PARIS/LONDON/MAILAND (awp international) - Ein von den USA verhängter Einreisestopp für die meisten Europäer hat am Donnerstag einen weiteren Kurseinbruch an den europäischen Aktienmärkten ausgelöst. Der EuroStoxx 50 sackte auf den tiefsten Stand seit Sommer 2016 und verlor zuletzt 5,55 Prozent auf 2744,22 Punkte. Seit dem Coronavirus-Ausbruch in Italien vor gut zweieinhalb Wochen betragen die Kursverluste rund 28 Prozent.

US-Präsident Donald Trump hatte in der Nacht auf Donnerstag angekündigt, wegen der Virus-Ausbreitung ab dem Wochenende die US-Grenzen für Ausländer aus Europa zu schliessen. Ausgenommen seien Reisende aus Grossbritannien. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft die sich weltweit verbreitende Virusseuche inzwischen als Pandemie ein.

Weitere schlechte Nachrichten kamen aus Italien, dem in Europa am stärksten vom neuartigen Coronavirus betroffenen Land. Dort verschärfte sich die Lage. Die Regierung ordnete nach einem starken Anstieg der Todesfälle weitere Massnahmen an und schliesst Bars und Restaurants sowie fast alle Geschäfte. Alle nicht notwendigen Aktivitäten müssten eingestellt werde, erklärte Premierminister Giuseppe Conte.

Der Mailänder Leitindex FTSE MIB verlor am Donnerstagvormittag fast 6 Prozent. In Paris büsste der Cac 40 5,48 Prozent auf 4357,48 Zähler ein. Für den FTSE 100 in London ging es um 5,77 Prozent auf 5537,55 Punkte nach unten.

Am Nachmittag warten die Anleger auf die Reaktion der Europäischen Zentralbank (EZB) auf die Coronavirus-Krise. Virus, Ölpreiseinbruch und Börsencrash setzen die Währungshüter unter Handlungsdruck. Etliche Volkswirte erwarten, dass die EZB mit Notfallmassnahmen reagieren wird. "Wir sind bereit, bei Bedarf geeignete und gezielte Massnahmen zu ergreifen, die den zugrundeliegenden Risiken angemessen sind", hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde unlängst betont.

Der US-Einreisestopp sorgte dafür, dass der europäische Reise- und Freizeitsektor auf den tiefsten Stand seit 2013 sackte. Zuletzt verbuchte er am Ende der Stoxx-600-Branchenübersicht ein Minus von fast 9 Prozent. Papiere aus dem gesamten Luftfahrtbereich litten abermals besonders stark unter der neuen Entwicklung. Aktien von Lufthansa , Air-France-KLM und auch IAG brachen um teils mehr als 11 Prozent ein. Im EuroStoxx waren die Anteile des Luftfahrtzulieferers Safran und des Flugzeugbauers Airbus mit einem Minus von jeweils fast 8 Prozent sehr schwach.

In London verloren die Aktien von Cineworld mit minus 35 Prozent mehr als ein Drittel ihrer Marktkapitalisierung. Der Kinobetreiber entwarf ein Worst-Case-Szenario, in dem bei Kinoschliessungen für zwei bis drei Monate wegen des Coronavirus ein Bruch der Kreditvereinbarungen drohe, sollte gleichzeitig die Miete nicht reduziert werden.

Bei den Öl- und Gaswerten ging nach dem Ölpreis-Crash zum Wochenbeginn der Ausverkauf am Donnerstag mit minus 5 Prozent etwas gebremster vonstatten. Eni waren mit einem Abschlag von gut 4 Prozent unter den besten EuroStoxx-Werten. Bester Sektor war die in Ausverkaufsphasen für gewöhnlich zu den Favoriten zählende Immobilienbranche mit minus 4,4 Prozent./ajx/jha/