. Die Titel des Zahlungsabwicklers stürzten um mehr als die 60 Prozent auf 1,28 Euro ab. Vor gut einer Woche hatten sie noch etwa 100 Euro gekostet.

An der Wall Street büßten die Aktien von Bank of America, Citigroup oder JPMorgan jeweils etwa fünf Prozent ein, nachdem die US-Notenbank Fed den Instituten wegen der Coronavirus-Pandemie Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe vorläufig verboten hatte. Damit soll die Kapitalbasis der Geldhäuser gestärkt werden, um die Folgen der Krise besser zu überstehen. "Die Banken haben den Fed-Stresstest zwar bestanden, aber wie wir alle wissen, nur dank der Geldspritzen der Notenbank und der Konjunkturhilfen der Regierung", sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com.